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Diebstahl in dreistelliger Millionenhöhe Aurubis: Was hinter dem gigantischen Betrugsskandal steckt

Die Aurubis AG gab Ende dieser Woche den größten Betrugsskandal in ihrer 240-jährigen Unternehmensgeschichte bekannt. Der genaue Schaden durch den Diebstahl von Kupfer und anderen Metallen in Höhe von Hunderten Millionen Euro soll durch eine Sonderinventur ermittelt werden. Wer steckt dahinter?

Aurubis Gewinnung von Edelmetallen durch von Recycling Elektroschrott

Der für die Herstellung von Kupfer bekannten Aurubis AG (ehemals Norddeutsche Affinerie) mit Sitz in Hamburg wurden schon zum zweiten Mal in diesem Jahr große Mengen wertvollen Metalls entwendet.

Aurubis: Was hinter dem gigantischen Betrugsskandal steckt

Der weltweit größte Spezialist für das Recycling von Kupfer und anderen Edelmetallen, die Aurubis AG, schockiert seine Anteilseigner erneut. Schon im Juni berichtete das Unternehmen über Fehlbestände in seinen Lagern. Gestohlen wurden u. a. Kupfer, Gold und Silber.

Der bekanntgewordene Betrugsskandal hat laut Bloomberg News nach genauerer Prüfung enorme Dimensionen angenommen. Es geht um mehrere hundert Millionen Euro. Den genauen Schaden will die Scheideanstalt durch eine Sonderinventur ermitteln. Ende September, wenn das Geschäftsjahr von Aurubis endet, muss der Inventurbericht vorliegen. Die Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2022/2023 in Höhe von 450 bis 550 Mio. Euro ist jedenfalls obsolet.

Die Aktien des MDAX-Konzerns und ehemaligen Anlegerlieblings verloren nach Veröffentlichung des Vorfalls Ende der Woche in der Spitze fast 20 Prozent ihres Wertes. Sie fielen am Freitag von 76,50 € auf 62,50 €. Das war der größte Kurseinbruch seit dem Jahr 2015. Zum Handelsschluss konnten sich die Papiere vor dem Wochenende auf ein Kursniveau von 72,0 € erholen:

AKtienkurs der AUrubis AG bricht nach Betrugsskandal ein
Aufgeflogen war das Fehlen wertvoller Metalle durch Stichproben von Legierungen. Diese enthielten deutlich weniger edles Metall, als sie sollten. Der Betrug fand offenbar schon bei der Anlieferung von Metall- und Elektroschrott statt. Hier wurden von den Lieferanten deutlich überhöhte Edelmetagehalte angegeben. Aurubis prüft nur einen kleinen Teil des Schrotts, der zum Recycling angenommen wird. Ohne die Mittäterschaft von Aurubis-Angestellten wäre es jedoch kaum möglich gewesen, dem Konzern in dieser Größenordnung zu schaden.

Staatsanwaltschaft ermittelt seit Jahren

Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt nun wegen organisiertem schwerem Diebstahls. Offenbar waren auch Insider in den Betrugsskandal involviert. Es wurden bereits Festnahmen vorgenommen und ehemalige Mitarbeiter von Aurubis freigestellt. Den involvierten Angestellten von Zulieferern ist das Betreten des Werksgeländes untersagt worden.

Bei Aurubis kam es schon früher zu Diebstählen von Metallen. Der Unterschied zum aktuellen Betrug ist neben der Dimension offenbar der, dass die Edelmetalle nie geliefert wurden. Daher wird ein Komplott zwischen den Zulieferern von Altmetallen und Elektroschrott sowie den für die Entgegennahme zuständigen Mitarbeitern vermutet.

Der Verdacht gegen Aurubis-Angestellte in der Haupthütte in Hamburg resultiert aus manipulierten Metallgehaltsproben. Diese gefälschten Angaben wurden vermutlich von Beschäftigten im Bereich Recycling vorgenommen.

Dass der Betrug irgendwann auffällt, hätte den mutmaßlichen Tätern klar sein müssen. Denn wenn als Output sehr viel weniger Metall aus den Anlieferungen gewonnen werden kann, als von den Zulieferern angegeben wurde, musste zwangsläufig irgendwann Verdacht aufkommen.

Imageschaden für die gesamte Branche

Als Europas größter Produzent von Kupfer spielt Aurubis eine wichtige Rolle bei der Lieferung der Metalle, die für den Ausbau erneuerbarer Energien und Elektrofahrzeuge benötigt werden, so Bloomberg. Doch genau wie der Fall Trafigura für Aufsehen sorgte, weil enthüllt wurde, dass einer der weltweit größten Akteure im Rohstoff-Handel viele Warnsignale für Betrug übersah, werden die Enthüllungen bei Aurubis das Unternehmen und dessen Vorstandsvorsitzenden Roland Harings mit unangenehmen Fragen hinsichtlich der internen Kontrollen und Prozesse konfrontieren.

Zumal schon im Juni der Diebstahl von physischem Metall direkt aus den Lagern des Unternehmens bekannt wurde. Noch ist nicht klar, ob beide Fälle den gleichen Personen zuzuordnen sind.

Der aktuelle Skandal bei Aurubis versetzt dem Vertrauen in die globale Metallindustrie nach einer Reihe aufsehenerregender Betrugsfälle, darunter dem Nickeldiebstahl im Wert von 577 Mio. US$, der kürzlich den Rohstoff-Händler Trafigura betraf, einen neuen Schlag.

Direkt betroffen von dem Metalldiebstahl bei Aurubis ist auch das im SDAX gelistete Unternehmen Salzgitter AG. Der Stahlkonzern hält eine Beteiligung in Höhe von 30 Prozent an dem Recycling-Riesen. Je nachdem, wie hoch der Schaden letztendlich ausfällt, muss die Salzgitter Group Abschreibungen vornehmen, die auch das Jahresergebnis des Anteilseigners negativ beeinflussen werden.

Aktienkurs der Salzgitter AG nach Skandal bei Aurubis
Die Aktien von Salzgitter konnten sich im Gegensatz zu denen von Aurubis jedoch schnell wieder vom ersten Schock erholen. Jetzt kommt es darauf an, wie groß der Schaden tatsächlich ausfällt und damit auch der Negativeffekt für den Stahlkonzern aus Niedersachsen.

Gegenüber Bloomberg äußerten sich Branchenkenner mit jahrzehntelanger Erfahrung schockiert über das Ausmaß des Schadens, obgleich die Geschichte der Rohstoffmärkte voller Betrug und Risiken ist. Der undurchsichtige Handel mit Altmetall bildet da keine Ausnahme. Aber selbst Veteranen der Branche sagen, dass sie noch nie so etwas wie den Betrug bei der Rohstoff-Rückgewinnung gesehen haben, wie er bei Aurubis stattfand.

Michael Lion, der seit mehr als 50 Jahren in der Recycling-Branche tätig ist, sagte gegenüber Bloomberg: „Meine Erinnerungen in diesem Sektor reichen ziemlich weit zurück und ich kann mich an keinen vergleichbaren Vorfall dieser Größenordnung erinnern“ und ergänzt: „Die sehr hohen Geldsummen, um die es geht, lassen darauf schließen, dass es sich um eine äußerst gut organisierte Operation handelte, an der durchaus ein Netz verschworener Lieferanten und Mitarbeiter beteiligt gewesen sein könnte.“

Fazit & Ausblick

Jetzt bleibt abzuwarten, was der Inventurbericht von Aurubis und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Detail enthüllen. Der Imageschaden ist jedenfalls gewaltig und Investoren werden ohne Veränderungen interner Kontrollmechanismen und personelle Konsequenzen auch im Management in Zukunft wohl vorsichtiger in Bezug auf die Aktien des Unternehmens sein.

FMW/Bloomberg

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