Jetzt liegt eine erste Berechnung vom Statistischen Bundesamt vor, die vor wenigen Minuten veröffentlicht wurde: Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland (BIP) ist im letzten Jahr insgesamt um 0,3 % gesunken gegenüber 2022. Damit lag man in der Rezession. Kalenderbereinigt betrug der Rückgang der Wirtschaftsleistung 0,1 %. „Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland kam im Jahr 2023 im nach wie vor krisengeprägten Umfeld ins Stocken. Die trotz der jüngsten Rückgänge nach wie vor hohen Preise auf allen Wirtschaftsstufen dämpften die Konjunktur. Hinzu kamen ungünstige Finanzierungsbedingungen durch steigende Zinsen und eine geringere Nachfrage aus dem In- und Ausland. Damit setzte sich die Erholung der deutschen Wirtschaft vom tiefen Einbruch im Corona-Jahr 2020 nicht weiter fort“, so sagt es aktuell das Statistische Bundesamt. Im Vergleich zu 2019, dem Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie, war das Bruttoinlandsprodukt 2023 um 0,7 % höher.
Bruttoinlandsprodukt sinkt – Expertenaussagen
Vor wenigen Augenblicken haben sich die Ökonomen der Commerzbank geäußert. Hier ihre Headline-Aussage: „Nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal um 0,3% geschrumpft. Leider signalisieren die Frühindikatoren noch keine Wende zum Besseren. Das spricht für ein schrumpfendes Bruttoinlandsprodukt auch im ersten Quartal. Für das gesamte Jahr 2024 erwarten wir weiter einen Rückgang um 0,3 Prozent. Bedenklich ist, dass die deutsche Wirtschaft seit dem Ausbruch von Corona in der Grundtendenz kaum gewachsen ist. Das ist selten und weckt Erinnerungen an die Jahre nach dem Platzen der Aktienmarktblase Anfang des Jahrtausends.“
Bruttoinlandsprodukt: Schwäche in der Industrie
Die Industrie läuft derzeit schwach. Dies schlägt sich auch auf das gesamte Bruttoinlandsprodukt durch. Dazu schreiben die Statistiker, im Wortlaut: Die Entwicklung der Bruttowertschöpfung verlief im Jahr 2023 in den einzelnen Wirtschaftsbereichen unterschiedlich: Die Wirtschaftsleistung im Produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) ging insgesamt deutlich um 2,0 % zurück. Entscheidend dafür war eine sehr viel niedrigere Produktion im Bereich Energieversorgung. Das Verarbeitende Gewerbe, das fast 85 % des Produzierenden Gewerbes (ohne Bau) ausmacht, war im Jahr 2023 preisbereinigt ebenfalls im Minus (‑0,4 %). Positive Impulse kamen hier vorrangig aus der Automobilindustrie und dem sonstigen Fahrzeugbau. Dagegen sanken Produktion und Wertschöpfung in den energieintensiven Industriezweigen wie der Chemie- und Metallindustrie erneut, nachdem die Wirtschaftsleistung in diesen Branchen bereits 2022 besonders stark auf die steigenden Energiepreise reagiert hatte.
Im Baugewerbe machten sich laut den Statistikern neben den weiterhin hohen Baukosten und dem Fachkräftemangel insbesondere die zunehmend schlechteren Finanzierungsbedingungen bemerkbar. Hiervon war vor allem der Hochbau betroffen. Dagegen konnte die Produktion im Tiefbau und im Ausbaugewerbe gesteigert werden. Insgesamt erreichte das Baugewerbe 2023 preisbereinigt ein kleines Plus von 0,2 %.
Leider mussten wir heute einen Rückgang des #BIP für das Jahr 2023 vermelden. Überraschend kommt das angesichts der multiplen Krisen natürlich nicht. Nochmal Glückwunsch an @SDullien u. sein Team für die gute Prognose und an die @Bundesbank für die gute Schätzung. Punktlandung! https://t.co/7eNJym8Epu
— Susanne Hagenkort-Rieger (@hagrie) January 15, 2024
Dienstleistungen als Stütze
Die meisten Dienstleistungsbereiche konnten ihre wirtschaftlichen Aktivitäten im Vorjahresvergleich erneut ausweiten und stützten die Wirtschaft im Jahr 2023, was für eine Stabilisierung im Bruttoinlandsprodukt sorgte. Die Statistiker dazu im Wortlaut: Der Anstieg fiel aber insgesamt schwächer aus als in den beiden vorangegangenen Jahren. Den größten preisbereinigten Zuwachs verzeichnete der Bereich Information und Kommunikation mit +2,6 % und knüpfte damit an seine langjährige, nur im ersten Corona-Jahr 2020 gebremste Wachstumsgeschichte an. Der Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit (+1,0 %) und die Unternehmensdienstleister (+0,3 %) konnten ebenfalls leicht zulegen. Dagegen ging die preisbereinigte Bruttowertschöpfung im zusammengefassten Wirtschaftsbereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe (-1,0 %) zurück. Das lag vor allem am Groß- und am Einzelhandel, die deutlich nachgaben, während der Kraftfahrzeughandel und der Verkehrsbereich zulegten. Insgesamt ging die preisbereinigte Bruttowertschöpfung im Jahr 2023 leicht zurück (-0,1 %).
Weitere Details
Hier einige weitere Details, auszugsweise: Der private Konsum nahm im Jahr 2023 preisbereinigt um 0,8 % gegenüber dem Vorjahr ab und entfernte sich damit wieder vom Vorkrisenniveau des Jahres 2019 (-1,5 %). Besonders stark sanken die preisbereinigten Ausgaben für langlebige Güter wie Einrichtungsgegenstände und Haushaltsgeräte (-6,2 %). Auch der Staat reduzierte im Jahr 2023 erstmals seit fast 20 Jahren seine preisbereinigten Konsumausgaben (‑1,7 %). Das lag vor allem am Wegfall staatlich finanzierter Corona-Maßnahmen wie Impfungen und Ausgleichszahlungen für freie Bettenkapazitäten in Krankenhäusern. Durch solche Maßnahmen hatte der Staatskonsum in den Jahren ab 2020 die Wirtschaftsleistung gestützt. Die Bauinvestitionen sanken im Jahr 2023 preisbereinigt um 2,1 %. Neben den hohen Baupreisen wirkten sich die spürbar gestiegenen Bauzinsen aus.
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