Aktien

China: Propaganda-Rally

Von Markus Fugmann

Der Aktienmarkt in Hongkong hat heute Nacht mit +2,7% einen der größten Tagesgewinne der letzten Jahre verbucht und auf einem 7-Jahreshoch geschlossen. Damit scheint sich nun ein neues Muster auszubilden: während die Kurse in Shanghai und Shenzhen von Hoch zu Hoch stiegen, blieb die Rally in Hongkong lange verhalten. Doch das könnte sich nun ändern: Festlandschinesen entdecken die Tatsache, dass der Markt in Hongkong fast ein Drittel günstiger ist als in Shanghai – von den Bewrtungen in Shenzhen gar nicht erst zu reden.

Was die neue Rally besonders interessant macht ist, dass die Verlinkung zwischen den Börsen Hongkong und Shanghai nun in die Gegenrichtung zu laufen scheint: so wurde heute erstmals das von der Regierung genehmigte maximale Volumen von 10,5 Milliarden Yuan (1,7 Milliarden Dollar) erreicht, das über Shanghai nach Hongkong strömte – und nicht umgekehrt. Es waren also Festlandschinesen, die den Markt in Hongkong nach oben gekauft haben, zuvor war meist Geld von Hongkong nach Shanghai geströmt – allerdings meist weniger als erwartet und von der Regieruung in Peking erhofft.

Also hilft die Regierung ein bißchen nach: so erschien heute Nacht in der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua ein Bericht, wonach die Wirtschaft in China derzeit starken Gegenwind habe – und daher von einem robusten Aktienmarkt unterstützt werden müsse. Die Regulatoren würden das Vertrauen der Anleger in eine „gesunde“ Entwicklung des Aktienmarktes in China weiter stärken, und überhaupt sei die Rally der letzten Wochen und Monate „rational“. Warum steigende Aktienmärkte bei einer abkühlende Wirtschaft „rational“ sind, erklärte Xinhua jedoch leider nicht.

Damit wird immer klarer, dass Peking im Aktienmarkt einen wichtigen Stabilisator für die gefährdete Konjunktur sieht: Unternehmen können sich bei guter Stimmung an den Finanzmärkten günstiger refinanzieren, das Volk bleibt angesicht zahlreicher Spekulations-Gewinner (mithin meist junge Zocker) gefügig und stellt keine Fragen. Der Aktienmarkt in China ist also zur Chefsache geworden, der Bevölkerung wird suggeriert, dass bei einem starken Aktienmarkt die Dinge ja wohl nicht so schlecht laufen können. Man kann daher die derzeitige Entwicklung an den Aktienmärkten im Reich der Mitte als „Propaganda-Rally“ bezeichnen.



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