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Coronavirus: Europas Woche der Hoffnung – kommt die Trendwende?

In der Statistik der John-Hopkins-Universität über die Infektionen mit dem Coronavirus erkennt man die große Divergenz: Kaum mehr Anstiege der Fallzahlen in China und Südkorea, eine weiter Besorgnis erregende Zahlenexplosion dagegen in den USA – und dazwischen Europa, wo sich die Infektionsgeschwindigkeit erkennbar abschwächt. Die Vor-Osterwoche wird zeigen, ob sich diese Entwicklung auf dem alten Kontinent fortsetzt. Kommt hier bald Peak Corona?

Coronavirus: Europas Maßnahmen wirken

Bereits am Samstag flackerte die Meldung über den Ticker, dass in einem großen Ausbruchsland in Europa, Österreich (Stichwort Ischl), die Zahl der „active cases“, also die Differenz zwischen der Anzahl der Neuinfektionen und der Geheilten kleiner wird. Demzufolge gäbe es in der Alpenrepublik erstmals weniger Coronafälle als an den Vortagen. Selbiges gilt bereits seit einigen Tagen für die Schweiz, bei der die Verdoppelungszeit bei den Neuinfektionen schon vor Wochenfrist die 10-Tagesmarke überschritten hatte. In Österreich hat Bundeskanzler Kurz auch schon davon gesprochen, dass man nach Ostern mit der ersten Lockerung der Lockdown-Maßnahmen beginnen könne.

Aber auch aus den am schlimmsten vom Coronavirus betroffenen Südländern gibt es deutliche Anzeichen der Hoffnung. In Spanien, dem Land mit den zweitmeisten Coronafällen mit 130.759 Personen, sinkt die Zahl der Neuerkrankungen seit dem 26.März, die Anzahl der Gesundeten ist schon auf 38.080 gestiegen.

Auch in Italien scheint sich diese Entwicklung zu verstetigen. Seit dem 26,/27. März sinken die Zahlen sowohl der Neuerkrankungen als auch der Toten, allerdings von einem erschreckend hohem Niveau aus, welches das Gesundheitssystem in den betroffenen Regionen klar überlastet hatte.

Coronavirus: USA sehen noch am Anfang

Zum absoluten Hotspot der Corona-Pandemie haben sich eindeutig die Vereinigten Staaten entwickelt.

Hatten die USA am 22. März noch 38.757 Infektionsfälle, ist diese Zahl die Woche darauf schon auf 133.757 und bis gestern Abend bereits auf 331.017 Fälle gestiegen.

Es könnte tatsächlich so sein, dass in Kürze die Hälfte aller (offiziellen) Coronafälle weltweit auf die USA entfallen werden. Wer hätte so etwas vor gut einem Monat für möglich gehalten ? Wohl am wenigsten der Präsident der Vereinigten Staaten.

Dies ist sicher auch ein Grund dafür, dass die USA beim Kauf von Atemmasken, Schutzbekleidung und Beatmungsgeräten derzeit alle lauteren und auch unlauteren Maßnahmen ergreifen, wie manche Berichte suggerieren, um diese gewaltige Flut an Infektionen mit dem Coronavirus einzudämmen.

Nur am Rande: Diese Entwicklung kann an der Wall Street und damit der Leitbörse der Welt eigentlich nicht ohne weitere Folgen vorübergehen. Vor allem für den Fall, dass das „Containment“ des Coronavirus nicht bis zum Sommer im erhofften Ausmaß vonstatten geht. Eines darf eigentlich nicht im großen Umfang geschehen: Dass die Infektionswelle mit dem Coronavirus auf den mittleren Westen überschwappt, einem Teil der USA mit sehr viel unterversicherten Menschen und unglaublich viel übergewichtigen Personen, die zugleich häufig an Diabetes leiden, einem großen Risikofaktor für eine Infektion mit der Lungenkrankheit.

Die Lage in Deutschland

Bereits am Freitag berichtete der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Professor Wieler in seiner Pressekonferenz:

Die Reproduktionsrate (R-0) liege mittlerweile bei 1, das heißt, ein mit dem Coronavirus Infizierter steckt im Durchschnitt nur noch einen weiteren Menschen an. In den vergangenen Wochen habe der Wert bei fünf, manchmal sogar bei sieben Menschen gelegen, die ein Infizierter ansteckte. Ein Grund zur Entwarnung sei dies aber nicht: Erst, wenn ein Infizierter im Durchschnitt weniger als einen Menschen anstecke, lasse die Epidemie langsam nach. „Wir müssen die Re­produktionsrate unter 1 drücken. Ich hoffe, dass das in den nächsten Tagen gelingt“, sagte Wieler. Eine positive Entwicklung sei Professor Wieler zufolge auch bei den Mobilitäts­profilen zu beobach­ten. In einigen Städten sei die Mobilität der Bevölkerung um bis zu 50 Prozent zurückge­gangen.

Diese Entwicklung ist auch an den Fallzahlen im Zeitraum des deutschen Lockdowns erkennbar. Die Infektionszahlen gehen zwar immer noch stramm nach oben, aber gleichzeitig steigt die Zahl der Gesundeten exponentiell an.

Wir haben die Verdoppelungszeit bei den Infektionen auf 10 Tage gehoben, vor ein paar Wochen war dies bereits nach zwei bis drei Tagen der Fall. Klingt immer noch erschreckend, aber 80 Prozent dieser Fälle klingen nach zwei Wochen mit vorher milden Symptomen ab. Hier die Entwicklung der letzten beiden Wochen:

22.März: 24.802 Infektionsfälle, 93 Verstorbene, 266 Genesene, 24.447 Aktive Fälle
29.März: 60.659 (I), 482 (V), 9211 (G), 50.966 (AF)
5.April: 98.772 (I), 1527(V), 28.700 (G), 68.545 (AF)

 

Fazit

Diese Woche, in der die Zwei-Wochen-Frist der verschärften Maßnahmen in Deutschland gegen das Coronavirus überschritten ist, wird mehr Klarheit bringen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor einiger Zeit davon gesprochen, dass man sich bei einer Verdoppelungsrate der Coronafälle von 10 Tagen, Gedanken über eine Exitstrategie machen könnte. Beim Erreichen dieser Zone ruderte sie etwas zurück und sprach von 12 oder 13 Tagen. Aber auch diese Frist dürfte bald erreicht sein und dann wird die Zahl der aktiven Fälle sinken.

Inzwischen tagen Kommissionen, die aus medizinischen und wirtschaftlichen Aspekten heraus Vorschläge erarbeiten, wie man nach dem 20. April einen langsamen Ausstieg aus den Lockdown-Maßnahmen umsetzen könnte. Durch Schutz der Gefährdeten und Herdenimmunisierung der Jüngeren? Auch hier wird Ostern eine große Rolle spielen, wenn das große Familienfest mit manchmal vier Generationen in diesem Jahr ausgefallen ist. Die Diskussionen über eine langsame Rückkehr in so etwas wie Normalität nehmen täglich an Intensität zu.

 

Steht Europa kurz vor der Wende, das Coronavirus zu besiegen?



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1 Kommentar

  1. Zwei zeitgleich erschienene Meldungen dazu lassen aufhorchen: Schweden beendet wohl sein liberales Corona-Experiment und beugt sich normativen Kraft des epidemie-arithmetischen Faktischen während unser südlicher Nachbar nach ziemlich radikalen und frühzeitigen Lockdown-Maßnahmen bereits wieder über vorsichtige Lockerungen unmittelbar nach Ostern nachdenkt und dazu auch erste Stufenpläne ausgearbeitet hat.

    In beiden Fällen folgten die Regierungen übrigens wissenschaftlichen Empfehlungen. Daher wird es spätestens von nun an interessant zu beobachten sein, welche der unterschiedlichen Eindämmungskonzepte auch auf längere Sicht weitsichtiger und damit zielführender sein werden.

    https://www.sueddeutsche.de/politik/schweden-coronavirus-1.4868753

    https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-weltweit-aktuell-1.4830581

    Schweden mit seinen rd. 10 Mio. Einwohnern verfügt übrigens nach massiven Sparmaßnahmen nur noch über 500 der einst 4.300 Intensivbetten. Im Großraum Stockholm stehen zur Zeit insgesamt nur etwa 90 (!) dieser Betten zur Verfügung. War die bisherige Strategie also ein (verantwortungsloser) Ritt auf der Rasierklinge?

    https://www.spiegel.de/politik/ausland/corona-krise-schweden-verfolgt-sonderweg-im-kampf-gegen-die-pandemie-a-be9a5aef-8f7e-4d68-9448-58681f1d92f1

    Interessanten Zahlen insbesondere zum Parameter Verdopplungszahlen aus aller Welt:

    https://www.sueddeutsche.de/wissen/corona-zahlen-aktuell-1.4844448

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