Vor ziemlich genau einer Woche schrieb der DAX ein neues Allzeithoch. Seither ging es moderat bergab, von einem Crash kann man jedoch nicht sprechen. Eine Reihe von Unternehmen kamen mit Hiobsbotschaften an die Öffentlichkeit (vor allem Siemens Energy) und lösten so einen Kursrutsch aus. Andere Aktien haben diese Woche einen Teil der exorbitanten Kursgewinne des laufenden Jahres abgegeben. Das Wochenminus im DAX mit -3% darf nach der Rallye der Vorwochen nicht verwundern. Doch unsere Sentimentanalyse spricht eine andere Sprache.
Dax: Folgen zehn Monate Bärenmarkt?
So ist das Anlegersentiment von +3,4% in der Vorwoche auf -2,9% gefallen. Binnen einer Woche ist die Stimmung damit um 6,3%-Punkte eingebrochen. Einen ähnlich starken Stimmungseinbruch haben wir zuletzt im November 2021 gesehen. Es folgten zehn Monate Bärenmarkt.
Auch im Coronacrash gab es gleich zweimal einen vergleichbar heftigen Stimmungseinbruch. Einmal zu Beginn des Crashs, ein weiteres Mal am Boden. Ein weiteres Mal gab es einen vergleichbar starken Stimmungsumbruch: Mitte Juni 2020, also mitten in der Erholungsrallye nach dem Coronacrash.
Mit dem Stimmungseinbruch kommt auch wieder Verunsicherung unter den Anlegern auf. Der Bärenmarkt beim DAX des vergangenen Jahres sitzt Anlegern noch immer in den Knochen und Selbstzufriedenheit war trotz der Rallye der vergangenen Monate stets gering. Mit dem Kursrückgang dieser Woche fällt die Selbstzufriedenheit umgehend auf -2,2% und erinnert an die schmerzhaften Erfahrungen des Vorjahres.
Entsprechend pessimistisch zeigen sich unsere Umfrageteilnehmer. Die Erwartung für die DAX-Entwicklung der nächsten drei Monate ist negativ (-1,6% nach -2,0% in der Vorwoche). Der Pessimismus spiegelt die Befürchtung der Anleger wider, dass wir mit den Kursverlusten dieser Woche gerade einmal den Anfang einer längeren Korrektur gesehen haben.
Und so ist auch die Investitionsbereitschaft mit einem Wert von -1,0% gering.
Das Euwax-Sentiment der Privatanleger ist nur geringfügig auf -4% abgesackt. Ich hatte bereits vor einer Woche darauf hingewiesen, dass viele Anleger sich im April gegen fallende Kurse abgesichert und diese Absicherungspositionen weiter im Bestand haben.
Ganz ähnlich sieht es bei den institutionellen Anlegern aus, die sich über die Eurex absichern: Das Put/Call-Verhältnis von 1,4% zeigt eine neutrale Aktivität für die abgelaufene Woche an, doch auch die institutionellen Anleger haben im April stark in Absicherungspositionen investiert, die überwiegend heute noch im Portfolio liegen.
In den USA notiert das Put/Call-Verhältnis seit einigen Monaten im neutralen Bereich, dort ist keine entsprechende Aktivität zu beobachten.
US-Fondsanleger haben ihre Investitionsquote bei 83% belassen, was aus Sicht der vergangenen Monate vergleichsweise hoch ist, historisch betrachtet jedoch dem Durchschnitt entspricht.
Die Bulle/Bär-Differenz der US-Privatanleger verbleibt mit +15% auf einem hohen Niveau. 43% Bullen stehen 28% Bären gegenüber.
Der technische Angst und Gier Indikator des S&P 500 zeigt mit einem Wert von 74% extreme Gier an. Auch der Short Range Oscillator signalisiert eine überkaufte Marktverfassung. Zumindest kurzfristig sollte man mit Käufen warten.
Interpretation der Dax-Stimmung
Leider können wir aus der oben erwähnten Extremsituation bei der Anlegerstimmung keine brauchbare Prognose ableiten. Ein so starker Stimmungsumschwung wurde mal gefolgt von einer Erholung, mal von einer Fortsetzung der Rallye, mal aber auch von einem Kurseinbruch. Statistisch betrachtet ist mit einem DAX-Anstieg von 3,6% in den kommenden sechs Monaten zu rechnen, was der durchschnittlichen Entwicklung im DAX entspricht.
Wir müssen also inhaltlich arbeiten. Auffällig ist, dass sowohl Privatanleger als auch institutionelle Anleger im April starke Absicherungspositionen eingegangen sind und diese bis heute nicht aufgelöst haben. Offensichtlich fürchten Anleger einen Rückschlag im DAX, der unter das DAX-Niveau vom April führt. Damals stand der DAX bei 15.800 Punkten. Erst darunter dürfen wir also mit Deckungskäufen rechnen, die dem DAX als Stütze dienen können.
Da wir zwischenzeitlich neue Allzeithochs gesehen haben, die an den Nerven der short positionierten Anleger gezehrt haben dürften, werden einige sich unter 15.800 Punkten eindecken. Ich vermute, dass insbesondere Privatanleger ein solches Verhalten an den Tag legen werden und sich zu Kursen zwischen 15.600 und 15.700 Punkten eindecken.
Institutionelle Anleger gehen nicht ohne Grund short. Sie haben Bewertungsmodelle und sind offensichtlich der Überzeugung, dass der DAX deutlich tiefer gehört. Sie werden daher vermutlich nicht so frühzeitig ihre Shortpositionen eindecken, sondern auf deutlich tiefere Kurse setzen. Aus diesem Blickwinkel könnte der DAX unter 15.200 Punkte fallen, bevor institutionelle Anleger mit Deckungskäufen für eine Stabilisierung sorgen.
Wir haben seit einigen Wochen betont, dass in der derzeitigen Marktverfassung die moderate Cashposition ratsam ist, um in einen entsprechenden Ausverkauf hinein neue Positionen eingehen zu können. Die Stimmungswerte sind noch nicht ausreichend eingebrochen, um jetzt schon auf die Käuferseite zu wechseln. Wir werden die Entwicklung des Sentiments eng verfolgen, um rechtzeitig zu erkennen, wann die Verschnaufpause, die Korrektur oder der Crash sich ihrem/seinem Ende nähert.
Gold-Sentiment negativ
Das Sentiment am Goldmarkt ist extrem negativ. Dies zeigt sich sowohl in der aktuellen Wochenumfrage als auch im 5-Wochendurchschnitt des Goldsentiments. Nach einem so extremen Stimmungstief folgte in der Vergangenheit ein Goldpreisanstieg von durchschnittlich 6% in den folgenden sechs Monaten. Das ist nichts Weltbewegendes, aber immerhin eine klar positive Tendenz.
Hinweis: „Bei aktiver Beteiligung (https://www.animusx.de/) an den wöchentlichen Umfragen erhalten Sie die Ergebnisse (Grafiken nebst schriftlicher Auswertung) kostenlos.“
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10 Monate?
Und während Rot/Grün regiert wird es dann schon wieder besser?
Eher Realitätsverlust zum Quadrat.
Viele Grüße aus Andalusien