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Delivery Hero meldet Halbjahreszahlen: Abenteuerlicher Ausflug in Gewinne und Verluste

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Delivery Hero hat erst vor wenigen Tagen die insolvente Wirecard als Dax-Mitglied ersetzt. Und schon gibt es jede Menge Kritik an den starren, rein technischen Kriterien der Deutschen Börse, welche Aktien denn in den Index aufgenommen werden können. Die Amerikaner gehen da viel individueller vor, wie der jüngste Dow Jones-Wechsel zeigt. Kritiker meinen, dass ein Unternehmen wie Delivery Hero gar nicht in den Dax gehört. Angebliche Ausbeutung der Essenslieferanten, und dazu macht das Unternehmen noch Verluste. Kein guter Ersatz für die Debakel-Firma Wirecard im Dax?

Aber gut, kommen wir zu den vorhin veröffentlichten Halbjahreszahlen von Delivery Hero. Es ist ein abenteuerlicher Ausflug durch Gewinne und Verluste, wo man gar nicht so schnell sagen kann, ob das Unternehmen denn nun in der Coronakrise Gewinne oder Verluste gemacht hat. Geht man nach der Headline-Aussage von Delivery Hero im heutigen Bericht, dann hat man neben dem (wirklich schönen) Umsatzanstieg von 87,4 Prozent im Jahresvergleich auch Gewinn gemacht. Der „Gross Profit“ sei laut Unternehmensaussage im Jahresvergleich stabil geblieben mit +167,2 Millionen Euro nach +168,3 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2019.

Delivery Hero tatsächlich mit steigendem Verlust

Aber schaut man sich die abseits von der Headline-Aussage veröffentlichten Details an, sieht die Lage schon gar nicht mehr so gut aus. Der Gross Profit errechnet sich bei Delivery Hero, in dem man vom Umsatz den Punkt „Cost of Sales“ abzieht. Aber nach dem „Gross Profit“ zieht man erst noch Kostenfaktoren ab wie Marketing, IT, Verwaltung etc. Und zack, das „operative Ergebnis“ liegt bei -455 Millionen Euro. Dieser operative Verlust hat sich im Jahresvergleich deutlich vergrößert, denn im ersten Halbjahr 2019 waren es noch -239,8 Millionen Euro.

Der „Nettoverlust aus fortgesetzten Geschäftsaktivitäten“ liegt bei -443,2 Millionen Euro nach -202,3 Millionen Euro im Vorjahr. Dass man für die Zahl, die man bei Delivery Hero als „Gross Profit“ bezeichnet, derart viele ganz normale Kostenfaktoren raus rechnet, ist schon mehr als verwunderlich. Wollte man unbedingt eine Headline-Zahl präsentieren können, bei der ein Gewinn ausgewiesen werden kann? Selbst das Adjusted EBITDA (hier die Begriffserklärung) zeigt für das abgelaufene Halbjahr einen Verlust von -319,8 Millionen Euro nach -171,1 Millionen Euro im Vorjahr. Trotz extrem steigender Umsätze steigt auch der Verlust kräftig an!

Aber gut. Geht man nach der Amazon-Story und denkt nur an möglichst viel Wachstum, dann schaut man halt auf den Umsatzanstieg von 87,4 Prozent und den Anstieg beim Ordervolumen von 93,1 Prozent im Jahresvergleich. Die Börsianer lassen sich aber nicht vom Headline-Statement bei Delivery Hero beirren, in dem kein Wort von Verlusten die Rede ist (abgesehen von der Erwähnung der negativen EBITDA-Marge). Die Aktie verliert heute 2,4 Prozent.



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1 Kommentar

  1. Gross Profit ist nun mal der Rohertrag, da rechnet DH nix raus. Das Problem ist nicht die Berechnung der Zahl sondern die dotcom typische Irreführung der Investoren, die suggeriert, dass der Gross Profit die Profitabilität widerspiegelt:

    In terms of profitability, our gross profit was broadly stable year-on-year (EUR 167.2 million in H1 2020 compared to EUR 168.3 million)

    Das ist dann schon echt frech von denen und insofern ist Ihr Artikel dazu sehr angebracht.

    Kleiner Trost: Gross Profit ist wenigstens eine echte GuV Kennzahl, im Gegensatz zu „Eyeballs“ oder „Community adjusted EBITDA“ oder anderen Tricks, mit denen die Anleger verschaukelt werden sollen.

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