Hintergrund

Dividenden – nicht mit uns

Von Claudio Kummerfeld

Amazon und Zalando haben zwei Dinge gemeinsam. Erstens : Wachstum mit allen Mitteln. Zweitens : Dividenden sind nicht geplant.

Eine schnelle Wachstumsstory ist sexy, von jetzt auf gleich Milliardenumsätze fast aus dem Nichts herbeizaubern, das ist für Investoren und gerade für IPO-Investoren eine begeisternde Story, die das Funkeln in die Augen bringt. Aber wer langfristig überleben will, wer Investoren langfristig begeistern will, wenn eine Volkswirtschaft gesund sein will, dann muss ein Unternehmen zumindest den Willen und das Ziel haben, Gewinne zu erwirtschaften, und die auch an Ihre Eigentümer weiterzureichen. Natürlich ist es normal in Anfangsjahren Verluste zu produzieren, aber irgendwann hat man eine Größe erreicht, die nicht mehr endlos viel Wachstum zulässt. Wer an diesem Punkt ist, und nicht umdenkt, kann schon mal vom Markt verschwinden.

Mag man sich vorstellen, dass Zalando pleite geht, weil die Anteilseigner keine Lust haben immer wieder frisches Eigenkapital hinterherzuschmeißen, um Verluste auszugleichen ? Vielleicht. Mag man sich vorstellen, dass Amazon pleite geht, weil man alle Überschüsse sofort reinvestiert, und kein Polster hat ? Wohl kaum.

Ein Guru wie Jeff Bezos mag seine Jünger in seinen Bann ziehen, immer neue Ideen, immer mehr Umsatz. Aber jeder macht irgendwann einen entscheidenden Fehler, idR übernimmt man sich einfach, weil man sich dank ständigen Erfolgs und täglicher Schulterklopfer für unbesiegbar hält. Und wenn das Unternehmen dann nicht profitabel ist, wenden sich viele Investoren schneller ab als man denkt. Man beachte Amazons Projekte wie das Ausliefern von Lebensmitteln, ein eigenes Handy, eigene TV-Produktion etc. Das mag alles funktionieren; aber was wenn nicht. Mr. Bezos könnte versucht sein in seine Lebensmittelsparte unendlich weiter Geld reinzupumpen, nur um allen zu beweisen, dass er auch Lebensmittel kann. So haben sich andere schon verzettelt. Immer weniger Wachstum im Kerngeschäft, weil der Markt erschlossen ist, nie richtig Gewinne gemacht, immer weiter expandiert mit Geschäften, die mit der Kerntätigkeit nicht wirklich etwas zu tun haben – und dazu vielleicht noch ein paar erstarkte Konkurrenten, und zack, fertig ist der Niedergang. Das mag zwar nur ein mögliches Zukunftsszenario sein, aber wer hätte vor 10 Jahren gedacht GM könnte jemals pleite gehen ? Ein Unternehmen, dauerhaft ohne Gewinne – dort läuft etwas grundsätzlich falsch. Was hat ein Amazon-Aktionär davon gehabt, sagen wir mal 15 Jahre lang Amazon-Aktien zu besitzen, ohne jemals einen einzigen Cent Dividende zu kassieren, und irgendwann stürzt der Kurs ins Bodenlose.

Amazon ist zwar keine Schablone für Zalando, aber die Grundidee ist die selbe. Wachstum bis zum Erbrechen. Kürzlich verkündete Zalando, dass an Dividenden nicht zu denken sei, auch wenn man gerade irgendwo an der Gewinnschwelle herumschwirrt. Denn selbst wenn es Gewinne geben sollte, werden diese sofort in die Wachstumsstory gesteckt. ( mal abgesehen davon, wie soll dauerhaft überhaupt Gewinn gemacht werden bei 50 % Retouren-Quote ? ) Wer immer nur wachsen will wie Zalando, merkt vielleicht viel zu spät, dass man nur noch die Story lebt, aber kein tragfähiges Konzept hat für die Zeit nach der großen Drang- und Wachstumsphase. Irgendwann ist auch Zalando „nur“ noch ein Konkurrent von Otto, aber ohne Otto´s Gewinnmarge. Welcher Investor schießt da noch zum x-ten Mal frisches Geld hinterher ? Beim Fall Zalando hoffen die Altaktionäre ( wohl nicht ganz zu Unrecht ) Ihren Einsatz über einen Börsengang zurückzubekommen.

Bei privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen kann der selbst verkündete Verzicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht nicht gesund sein.



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