Allgemein

EZB-Schnabel: Inflationsdaten machen höhere Zinsen unwahrscheinlich

EZB-Direktorin Isabel Schnabel - Foto: Bloomberg
EZB-Direktorin Isabel Schnabel - Foto: Bloomberg

Es deutet immer mehr darauf hin, dass die EZB am Zins-Gipfel angekommen ist, nachdem sich die Inflation zuletzt stark abgekühlt hat. Im November stiegen die Verbraucherpreise in der Eurozone nur noch um 2,4 %, womit sich die Teuerung an das 2%-Ziel der EZB annähert. Kein Wunder also, dass der Markt bereits mit einer Senkung der Zinsen im April rechnet und dies auch schon eingepreist hat. Da hilft es auch nichts, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde und einige ihrer Amtskollegen darauf beharren, die Zinsen länger hoch zu halten. Nach dem deutlichen Rückgang der Inflation sind die Inflationsrisiken nun aber aufwärts gerichtet, allein schon wegen der Basiseffekte. Trotzdem wird es eine weitere Anhebung der Zinsen durch die Europäische Zentralbank angesichts der rückläufigen Verbraucherpreisdaten eher nicht geben. Laut Bloomberg geht davon zumindest Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel aus, die zum Falken-Lager der EZB gehört.

EZB-Schnabel: Keine weitere Zinserhöhung

“Die jüngste Inflationszahl hat eine weitere Zinserhöhung eher unwahrscheinlich gemacht”, sagte Schnabel im Interview mit Reuters, das auf der Website der EZB veröffentlicht wurde. Die Verbraucherpreis-Teuerung in der Eurozone ist im November auf 2,4% gesunken und hat damit stärker nachgelassen als Volkswirte erwartet hatten. Am Geldmarkt wird inzwischen eine Zinssenkung im April voll eingepreist. Schnabel wollte nicht ausschließen, dass es so kommt.

“Wir müssen abwarten, was passieren wird”, sagte sie. “Es kam schon oft vor, dass wir in beide Richtungen überrascht wurden. Wir sollten also vorsichtig sein mit Aussagen über etwas, das in sechs Monaten passieren wird.”

Nachdem die Daten für Oktober bereits eine Verlangsamung der Teuerung gezeigt hatten, hatte Schnabel noch gewarnt, dass es zu früh sei, eine weitere Zinserhöhung auszuschließen. Dabei verglich sie den Kampf, die Inflation auf das 2%-Ziel der EZB zu bringen, mit der Überwindung der letzten Meile bei einem Langstreckenlauf. Jetzt klang sie zuversichtlicher, dass sich die Rahmenbedingungen ändern.

EZB-Schnabel: Zinsen am Peak - deutlicher Rückgang der Inflation
Wetten auf eine Zinssenkung der EZB nehmen nach dovishen Signalen zu

Inflation geht schneller zurück

“Die November-Schnellschätzung war eine sehr angenehme Überraschung”, sagte Schnabel. “Vor allem geht die zugrunde liegende Inflation, die sich als hartnäckiger erwiesen hat, nun auch schneller zurück, als wir erwartet hatten. Das ist recht bemerkenswert. Alles in allem ist die Inflationsentwicklung ermutigend.”

Vollständig zuversichtlich, dass die Inflation gebändigt ist, ist Schnabel indessen nicht. In Anlehnung an die Äußerungen von Vizepräsident Luis de Guindos am Montag warnte sie, die Teuerung dürfe “nicht voreilig für besiegt erklärt” werden.

“Wir erwarten weiterhin einen Anstieg in den kommenden Monaten”, sagte Schnabel. “Es wird eine Umkehrung einiger fiskalischer Maßnahmen und einiger Basiseffekte geben, und wir können nicht ausschließen, dass es einen neuen Preisanstieg bei Energie oder Nahrungsmitteln geben wird.”

EZB-Zinsprognosen im Fokus

Bundesbankpräsident Joachim Nagel hatte bereits gewarnt, dass auch geopolitische Spannungen den Preisdruck verstärken könnten.

Bei der geldpolitischen Entscheidung der EZB nächste Woche erwarten Volkswirte, dass die Währungshüter die Zinsen zum zweiten Mal in Folge unverändert lassen. Vorgelegt werden dabei auch neue Konjunkturschätzungen. Der Prognosehorizont umfasst dabei erstmals auch 2026.

UBS-Ökonomen unter der Leitung von Reinhard Cluse erklärten am Montag in einer Analyse, die EZB werde ihre Wachstums- und Inflationsprognosen für 2023 und 2024 wohl senken müssen.

PEPP-Reinvestitionen

Beim 1,7 Billionen Euro schweren PEPP-Portfolio der EZB sind bis Ende 2024 Reinvestitionen fällig werdender Anleihen vorgesehen. Mehrere Ratsmitglieder haben jedoch darauf gedrängt, dies zu überdenken, da die Wirtschaft die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie überwindet und der Abbau des Bondbestandes nur langsam voranschreitet.

Ein wesentliches Merkmal der sogenannten PEPP-Reinvestitionen besteht darin, dass sie flexibel in allen Euro-Staaten eingesetzt werden können und als erste Verteidigungslinie gegen Schwankungen auf den Anleihemärkten im Euroraum dienen.

„Wie Präsidentin Lagarde erwähnte, wird der Rat in nicht allzu ferner Zukunft über Reinvestitionen im Rahmen des PEPP diskutieren, und ich überlasse es Ihnen, zu interpretieren, was das bedeutet“, sagte Schnabel. Eine “große Sache” sei in Bezug auf die Entscheidung jedoch nicht zu erwarten.

„Es ist klar, dass die Diskussion kommen wird”, sagte Schnabel. „Es ist auch klar, dass wir irgendwann die PEPP-Reinvestitionen vollständig beenden werden. Die Beträge, um die es geht, sind relativ gering und die Märkte erwarten, dass dies geschieht.“

FMW/Bloomberg



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage