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Warum die EZB die Zinsen nur minimal anheben wird – zwei Thesen

Warum könnte es sein, dass die EZB die Zinsen nicht zu schnell anheben wird? Dazu hier zwei Thesen. Eine davon hat einen aktuellen Bezug.

Die Zentrale der EZB in Frankfurt

Die BaFin hat heute gesprochen. Und da hört man auch etwas heraus, das für die Zinsen in der Eurozone interessant sein könnte. Steht im Herbst eine erste Zinsanhebung der EZB an? Das ist realistisch. Aber es dürfte wohl nur ein kleiner Schritt sein, um die Märkte zu beruhigen. Vielleicht werden es 0,25 Prozent Anhebung im Leitzins sein? Nach dem Motto „Schaut her, wir bei der EZB haben auch die Zinswende eingeleitet“? Denn weltweit werden die Zinsen bereits spürbar angehoben, siehe USA, Großbritannien, Australien, Polen, Ungarn, Brasilien etc. Nur die EZB tut bislang in aller Seelenruhe nichts, und das trotz einer aktuellen Inflation von 7,5 Prozent.

Warum die EZB die Zinsen wohl nur minimal anheben wird – Blick auf das Zinsänderungsrisiko

Meine These: Auch nach einem ersten kleinen Zinsschritt in diesem Jahr dürfte die EZB wohl im nächsten Jahr nur sehr langsam die Zinsen anheben. Warum? Es gibt dafür gute Gründe. Hier der erste Anhaltspunkt meiner These. Hierfür hat der neue BaFin-Chef Mark Branson in der heutigen Jahrespressekonferenz seiner Behörde eine klare Aussage geliefert (hier finden Sie seinen gesamten Redetext). Hier zwei Textauszüge im Wortlaut:

„Wir sehen auch, wie infolgedessen die Inflation weiter steigt, was Zinsanhebungen immer wahrscheinlicher macht, auch in der Eurozone.“

Und:

„Hinzu kommt das inflationsbedingt wachsende Zinsänderungsrisiko: Ein abrupter und kräftiger Zinsanstieg könnte die Banken in Schwierigkeiten bringen. Ihre kurzfristig angelegten Refinanzierungen würden plötzlich teurer, während ihre Zinseinkünfte aufgrund langer Zinsbindungen langsamer stiegen. Welche deutschen Banken wären in diesem Szenario besonders gefordert? Das prüfen wir gerade. Gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank unterziehen wir seit Anfang April die Institute unter unserer direkten Aufsicht einem Stresstest und spielen dabei verschiedene Zinsszenarien durch.“

Könnte dann eine kräftige Schwäche in den Büchern vieler Banken zutage gefördert werden? Man hat seit Jahren fleißig zum Beispiel Immobiliendarlehen zu extremst niedrigen Zinsen vergeben, mit langen Zinsbindungen – und das auf einem sehr tiefen Zinsniveau. Wenn nun die Refinanzierungen für diese Darlehen kurzfristig teurer gemacht werden durch steigende Zinsen der EZB, drohen den Banken womöglich hohe Zinsverluste. Dies könnte ein guter Grund dafür sein, dass die EZB ihre Zinssätze womöglich nur sehr langsam anheben wird, um dieses Zinsänderungsrisiko nicht (oder nur minimal) wirksam werden zu lassen.

Finanzierung der Südländer

Und als zweiten Punkt kann man die alt bewährte These in den Raum stellen. Seit Jahren leben die Südländer in der Eurozone mit ihren Neuverschuldungen auf lockerem Fuß, weil die Zinsen so extrem niedrig sind. Die Rendite für zehnjährige italienische Staatsanleihen lag zum Beispiel vor genau zehn Jahren bei 6 Prozent. Im Zuge der lockeren Geldpolitik der EZB (Zinsen auf Null gesenkt und mit Billionen an frisch gedruckten Euros Anleihen gekauft) bekam man die Marktzinsen in den Keller. Im letzten Jahr lag die italienische Rendite nur noch bei 0,50 Prozent. Schon die Erwartung der Märkte, dass die EZB etwas tun könnte, zeigt deutliche Auswirkungen. Bis jetzt ist die Rendite für Italien wieder auf 2,83 Prozent gestiegen. Wenn die EZB ihre Zinsen gar nicht oder nur minimal, könnte sie damit Ländern wie Italien, Griechenland und Co gigantische Summen an Zinsbelastungen ersparen.

Und was war da noch? Die Immobilienblase

Und ja, die Immobilienblase ist ja auch noch da. Sie wurde seit Jahren durch Immobilienkredite zu extremst niedrigen Zinsen angefeuert. Was passiert, wenn die EZB die Zinsen anhebt? Hier dazu BaFin-Chef Mark Branson im Wortlaut:

„Auch auf den Immobilienmärkten haben sich Risiken aufgetürmt. Die Nachfrage nach Wohnimmobilienkrediten ist immer weiter gestiegen – hauptsächlich aufgrund der niedrigen Zinsen. Was kann passieren? Wenn die Zinsen steigen, lässt die Nachfrage nach Wohnimmobilien nach. In der Folge könnten deren Preise sinken – und damit der Wert der Sicherheiten. In Deutschland sind Wohnimmobilien landesweit um rund 20 bis 35 Prozent überbewertet, schätzt die Deutsche Bundesbank.“



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5 Kommentare

  1. Hallo Herr Kummerfeld,

    wie meinen Sie das

    >> Wenn nun die Refinanzierungen für diese Darlehen kurzfristig teurer gemacht werden durch steigende Zinsen der EZB, drohen den Banken womöglich hohe Zinsverluste.

    Zinsverluste wodurch? Durch ausgefallene Ratenzahlungen? Der Text ließt sich so, dass die Bank *selber* einen langlaufenden Kredit permanent refinanzieren muss auf dem Kreditmarkt. Aber bei einem Immobilienkredit hat die Bank doch fast die gesamte Summe selbst geschöpft (Giralgeld), was gibts da also zu refinanzieren?

    Danke+Grüße

  2. Und wenn die Immobilie dann
    „unter Wasser ist“ werden die Banken „Nachschuss“ verlangen.
    Natürlich zu den dann marktüblichen Zinsen.
    Oder der Zinssatz muss „angepasst“ werden, weil das Risiko der Bank ja nun höher ist; natürlich für den gesamten Kredit.
    Es wird spannend.
    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  3. Hallo,läuft doch alles bestens,Zinsen über 0 wirds bei der EZB nicht geben,auch wenn die Inflation 10% beträgt,die Schulden werden weginflationiert,alle Schuldner sind glücklich,allerdings müssen wir das stabil halten,also D,NL,Österreich,wird sparen,D,Renten und Soziales den Niedriglohnsektor OECD mässig am Schluss halten,der Euro muss uns schon was wert sein.

  4. ja wir werden alle ärmer werden alle und ärmer laut Harbeck wie wahr er doch dieses ausspricht. Zinsen wird es nicht geben da hilft nur Etwas Schulden und viel Gold im Tresor.

  5. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Die EZB hat nur ein Mandat der Geldwertstabilität. Weitere Mandate hat sie nicht. Mit dem kommenden Embargo gegen das Öl wird der Ölpreis weiter steigen, die Inflation weiter befeuern.

    Bis zum Jahresende werden wir zweistellig.

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