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Finanzsystem: Alles hängt ab von einer Hand voll unbekannter Anbieter

Das Finanzsystem hängt an wenigen zentralen Dienstleistern - Beispielfoto IT

Welcher „normale“ Mensch da draußen hat schon jemals was von der dwp gehört, oder von dem niederländischen Unternehmen namens Equens? Richtig, niemand. Wenn der Kunde zu seiner Sparkasse oder Volksbank um die Ecke geht oder sich dort online einloggt, dann geht er davon aus, dass seine Überweisung auch von seiner Bank ausgeführt wird. Dass aber so ziemlich alle Volksbanken, Sparkassen wie auch viele anderen Banken zum Beispiel ihre Wertpapiertransaktionen über einen externen Dienstleister namens dwpbank laufen lassen, wurde erst diese Woche so richtig offenkundig (wir berichteten). Bei diesem einen Anbieter fielen nämlich mehrere Server aus… und zack, die Kunden bei 1.288 Banken in Deutschland hatten Probleme mit ihren Wertpapiergeschäften! Auf einen Schlag wurde offenkundig, wie anfällig unser Finanzsystem geworden ist.

Viele Banken, ein zentraler Dienstleister

Was viele Kunden auch nicht wissen: Kleine und mittelgroße Sparkassen legen zum Beispiel ihre IT-Systeme mit anderen Sparkassen zusammen um Geld zu sparen. Dazu werden externe Dienstleister gegründet. Fällt dort die IT aus, sind gleich mehrere Sparkassen betroffen. Da gibt es zum Beispiel die in der breiten Öffentlichkeit unbekannte Firma „Finanz Informatik“ – einer der großen Player. Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen IT-Dienstleister für 384 Sparkassen, 6 Landesbanken, 8 Landesbausparkassen, die DekaBank, 5 öffentliche Versicherer, 4 Direktbanken sowie weitere Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe.

Was für die gesamte IT und auch für WP-Transaktionen gilt, ist auch beim Überweisungsverkehr längst Standard. Auslagern, auslagern, auslagern, ist die Devise! Wie gesagt: Der normale Bankkunde, der sich im Onlinebanking einloggt und eine normale Überweisung eingibt, denkt natürlich, dass seine Bank selbst diese Überweisung ausführt. Dabei laufen derzeit bereits die Überweisungen von Kunden der HypoVereinsbank (quasi Außenstelle der UniCredit-Zentrale in Italien) schon längst nicht mehr über hausinterne Systeme, sondern über ein Tochterunternehmen der Deutschen Bank. Aber war diese „Dienstleistung“ der DB der Hypo offenbar zu teuer? Denn die Hypo hat sich laut DerTreasurer jetzt dazu entschieden ihren Zahlungsverkehr nun über einen externen niederländischen „Dienstleister“ namens „Equens Worldline“ laufen zu lassen.

Wer als HVB-Kunde zukünftig also Überweisungen ausführt, dessen Daten und Transaktionen laufen dann zukünftig also über Server eines holländischen Anbieters, der mit der HypoVereinsbank selbst eigentlich nichts zu tun hat. Übrigens: Auch die Commerzbank hat angefangen ihren gesamten Zahlungsverkehr an Equens zu übergeben. Bis 2023 soll diese Übertragung abgeschlossen sein. Das Finanzsystem wird mehr und mehr abhängig von einer kleinen Hand voll zentraler Dienstleister, die wirklich durchgängig zuverlässig funktionieren müssen – sonst haben hunderte oder tausende Banken gleichzeitig ein Problem, und damit auch das Finanzsystem als Solches! Grundsätzlich kann man sich sowieso langsam fragen, was von Banken noch übrig geblieben ist, abgesehen von dem Logo? Prozesse werden ausgelagert, und ganze interne Abteilungen (Buchhaltung, Backoffice, Middle Office) werden ins Ausland verlagert und Gehaltskosten zu sparen. Was bleibt dann von der Bank als solche überhaupt noch übrig? Aber gut, das ist wohl eher eine Frage für Philosophen! Gewünscht ist diese Entwicklung durch die Bankenaufseher, denn dank fehlender Zinseinnahmen sollen die Banken ihre Kosten so weit senken wie nur irgend möglich.

Das grundlegende Problem für das Finanzsystem

Genau wie bei der dwpbank ist auch beim Outsourcing auf einen Anbieter wie Equens (ein Riesenladen) das Problem für das Finanzsystem als Ganzes: Fallen hier Systeme aus, sind gleich zahlreiche Banken betroffen. Früher (in der guten alten Zeit) war es ganz einfach: Hat eine Bank ein IT-Problem, hat eben nur diese eine Bank ein Problem. Jetzt in der schönen neuen Outsourcing-Welt, wo die Zentralbanken und Aufsichtsbehörden die Banken geradezu dazu drängen Kosten einzusparen, fällt ein zentraler Dienstleister aus, und das ganze Finanzsystem hat ratz fatz ein Problem!



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3 Kommentare

  1. Wird dann lustig bei einem Cyberangriff…

  2. Pingback: Meldungen vom 10. Januar 2020 | das-bewegt-die-welt.de

  3. Pingback: Everything depends on a handful of unknown providers | En24 News

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