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Energiekrise Gas-Stopp macht eine Energierationierung im Winter fast unvermeidlich

Gas-Stopp macht eine Energierationierung im Winter unvermeidlich

Nach dem russischen Gas-Stopp droht in Europa eine Energierationierung von Strom und Gas im kommenden Winter. Angesichts eines Füllstands der Gasspeicher von derzeit 85 Prozent hatte die Bundesregierung am Wochenende immerhin betont, dass die Versorgungssicherheit zumindest vorerst gesicherte sei. Die Bundesnetzagentur warnte aber bereits zuvor, dass selbst ein komplett gefüllter Gasspeicher nur für rund zweieinhalb Monate reichen würde.

Die neuen Sorgen um einen Versorgungsmangel im Winter haben am Freitag erneut zugenommen, nachdem Gazprom verkündete, die Gaslieferungen über Nord Stream 1 auf unbefristete Zeit auszusetzen. Als Begründung nannte der Gasproduzent ein angebliches „Öl-Leck“ in der Pipeline. Durch die faktische Schließung von Nord Stream 1 ist eine Rationierung von Gas und Strom in diesem Winter wohl unumgänglich.

Gas-Stopp: Bundesregierung unter Druck

Sollte die Pipeline nicht bald wieder in Betrieb genommen werden, dann müssen Lösungen her. Der Gas-Stopp erhöht den Druck auf die deutsche Regierung länger als gedacht auf Kohle und Kernkraft zu setzen. Dazu meldet Bloomberg: Offiziell wartet die Bundesregierung noch auf Ergebnisse von Stresstests, aber eine Verlängerung der Kernkraftwerke wird nun immer wahrscheinlicher. Die Verlängerung der Laufzeit von zwei der verbliebenen drei Kernkraftwerke würde 2,3% des Gasverbrauchs ausgleichen, hat BloombergNEF berechnet.

„Die Verlängerung der Kernenergie ist für Deutschland ein absolutes Muss, und sie wird definitiv einen Unterschied machen”, sagt Kesavarthiniy Savarimuthu, ein Analyst bei BNEF. “Jeder Kubikmeter Gas ist entscheidend für die Versorgungssicherheit.” Viel hängt jetzt auch vom Wetter ab. Laut Maxar Technologies LLC wird der Oktober, der Beginn der Heizsaison im Winter, mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen im Norden und Westen Europas mild ausfallen. Wie schnell Europa seine Vorräte aufbraucht, hängt also davon ab, wie schnell es kalt wird. Als Ersatz für das russische Pipeline-Gas konkurriert Europa nun mit Asien um Flüssiggas. Wenn der Winter in beiden Regionen besonders kalt wird, könnten die europäischen Speicher sich gegen Ende des Winters leeren.

Gassparen: Verantwortung auf die Verbraucher abwälzen

Am 9. August ist der EU-Gassparplan in Kraft getreten, den Gasverbrauch in den gesamten EU-Staaten zu senken. Bis März 2023 soll der Konsum um 15 Prozent zunächst freiwillig reduziert werden. Aus dem freiwilligen Handeln könnte aber auch eine Verpflichtung werden. Da die Nachfrage nun weiter gesenkt werden muss, ist mit allem zu rechnen. Bloomberg meldet, dass auf einem Sondertreffen der Energieminister am Freitag laut EU-Diplomaten nach dem Gas-Stopp wohl Schritte in Betracht gezogen werden, die zuvor undenkbar schienen.

In Deutschland steht der Gasnotfallplan bereits auf der zweiten von drei Alarmstufen. Auf der höchsten Stufe sind auch Rationierungen möglich. Zuletzt hatten deutsche Politiker die Bevölkerung mehrfach zum Energiesparen aufgerufen, zum Teil aber mit fragwürdigen Ideen. Beispielsweise geriet Wirtschaftsminister Habeck in die Kritik, als er die Kampagne „80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel“ vorstellte. Einer seiner Ratschläge war es, den alten Duschkopf auszutauschen und die Dauer der Duschzeit zu reduzieren. Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann machte gar den Vorschlag aufs Duschen zu verzichten und lieber häufiger auf den Waschlappen zurückzugreifen. Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Barbara Metz kritisierte das Projekt Habecks. Sie sagte, „anstatt selbst tätig zu werden, verschiebt er die Verantwortung vor allem auf die Verbraucher.“

Vielen Menschen in Deutschland bleibt angesichts der hohen Kosten gar nichts anderes übrig, als selbst die Initiative zu ergreifen und Energie zu sparen. Es bedarf in diesem Fall nicht den schlauen Ratschlägen einiger Politiker. In einer repräsentativen Umfrage des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) haben demnach 77 Prozent der Bürgerinnen und Bürger seit der Kostenexplosion versucht Energie zu sparen. Laut der Umfrage sind die Gründe für die Sparsamkeit jedoch nicht die Ratschläge der Politiker oder die Solidarität mit der Ukraine, sondern in erster Linie die hohen Energiekosten.

Gas Lieferungen aus Russland nach Europa - Preisanstieg Gas und Strom

Anteil der Erdgasimporte aus Russland, 2020

FMW/Bloomberg



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4 Kommentare

  1. Na, da sickert die Wahrheit ja so langsam durch.
    Wartet mal ab, wie die Wahrheit Weihnachten aussieht.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. Nachtrag:
    Nur damit der Zusammenhang klar wird.
    Um die Gebiete, in denen Gasmangel herrscht, davor zu schützen, dass die Gasgeräte auf Störung gehen, und von einem Fachmann wieder entstört werden müssen, muss der Strom abgestellt werden.
    Also 1 Tag ohne Gas, weil Gas rationiert wird, bedeutet auch gleichzeitig einen Tag ohne Strom.
    Anders geht es nicht.
    Macht auch außerdem soweit Sinn, damit nicht mit Heizlüftern geheizt werden kann.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  3. Ja, Helmut, das ist leider richtig in Bezug auf die Gasheizung. Industrielle Anlage benötigen leider sehr häufig sogar noch einen höheren Druck. Aber soweit ich weiss, haben in D bereits einige Großverbraucher das Handtuch geworfen und ihre Anlagen heruntergefahren. Nicht bloß im Bereich der Stickstoffdünger- und Glaserzeugung, als nächstes ist zu befürchten, dass die Chemiewerke weitere Anlagen stillegen und die Papierindustrie ebenfalls sich anschließt. Wer aus Richtung Westen kommend nach LU beim BASF-Stammwerk vorbeifährt merkt es direkt an der Luftqualität.

    Lakonisch kann ich nur anmerken: Wie bestellt, so geliefert!

    1. Hallo Jörg,
      natürlich gibt es wirtschaftlich vertretbare Vorsorge, auch eine Gas-Heiztherme, ohne öffentliche Stromversorgung und ohne Sicherheitsrisiko noch etwa 20 Stunden in Betrieb zu halten. Das würde auf 2 Tage verteilt 10 Stunden Heizung am Tag bedeuten.
      Schlimm wird es, wenn mehr als 2 oder 3 Tage der Strom weg ist.
      Mit einer Intevallabschaltung von Strom könnte man richtig vorgesorgt also auf Dauer im Winter wenigstens heizen.
      Nur wenn das viele Menschen machen, dann tritt eben doch das ein, was mit einer Stromabschaltung verhindert werden sollte.
      Zusammenfassend: Jeder kann sich mit einer für auf ihn speziell zugeschnittenen Vorsorge einige Tage oder Wochen, ja sogar Monate retten, aber eben nicht alle.

      Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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