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Notenbanken: Die Crux mit der Kommunikation – Unklahrheit als Prinzip

Warum Notenbanken absichtlich im Ungefähren bleiben

Obwohl die Notenbanken wohl über die beste Datenlage verfügen, die es über die Wirtschaft eines Landes geben kann – man denke nur an die zwölf Regionalbanken der Federal Reserve – so sind sie dennoch nicht in der Lage zukünftige Entwicklung valide einzuschätzen. Zu unberechenbar sind die handelnden Akteure in einem sozialen System, welches keine naturwissenschaftlichen Kausalitäten aufweist. Noch problematischer wird es mit der Kommunikation, die besonders dem Problem der Reflexivität der Märkte und damit dem Prinizip der Antizipation unterliegt.

Warum die Notenbanken nicht Klartext sprechen dürfen

Im normalen Geschäftsabläufen ist es jedermann gewohnt, sachlogisch zu argumentieren, dass heißt, man beurteilt Ursache und Wirkung in Kausalitäten. Erst recht in vielen Bereichen der Naturwissenschaften. Je mehr Beweise in der Wissenschaft zu einer Forschungsgegenstand gefunden werden, desto mehr Fachleute zu ähnlichen Ergebnissen kommen, desto valider wird ein Ergebnis.

Anders im Bereich von Wirtschaft und Börse. Desto mehr Ökonomen oder auch Fondsmanager zu einem gleichen Urteil kommen – zum Beispiel die Zinsen müssen steigen – desto eher passiert das Gegenteil. Warum? Weil sie sich dementsprechend positioniert haben, wie in letzter Zeit beobachtet, als Fondsmanager massiv auf steigende Zinsen gesetzt hatten. Bei den geringsten Anzeichen, die das Ganze in Frage stellen, führt dies zu einer raschen Umorientierung, wie die jüngsten Short Queezes bewiesen haben: die Zinsen fielen, anstatt zu steigen. Es fehlte die Gegenseite.

Doch jetzt zur Kommunikation der Notenbanken an zwei extremen Beispielen:

Wenn eine große Zentralbank zu der Erkenntnis gelangt, dass die Wirtschaft im Lande in kurzer Zeit in eine Rezession rutschen kann und man deshalb die Zinsen senken muss, so darf sie das nie in terminierter Deutlichkeit kommunizieren. Denn das Selbstreferenzielle an den Märkten würde dazu führen, dass Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit zurückführen, viele ihrer Bestellvorgänge stornieren, um die Wirtschaftsaktivität zu reduzieren. Verbraucher würden sofort ihre größeren Anschaffungen canceln und gleichzeitig ihre Sparrate erhöhen. Kurzum: In kürzester Zeit hätte die Notenbank eine saftige Rezession, die sie eigentlich mit ihren Zinssenkungen abmildern wollte.

Andersherum wäre es bei der terminierten Kommunikation, dass die Wirtschaft so stark läuft, dass man die Zinsen in nächster Zeit deutlich anheben müsse, um ein Heißlaufen der Wirtschaft zu verhindern (Beispiel der Kommunikationsgau von Jerome Powell im Dezember 2018 mit dem Versprechen fortgesetzter Zinssenkungen bei gleichzeitiger Bilanzreduzierung).

Mögliche Folgen: Die Konsumenten würden sich nach Möglichkeit längerfristige Kreditzinsen sichern, sie würden langlebige Güter erwerben, um dem Preisanstieg zuvorzukommen und sie würden dadurch das Heißlaufen der Wirtschaft noch einmal beschleunigen und die kommenden Zinsanhebungen sogar noch stärker forcieren. Mit Folgen für die Aktienmärkte. Nur zwei Beispiele, die zeigen, dass Notenbanken äußerst vorsichtig mit geldpolitischen Planungsvorhaben vorgehen muss – die Märkte könnten in extremster Weise darauf reagieren.

Fazit

Die Notenbanken sind aufgrund der beschriebenen Gesetzmäßigkeiten von Wirtschaft und Börse gezwungen, im Ungefähren zu bleiben. Eine Ankündigung fester Termine bei geldpolitischen Maßnahmen würden zu augenblicklichen Reaktionen der Wirtschaftsakteure führen, die viele Klumpenrisiken heraufbeschwören würden. Was für viele Außenstehende so wirkt, als wären die Notenbankgouverneure nicht in der Lage, wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen.

Schließlich gibt es auch noch die große Abhängigkeit der Notenbanken von der Politik, die nur scheinbar nicht existiert. Sollte Jerome Powell es wagen, das Wirtschaftsprogramm von Joe Biden beim infrastrukturellen Wiederaufbau des Landes oder beim sozialen Umbau mit Zinsanhebungen zu torpedieren? Hat er nicht schon extrem unter dem Vorgänger gelitten, der lange nach Wegen gesucht hat, um ihn an der Spitze der Federal Reserve abzulösen, weil er partout die Zinsen nicht auf null senken wollte? Und dann noch die Thematik des Außenwerts der Währung, also der Zinskonkurrenz zu anderen Staaten. Nein, die Notenbanken sind auch Gefangene im eigenen System, in extremster Weise sieht man dies bei der türkischen Zentralbank.

Aus vielerlei Gründen ist die Sprache der Notenbanker kryptisch, aber inhaltsgleich (man vergleiche einmal das Wording von Fed und EZB) und sie lassen jede Menge Fragen offen – absichtlich. Deshalb gibt es schon seit Langem die so genannten Fed-Watcher, die jedes Wort in seinem Zusammenhang, in seiner Bedeutungsschwere, auf den Prüfstand stellen..



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1 Kommentar

  1. In Amerika werden die Nachrichten zu 80% gemacht. Das gilt auch für die FED.
    Der CNN Direktor Charlie Chester sagt es wortwörtlich! Er spricht zwar hier von Politik und Angstkampagnen, aber im Finanzsektor ist es exakt dasselbe. Er spricht z. B. davon, daß man unter sehr vielen verschiedenen Agendas arbeitet, da bleibt für „unbiased news“ (unvoreingenommene Nachrichten) überhaupt kein Platz. Die gebe es schlichtweg gar nicht!
    Er hat einfach alles gesagt, was es zu sagen gibt. Der Rest ist Spekulation.
    (Habs mir runtergeladen. Wer weiß, wie lange es noch da ist.)
    https://www.youtube.com/watch?v=gvt1d3hHerY

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