Märkte

Erstaunliche Stärke Ölpreis auf Dreimonatshoch – Test des 200-Tage-Durchschnitts

Der Ölpreis steigt auf ein Dreimonatshoch. Offenbar kann die Angebotsverknappung mehr überzeugen als die Rezessionsangst.

Weisen nicht gerade weltweit Konjunkturdaten darauf hin, dass große Volkswirtschaften in die Rezession abrutschen? Dies würde eine sinkende Ölnachfrage bedeuten, und damit wiederum den Ölpreis schwächen. Aber wir sehen seit Tagen und Wochen das Gegenteil. Aktuell notiert das wichtige amerikanische WTI-Öl mit glatt 78 Dollar (vor genau einer Woche bei 74 Dollar) auf einem Dreimonatshoch, und klebt direkt am 200-Tage-Durchschnitt, siehe Chart.

Ölpreis im Aufschwung – zwei Faktoren prallen aufeinander

Der Ölpreis stabilisiert sich in der Nähe eines Dreimonatshochs, da Händler die Aussicht auf eine weitere Zinserhöhung durch die US-Notenbank gegen die Anzeichen eines engeren Rohölmarktes abwägen, so Bloomberg in seiner Einschätzung. Der Brent-Ölpreis wird mit über 81 Dollar pro Barrel gehandelt, nachdem er in vier aufeinander folgenden Wochen rund 10 % zugelegt hatte. Die Preise sind gestiegen, da Saudi-Arabien und seine Partner in der OPEC+ ihre Fördermengen gekürzt haben (Verkündung vom 3. Juli). Wichtig für die gute Laune bei Öl aktuell auch: Der Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur, Fatih Birol, sagte am Wochenende, dass der Markt wieder ein Angebotsdefizit aufweisen könnte.

Verlauf im WTI-Ölpreis in den letzten zwölf Monaten

Es wird allgemein erwartet, dass die US-Notenbank auf ihrer Sitzung am Mittwoch Abend eine weitere Zinserhöhung vornehmen wird, um die Inflation (nur noch bei 3 % in den USA) einzudämmen. Die Straffung der Geldpolitik birgt die Gefahr, dass die größte Volkswirtschaft der Welt in eine Rezession abgleitet, was der Ölnachfrage schaden könnte. Der Ölpreis ist im Jahresverlauf immer noch rückläufig, trotz der jüngsten Zuwächse und der Produktionskürzungen der OPEC-Länder und ihrer Verbündeten, darunter Russland. Auf der Nachfrageseite ist die ins Stocken geratene Erholung Chinas ein anhaltender Gegenwind für Industrierohstoffe.

Analyst sieht weiter steigenden Ölpreis

„Es gibt wahrscheinlich immer noch eine gewisse Besorgnis über die bevorstehende FOMC-Sitzung“, sagte Giovanni Staunovo, Analyst bei der UBS in Zürich, der vorhersagt, dass der Brent-Ölpreis bis zum Jahresende auf 90 Dollar pro Barrel steigen könnte. „Generell würde ich aber sagen, dass der Markt davon ausgeht, dass die Lagerbestände an Land zu sinken beginnen.“

Markttechnik

Die US-Benchmark WTI nähert sich dem gleitenden 200-Tage-Durchschnitt – einer wichtigen technischen Schwelle. Im April kam er diesem Wert schon einmal nahe, konnte sich aber nicht über diesem Niveau festsetzen. Für Brent zeichnet sich eine ähnliche Herausforderung ab. Neben anderen Indikatoren gibt es Anzeichen für die Stärke der zugrunde liegenden Marktstruktur. Der Prompt-Spread beim WTI-Ölpreis – die Differenz zwischen den beiden nächstgelegenen Kontrakten – lag bei 33 Cent pro Barrel in Backwardation, einem zinsbullischen Muster, das auf Schlusskursbasis so groß ist wie seit Mitte November nicht mehr.

Öl-Lagertanks in Texas
Öl-Lagertanks in Texas. Photographer: Matthew Busch/Bloomberg

FMW/Bloomberg



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2 Kommentare

  1. Vielleicht stimuliert ja auch ein diverser psychologischer Effekt zur Zeit den Ölpreis, dahingehend, daß es dem Westen, der verkennt, daß der Ukraine-Konflikt eine Vorgeschichte hat, nicht gelingt, das OPEC+-Mitgliedsland Russische Föderation international wirtschaftlich zu isolieren. Seit dem 24.02.22 funktioniert die Öl-Allianz zwischen den OPEC+-Mitgliedsländern Arabische Liga-Mitgliedsland Königreich Saudi-Arabien und Russische Föderation. Die OPEC+ erwägt sogar, die Anzahl der Mitgliedsländer zu erhöhen. Ein aktueller EU-Lateinamerika-Gipfel positioniert sich entsprechend positiv zu Russland, was ein kommender Russland-Afrika-Gipfel wohl ebenfalls tun wird. Im Rahmen eines aktuellen G20-Wirtschaftsministertreffens positionieren sich Saudi-Arabien, China und Russland mittels einer kompetenten Energiepolitik. Der kommende BRICS-Gipfel, an dem Staatspräsident Dr. Wladimir Putin per Video teilnimmt, wird ein Konzept zur Verringerung der übermäßigen Dominanz der Währung US-Dollar im Ölgeschäft initiieren. Zu den Ländern, die BRICS-Staaten werden möchten, gehören Saudi-Arabien, Iran und Vereinigte Arabische Emirate. Staatspräsident Emmanuel Macron wird auf dem BRICS-Gipfel zur unerwünschten Person erklärt.

    1. Als Freund der Medienvielfalt entnehme ich aktuell einer Meldung bei esyoil.com, wonach Analysten von einer verstärkten Nachfrage nach Erdöl im Laufe des restlichen Jahres ausgehen. Für Ölkäufe zum Jahresende empfehlen sich daher Rohstoffsicherungsgeschäfte/Hedgefonds.

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