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Eine peinliche Affäre China: Verschollener Qin Gang – Gesichtsverlust für Xi Jinping

Seit genau einem Monat wurde der chinesische Außenminister Qin Gang nicht mehr in der Öffentlichkeit in China gesehen. Mittlerweile beeinträchtigt sein Verschwinden die diplomatischen Kanäle. Und auch für Xi Jinping und die Kommunistische Partei wirft die Causa Fragen und Probleme auf.

China: Nächster Staatsbesuch abgesagt

Am Freitag wurde bekannt, dass der britische Außenminister James Cleverly seinen Besuch in China aufgrund der Abwesenheit von Außenminister Qin Gang verschiebt. Damit ist er der zweite wichtige Politiker nach dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Josep Borrell, dessen Trip nach Beijing kurzfristig abgesagt wurde. Borrells Visite in Beijing wurde inzwischen auf den Herbst verschoben, ohne dass die chinesische Seite versprechen mochte, dass er dann Qin Gang treffen werde.

Die offizielle Erklärung der chinesischen Seite ist nach wie vor, dass Qin Gang krank sei. Allerdings gibt es mittlerweile erhebliche Zweifel an dieser Darstellung, die sich hauptsächlich daraus ergibt, wie die Abwesenheit gehandhabt wird. In einer Pressekonferenz der Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, sagte auf Nachfrage, sie hätte „keinerlei weitere Information über den Verbleib“ des Außenministers, was schon eine interessante Aussage ist.

Ein kranker Mensch ist entweder zur Genesung zu Hause, im Krankenhaus oder zur Reha. Einige Tage später wurden Nachfragen zur Gesundheit Qing Gangs aus dem Transkript einer weiteren Pressekonferenz gestrichen. Der Reporter der South China Morning Post, Phil Cunningham, beschwerte sich auf Twitter, dass in einem Artikel von ihm fünf Sätze über den Außenminister im Nachhinein gestrichen wurden, was darauf hindeutet, dass diese der Zensur zum Opfer gefallen sind.

Hat Qin Gang ein uneheliches Kind?

Vieles deutet inzwischen darauf hin, dass Qing Gang Gegenstand einer internen disziplinarischen Untersuchung der Kommunistischen Partei ist. Nicht nur im (chinesischsprachigen) Internet wird spekuliert, dass Qin Gang eine außereheliche Beziehung mit der chinesischen Reporterin Fu Xiaotian hat. Aus der Beziehung scheint ein Kind hervorgegangen zu sein, das sie 2022 ausgerechnet in den USA gebar, somit US-Staatsbürger ist. Fu Xiatian ist als Reporterin bei dem Sender „Phoenix TV“ in Hong Kong beschäftigt, für den sie die Reihe „Talk with World Leader“ produziert und präsentiert. Ihr letzter kryptischer Tweet auf Twitter erschien am 11. April, wo sie selber in einem Privatjet zu sehen ist, der sie nach Beijing zu eben Qin Gang bringen sollte. Seitdem ist sie verschwunden.

Qin Gang ist mehr als eine Kuriosität innerhalb des chinesischen Systems, sondern wirft eine ganze Reihe von Fragen und Implikationen auf, in der letztendlich Xi Jinping und sein Regierungsstil im Mittelpunkt stehen. Denn der Außenminister wurde von Xi Jinping persönlich ausgesucht.
Grundsätzlich ist es nichts Ungewöhnliches, wenn chinesische Beamte eine außereheliche Beziehung haben. Aber ebenso grundsätzlich akzeptiert die Partei solche Eskapaden nicht. Dutzende, wenn nicht hunderte Beamte wurden wegen dieses Vergehens ihrer Funktion enthoben.

China: Versagen oder Vertuschung der Disziplinkommission?

Allerdings werden alle Kandidaten und Funktionsträger von einem internen Sicherheitsdienst der Partei überprüft und überwacht. Zuständig dafür ist die Zentrale Kommission für die Kontrolle der Disziplin, deren Sekretär Li Xi und damit neben Xi Jinping wohl einer der mächtigsten Männer in China ist. Li Xi wurde im Oktober 2022 auf diesen Posten berufen. Ende Dezember trat Qin Guang seinen neuen Posten als Außenminister an.
Wenn Qin Guang trotz einer Affäre und einem unehelichen Kind Außenminister werden konnte, lässt das nur drei mögliche Optionen zu, die alle drei nicht besonders optimistisch sind:

1. Die Zentrale Disziplinkommission wusste schlicht und ergreifend nichts von der Affäre. Dies ist angesichts der umfassenden Kontrolle von Kadern, insbesondere von Diplomaten im Ausland, nicht wirklich vorstellbar. Wenn doch, scheint die Kontrolle doch nicht so umfassend zu sein, wie gedacht.

2. Xi Jinping hat trotz seines Wissens um die Affäre Qin Gang zum Außenminister berufen. Dies wirft wiederum die Frage auf, warum dies nun ein Problem ist. Die Antwort darauf könnte sein, dass Fu Xiaotians Andeutungen für die Disziplinkommission schon als zu offen eingeschätzt wurden. In der Tat warf der Tweet von Fu Xiaotian schon damals Fragen auf, die aber eher darauf abzielten, wie es sich eine Journalistin leisten kann, in einem Privatjet herumzureisen.

3. Li Xi hat die Affäre gegenüber Xi Jinping verschwiegen. Dies ist in der Tat die beunruhigendste Annahme, denn sie führt unweigerlich zu der Frage, wie gut Xi Jinping informiert ist. Bekannt ist, dass die kommunistische Partei ein umfassendes internes Informationssystem besitzt. Durch die Corona-Krise wurde auch bekannt, dass sich die Zensur hier unter Xi Jinping und die Zugänglichkeit für Kader eingeschränkt wurde. Es ist ein immer wiederkehrendes Muster, dass autoritäre Führer im Laufe ihrer Herrschaft keine akkuraten Informationen mehr bekommen. Entscheidungen, die auf Grundlage falscher oder fehlender Informationen getroffen werden, sind meist schlechte Entscheidungen.

Xi Jinping beschädigt – schlechte Aussichten für die sino-amerikanische Beziehungen

Egal, wie sich die Causa Qin Gang entwickelt, es wird mindestens drei beschädigte Personen geben: Qin Gang, sollte er zurückkehren, wird nicht mehr die selbe Autorität besitzen. Das ist erst einmal eine schlechte Nachricht für die sino-amerikanischen Beziehungen, denn er ist nicht nur der ehemalige Botschafter in Washington, sondern galt schon vorher als Experte mit guten Verbindungen nach Washington. Als zweites ist Li Xi beschädigt, der die Personalie Qin Gang abgesegnet haben muss. Und natürlich Xi Jinping selber, dessen Außenminister, den er persönlich ausgesucht hat, nach knapp einem halben Jahr ein Problemfall darstellt.

Qi Gang China Xi Jinping
Photo by Greg Bowker – Pool/Getty Images


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2 Kommentare

  1. Es gibt da eine andere Interpretation. Sehr viel einfacher und logisch dazu.
    Wie wäre denn die: „Eine extrem höflich und nichts-sagende, alle Optionen offen-haltende Ausladung durch nicht Anwesenheit. Hust hust, ich hatte Covid.
    Oder ein besser verständliches: „Nö, ick hab‘ kein Bock auf dir, jetzt. Komma später oder nimmt die Vize-Ersatz-Person.“
    Bei dem politischen Kabuki-Theater der letzten Tage und in den folgenden Wochen!? Viel zu viel BlaBla und Glatteis. Selbst für die Strategie-Gewohnten Go-Spieler aus China. Eine Auszeit von den Ereignissen der letzten Tage, kühlt ganz sicher die Gemüter der EU und US-Strategen aber wirkt sich positiv auf die Verzweiflung aus. So eingestimmt verhandelt es sich viel leichter. Nein? Ja? Vielleicht?
    Zeit ist wichtiger als der Preis! Und ein Haupt-Studienfach in China ist Geschichte, voll von Politik.
    Sun Tsu wird auch China gelesen. Aber wichtiger, auch verstanden.
    Eine Peking-Ente wird auch langsam gegart. ;)
    Einen so hohen Beamten der CCP mit so vielen Kontakten in den erwähnten UK, EU und US Einfluss-Bereichen ein wenig aus der Sichtlinie zu nehmen, ist für den bevorstehen Disput (BRICS, und so…) sicher hilfreich für die Wünsche und Ziele von Herrn Xi Jinping und die CCP. Ja? Nein?…

  2. Die beste Satire schreibt das Leben.
    Das beste Drehbuch schreibt das Leben.
    Die beste Komödie schreibt das Leben.
    Jetzt aber auf.
    DIE SPANNUNGEN ZWISCHEN CHINA UND DEN USA HABEN SICH ERHEBLICH VERSCHÄRFT.
    HEVORGERUFEN DURCH EINE LIEBSCHAFT DES CHINESISCHEN AUSSENMINISTER HUI PFUI.
    WIE IMMER SCHLÄGT DER SAFT DES MANNES DAS HIRN UND DIE KOMMUNISTISCHE PARTEIFÜHRUNG.
    Wer schreibt mit oder weiter oder gar nicht?

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