Der S&P 500 ist der Weltleitindex schlechthin, mit einer Marktkapitalisierung von über 32 Billionen Dollar und im MSCI World Index mit über 65 Prozent gewichtet. Was treibt diesne Index derzeit an? Natürlich die Gewinne seiner 500 Mitglieder, könnte man meinen. Wirklich? Jein, denn es gibt noch einen wesentlichen Faktor, von dem jeder schon gehört hat. Zu einfach, um wahr zu sein? Aber ein Chart sagt mehr als 1000 Worte.
S&P 500 und die Uraltregel von Jack Bogle
Der legendäre Gründer der Vanguard Group und zugleich lange Zeit „verhasste“ Pionier von Indexfonds, John „Jack“ Bogle, hatte eine einfache Erklärung, wann Aktienkurse steigen: Wenn die Gewinne der Unternehmen steigen, ebenso wie die Dividenden – und die Kurs/Gewinnverhältnisse nach unten gehen. Demzufolge hätte es nach der jetzigen Berichtssaison für Q1 eine wahre Kursexplosion auch für den S&P 500 geben müssen.
Die bisher gemeldeten Unternehmen haben die Schätzungen um über 22 Prozent übertroffen (der übliche Durchschnitt liegt bei 3-5 Prozent), die Dividenden wurden durchschnittlich um 5 Prozent angehoben (keine einzige Kürzung) und durch den Anstieg der gemeldeten Gewinne um 46 Prozent sinkt das P/E-Ratio gewaltig. Und was machten die Aktienkurse? Sie stagnierten, auch bei richtigen positiven Ausreißern. Warum? Die Investoren fürchten sich vor einer Verringerung des Hauptunterstützungsfaktors, der zuletzt mehr Bedeutung hatte als reine Unternehmenszahlen.
Die (Geld)Flut hob den großen Tanker
Der Tweet von Holger Tschäpitz (Welt) zeigt eine eindeutige Korrelation.
S&P500 continues to trade in tandem w/global liquidity. Just saying! pic.twitter.com/fQllyFNq2S
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) May 2, 2021
Kurzfazit
Was für ein Zusammenhang und welche Zwickmühle für Fed-Chef Jerome Powell. Damit ist jedem klar, was die derzeitige Rallye, die den S&P 500 von 676 Punkten (2009) jetzt schon auf 4217 Punkte in der Spitze getrieben hat – und was sie beenden könnte: Das unvermeidliche Tapering, also die Verringerung der Summe der monatlichen Anleihekäufe in Höhe von 120 Milliarden Dollar, von einer Verringerung der Bilanz erst gar nicht zu reden.
Sucht Powell deshalb ständig nach Begründungen für das Unvermeidliche, angesichts einer boomenden Wirtschaft? Vollbeschäftigung und zuletzt das Erreichen einer Impfquote von 80 Prozent in der amerikanischen Bevölkerung? Hofft der oberste Notenbanker vielleicht auf viele Impfverweigerer, um es einmal zynisch zu formulieren? „Lass den Kelch an mir vorübergehen!“
Die Quadratur des Kreises: Entweder boomt die Wirtschaft und das Quantitative Easing muss ein Ende finden sowie die gedeckelten Zinsen – oder sie tut es nicht und die Unternehmensergebnisse rechtfertigen nicht die gestiegenen Bewertungen im Leitindex S&P 500. Gibt es etwas dazwischen?
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Mal ganz zynisch: Das Schlimmste, was jetzt passieren kann, ist eine anspringende Wirtschaft mit auch nur moderat steigenden Inflationsraten. Dann müssen die Zentralbanken die Geldpolitik straffen (und die Wertpapiermärkte crashen), wenn sie den Geldwert nicht zerstören wollen.
Wenn es einfach so weitergeht wie in den letzten 10 Jahren, gibt es keinen Grund, die bisherige Geldpolitik zu verändern. Die Verbraucherpreisinflation bliebe moderat und der Anstieg der Vermögenspreise wäre ja gut (jedenfalls für die, die schon Aktien und Immobilien hben). Es gäbe jedenfalls keine so harten Nebenwirkungen, dass man auf die Bremse treten müsste.