Aktien

Eine gesündere Marktbreite zeichnet sich ab Tech-Aktien: Die Rally, die alle schockiert hat, weitet sich aus

Der große Kritikpunkt an der diesjährigen Aktien-Rally ist, dass sie größtenteils nur auf einem halben Dutzend Unternehmen beruht, die von dem KI-Hype profitieren. Diese Kritik könnte nun widerlegt werden. Denn die letzte Woche hat gezeigt, das sich die Rally an den US-Börsen inzwischen über den Tech-Bereich hinaus ausweitet. Es sind nicht nur die Big Techs, wie Nvidia, Microsoft und Alphabet, die die Rally tragen, sondern auch Aktien aus allen anderen Sektoren des marktbreiten S&P 500 Index.

Neben einem weiteren mitreißenden Kursanstieg in dieser Woche gab es ebenfalls Anzeichen für eine zunehmend gerechtere Verteilung der Kursgewinne bei Aktien, einschließlich der besten Woche für Small Caps seit März. Zudem ließ sogar der S&P 500 Equal Weight Index, also der Index, in dem alle Unternehmen gleich bewertet sind, den traditionellen S&P 500 hinter sich. Branchen, die zuvor hinter hinkten – vom Transportwesen über den Immobiliensektor bis hin zum Energiesektor – waren dieses Mal führend.

Marktbreite: Die Rally weitet sich aus

Die Vorstellung, dass sich die Kursgewinne ausweiten würden, nachdem sie sich auf eine kleine Gruppe von Big Tech-Werten konzentriert hatten, die von der künstlichen Intelligenz profitieren, erhielt diese Woche Auftrieb durch eine Reihe von überzeugenden Konjunkturdaten. Diese deuten erneut darauf hin, dass eine mögliche Rezession noch in weiter Ferne liegt. Wie Bloomberg aktuell berichtet, profitieren Aktien aller Art davon, neun von zehn S&P 500-Mitgliedern stiegen diese Woche an. Die gleichgewichtete Version des S&P 500 Index übertraf die traditionelle Version um 1 Prozentpunkt und verzeichnete die beste Woche seit Januar.

„Jeder redet von den „glorreichen Sieben“, aber sie sind nicht die einzigen, die im Moment wirklich stark sind“, sagte Jeff Muhlenkamp, dessen Muhlenkamp Fund seine Bargeldbestände von 35 % im Februar auf 15 % reduziert hat und Aktien von Häuslebauern, einem Finanzunternehmen und einem Medienunternehmen kaufte.

„Vor sechs Monaten habe ich mit einer Rezession gerechnet, aber jetzt sieht es etwas weniger wahrscheinlich aus“, fügte er hinzu. „Wir sind etwas optimistischer, was die Wirtschaft angeht, als wir es noch vor drei oder vier Monaten waren. Deswegen haben wir ein bisschen Geld in die Hand genommen.“

Der technologielastige Nasdaq 100 ist in der ersten Jahreshälfte um fast 40 % gestiegen und hat damit einen Großteil seiner Verluste aus dem Jahr 2022 wieder wettgemacht. Eine Handvoll der größten Aktien – die vom Boom der künstlichen Intelligenz profitieren – ließ den S&P 500 Index um rund 16 % steigen. Der Russell 2000, der oft als Indikator für die Gesundheit von Small Caps gilt, verzeichnete einen bescheideneren Anstieg von 7,2 %.

S&P 500 Index: Die Rally weitet sich auf alle Sektoren aus - Marktbreite
Anleger kaufen Aktien aufgrund der robusten Wirtschaft

Rekordzuflüsse an den US-Börsen

Mühlenkamp ist nicht der einzige, der kauft. Der Invesco S&P 500 Equal Weight ETF ist auf dem Weg zu einem Rekordzufluss von fast 5 Mrd. USD für den Monat Juni, so die von Bloomberg zusammengestellten Daten. Der ETF, der den Russell 2000 abbildet, zog im gleichen Zeitraum etwa 1,8 Milliarden Dollar an frischem Geld an und ist damit auf dem besten Weg, den größten Zuwachs seit Februar 2021 zu verzeichnen. Der Optimismus trug dazu bei, dass der Russell 2000 im Juni erstmals in diesem Jahr den Nasdaq übertraf.

Eine 6-Billionen-Dollar-Rally war nicht das, was einige Top-Strategen der Wall Street für 2023 vorausgesagt hatten. Noch im Januar erwarteten die von Bloomberg erfassten Strategen, dass der S&P 500 das Jahr bei 4.050 Punkten beenden würde. Es wäre zwar noch Zeit, dass sich ihre Prognosen als richtig erweisen, aber es ist bemerkenswert, dass der Index jetzt schon 400 Punkte über diesem Ziel liegt.

Gute Konjunkturdaten und nachlassende Inflation

Während die PCE-Preisdaten vom Freitag eine Stagnation der Verbraucherausgaben und eine Abkühlung der Inflation zeigte, übertrafen frühere Daten zu allen Bereichen, vom Bruttoinlandsprodukt bis hin zu den Verkäufen neuer Häuser und Aufträgen für langlebige Güter, die Prognosen.

Insgesamt ist der Bloomberg-Index, der wirtschaftliche Überraschungen erfasst, seit Anfang April in allen Wochen bis auf zwei gestiegen und hat den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren erreicht.

Diese Unerschütterlichkeit und die Signale des Vorsitzenden der Federal Reserve Jerome Powell, der für 2023 zwei weitere Zinserhöhungen in Aussicht stellte, ließen die Renditen von Staatsanleihen in die Höhe schnellen. Doch anders als im Jahr 2022, als die Aussicht auf höhere Kreditkosten die Aktien ins Taumeln brachte, wird dies jetzt als Bestätigung wahrgenommen, dass eine weithin befürchtete Rezession nicht unmittelbar bevorsteht.

„Das trägt zu diesem Narrativ bei“, sagt Lauren Goodwin, Ökonomin und Portfoliostrategin bei New York Life Investments. „Eine Ausweitung der Wirtschaftsleistung kann den Optimismus für die Entwicklung an den Aktienmärkten auf breiterer Basis schüren.“ Erste Anzeichen einer gesünderen Marktbreite sehen wir bereits.

Eine Folge der robusten Wirtschaft war ein Rückgang der Volatilität (VIX), und zwar nicht nur bei Aktien. Ein von der Bank of America geführtes Maß für das anlageübergreifende Risiko ist im Jahr 2023 stetig gesunken, abgesehen von einer Spitze während der Bankenkrise im März. Die gedämpfte implizite Volatilität unterstützt die Hausse, so John Kolovos, technischer Chefstratege bei Macro Risk Advisors.

Bank of America Indikator zeigt den Rückgang der Volatilität

„Diese ganze makroökonomische Sorge, die wir hatten, hat sich verflüchtigt“, sagte er. „Wenn ein Indikator anzeigt, dass die makroökonomische Unsicherheit sehr gering ist, ist das ein enormer Rückenwind für eine Aktien-Rally“.

Bessere Gewinnaussichten?

Die FAANG-Euphorie bzw. der kräftige Anstieg der glorreichen Sieben mag den ganzen Hype ausmachen, aber die Gewinnaussichten für Small Caps werden sich im Laufe dieses Jahres voraussichtlich verbessern. Während das Gewinnwachstum der Russell-2000-Firmen im dritten Quartal hinter dem ihrer größeren Pendants zurückbleiben dürfte, wird es sich in den nächsten vier Quartalen erholen, wobei die Gewinne bis Mitte 2024 mehr als dreimal so schnell wachsen werden wie die des S&P 500, wie von Bloomberg Intelligence zusammengestellte Daten zeigen.

Die Performance von faktorbasierten Indizes (Smart Beta ETFs) signalisiert ebenfalls eine zunehmende Marktbreite. Im Juni schnitt der Dow Jones U.S. Thematic Market Neutral Momentum Index, der auf der Grundlage der jüngsten Renditen die Gewinner des Marktes gegen die Verlierer aufkauft, schlechter ab als andere beliebte Strategien wie Value, die auf billige Aktien abzielen. Im laufenden Jahr war das Gegenteil der Fall, obwohl keiner der beiden Faktoren besonders gut abgeschnitten hat.

Momentum Faktor hinkt hinterher – Outperformance von Value-Strategie

Aktien: Anzeichen für gesündere Marktbreite

„Je mehr wir sehen, dass die Dynamik bei Momentum-Aktien wie Tech abflacht und sich schlechter entwickelt als der Rest der Faktoren, desto besser wird die Marktbreite“, sagt Omar Aguilar, Chief Executive Officer und Chief Investment Officer von Schwab Asset Management.

Wie sich die Anleger am Ende des ersten Halbjahres 2023 fühlen, hängt natürlich davon ab, worauf sie ihr Augenmerk richten: eine invertierte Renditekurve, der Anstieg des Nasdaq, die Politik der Zentralbanken oder etwas ganz anderes. Ein solider Monat für kleinere Unternehmen garantiert noch nicht, dass die Märkte wieder im Reinen sind, dass eine Rezession vermieden wird oder dass der S&P 500 seinen Höchststand von 2022 wieder erreichen könnte.

Aber es ist auf jeden Fall ein Trend, der erwähnenswert ist, sagte Kolovos von Macro Risk Advisors.

„Die Dinge sind in Bezug auf die Marktbreite viel weniger schlecht“, sagte er. „Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass sie schon großartig sind, aber sie entwickeln sich positiv.

FMW/Bloomberg

Traders on the floor of the New York Stock Exchange (NYSE). Foto: Bloomberg


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