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Ukraine vs Russland: 3 Mrd Euro-Streit in London absolut entscheidend!

FMW-Redaktion

Seit Monaten schwelt der Streit zwischen der Ukraine und Russland bzgl. einer 3 Milliarden Euro-Anleihe aus 2013, die die Ukraine Ende Dezember planmäßig an Russland zurückzahlen sollte. Diesse Rückzahlung unterblieb, wodurch die Ukraine seit Ende 2015 de facto in der Staatspleite ist. Global wahrnehmen möchte die internationale Finanzgemeinde das nicht, denn in diesem Fall ist der Gläubiger Russland ja ein böser Gegenspieler, den man mit Sanktionen blockiert. Die Ukraine als Partner des Westens offiziell als pleite gegangenen Staat anzusehen, durfte nicht zugelassen werden, also wird diese Tatsache einfach ignoriert, bis heute.

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Es wird eng für Arsenij Jazenjuk, Premierminister der Ukraine. Foto: Ybilyk/Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Der IWF baute sogar seine Regularien über Nacht um. Wer seine Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann (Pleite), kann trotzdem weiter Geld vom IWF erhalten – die „Lex Ukraine“, wie man sie jetzt auch nennt. Warum gerade ist diese 3 Milliarden Euro-Forderung Russlands gegen die Ukraine so entscheidend gegenüber den vielen anderen Forderungen, die zwischen den beiden Ländern und ihren Unternehmen bestehen? „Staatsschulden“ ist das entscheidende Stichwort. Auch der IWF bescheinigte Russland, dass es sich bei diesem Anleihegeschäft ganz klassisch um ein Kreditgeschäft zwischen zwei Staaten handelt, und nicht um eine privatwirtschaftliche Angelegenheit.

Zahlt die Ukraine nicht, ist sie als Staat pleite – wie vorher erwähnt, ist dieser Fall längst eingetreten. Jetzt will Russland sich als nächsten Schritt vor einem britischen Gericht (London High Court), das gemäß den Anleihebedingungen für Streitigkeiten zuständig ist, eine „westliche“ Legitimation einholen. Am letzten Mittwoch wurde die Klage gegen die Ukraine offiziell eingereicht. Mit dieser Bestätigung durch ein unabhängiges „westliches“ Gericht, dass die Ukraine zahlen muss, würde selbst dem letzten Marktbeobachter und Politiker im Westen nichts mehr übrig bleiben als eine Insolvenz der Ukraine festzustellen. Daher ist dieser Streit so immens bedeutend für die Ukraine als Staat. Dann könnte man keinem Bürger mehr guten Herzens erklären, warum „EU-Strukturkredite“ oder Sonstiges in die Ukraine fließen – dann müsste man nämlich sofort alles als Schenkung deklarieren, so meinen wir – „ehrlich machen“ heißt es ja heutzutage so oft. Andere gegenseitige Forderungen zwischen den beiden Ländern verblassen gegen diesen Streit, auch wenn die Summe hier viel kleiner ist.

Z.B. wäre da die Klage des ukrainischen Gasanbieters Naftogaz gegen den russischen Staatskonzern Gazprom. Man fordert vor einem schwedischen Gericht 26 Milliarden US-Dollar Schadenersatz. Hauptsächlich geht es darum, dass Gazprom das Gas zu überhöhten Preisen verkauft haben soll. Im Gegenzug fordert Gazprom 32 Milliarden Dollar von Naftogaz für hauptsächlich unbezahlte Gaslieferungen. Auch will der ukrainische Präsident Poroschenko Russland in Den Haag auf 36 Milliarden Dollar verklagen wg. der Krim-Annexion. Die ukrainische Staatsbank Oschadbank fordert von Russland aus dem selben Grund 15 Milliarden Dollar.

Abgesehen von Inhalt oder den Erfolgsaussichten der im vorigen Absatz erwähnten Streitigkeiten geht es in keinem der Fälle um ukrainische Staatsschulden in Form von Anleihen, die über ihre Fälligkeit hinausgelaufen sind. Daher ist dieser eine 3 Milliarden Euro-Streit der alles Entscheidende für das Land. Hier geht es um eine Anleihe, zementiert in vorher vereinbarten Anleihebedingungen, mit einem britischen Gericht als Anlaufstelle für Streitigkeiten. Nach unserer Meinung gibt es keine Zweifel, dass die Ukraine zahlungspflichtig ist und längst einen „Default“ hingelegt hat – das ist entscheidend für die internationalen Kreditmärkte, von denen die Ukraine dann für lange Zeit abgeschnitten sein könnte.

Heute betonte der russische Vize-Finanzminister Sergej Storchak die Ukraine habe bis zum 4. März Zeit auf die eingereichte Klage in London zu reagieren. Dann werde das Gericht eine Anhörung ansetzen. Man selbst habe seine Klagegründe ja bereits vorgebracht – nun sei die Ukraine am Zug. Dieser Londoner Prozess, bei dem es ja letztlich um die entscheidende Frage geht, ob die internationale Finanzcommunity die Ukraine offiziell als Zahlungsverweigerer zu betrachten hat oder nicht, könnte sich noch zwei Jahre hinziehen. Der einzige Vorteil für die Ukraine: Man hat erst mal wieder ein wenig Zeit gewonnen.




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2 Kommentare

  1. Ukraine Schulden kaufen sowieso nur noch Investoren die auf eine Pleite spekulieren. Das große Problem wurde u.a. durch die Umschuldung geschaffen, verhandelt von der US Ukrainischen Finanzministerin, die schon auf Jobsuche in Washington ist. Da wurden die Tilgung der Kredite wegen den IWF Vorgaben auf das Ende des 4 Jährigen IWF Programms gelegt. Bei allen neu aufgelegten Anleihen beginnt dort auch die Tilgungsphase. Wenn die Phase beginnt muss die Ukraine in hohen Umfang neue Anleihen ausgeben um die alten zu bedienen. Das könnte nur funktionieren, wenn die Ukraine in 3 Jahren zu den Boom Land von Europa würde. Daran glaubt sicher keiner mehr, sondern die Ukraine wird die nächste Jahre praktisch Pleite bleiben.

    Reformen wurden nach den Euromaidan ja auch nicht beschlossen, sondern man hat sich ganz auf den Krieg mit Russland konzentriert. Die Investoren aus Ost und West wurden auf Jahre hin gergrault. Da investiert keiner mehr in veraltete überschuldete Ukrainische Industrie.

  2. Die Umschuldung ist nur auf dem Papier die neue Anleihe U18U3A ist nach 6 Monaten immer noch nicht eingebucht. Die Ukraine trickst und ist total unseriös. Russland verhält sich seriöser am Finanzmarkt.

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