Asien

Warum China explodieren wird!

Von Markus Fugmann

Nassim Taleb, der Erfinder des Begriffs „Schwarzer Schwan“ (also das Auftreten eines völlig unerwarteten Ereignisses – lange galten schwarze Schwäne als nichtexistent, bis man dann mit der Entdeckung Australiens eines Besseren belehrt wurde), hat immer wieder gesagt, dass vermeintlich superstabile Diktaturen gefährdeter seien als etwa ein Land wie Italien, das in der Vergangenheit extrem viele Regierungswechsel erlebt hat. Was also monolithisch, homogen, extrem stabil scheint wie eine Diktatur in China, wird leichter untergehen als ein vermeintlich völlig chaotischer Staat wie Italien. Und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass China explodieren wird, sprich dass das aktuelle Großreich in nicht allzu ferner Zeit bröckeln wird.

Warum das so ist? Weil China vor einem ökonomischen Knall steht, der alles übersteigt, was wir bisher kannten. Und das liegt nicht etwa an einem möglichen Crash der Aktienmärkte in China – diese sind weitgehend irrelevant in größerem Maßstab, es ist eine Veranstaltung von chinesischen Privatzockern. Die Aktienmärkte in China sind trotz der Rückgänge extrem teuer (KGV weit über 50 und damit fast dreimal so viel wie die teuersten Märkte des Westens) – das kann und wird auf Dauer nicht gut gehen. Aber dieses Porblem ist für China vergleichsweise gering.

Sehr viel wichtiger, ja entscheidend ist für China ein einziges Wort: Kredit! Die wirkliche Blase in China sind die Kreditmärkte, vor allem der Markt für Unternehmensanleihen und die von Schattenbanken vergebenen Kredite. Für die Kredite von Schattenbanken liegen keine genauen Zahlen vor, Schätzungen gehen aber davon aus, dass die Quote fauler Kredite mindestens bei 20% liegt. Vermutlich jedoch eher höher – viele schaffen es nicht einmal, die fälligen Zinsen zu bezahlen, geschweige denn die Schulden selbst zurück zu führen.

Da nichtstaatliche Firmen praktisch keine Chance haben, von staatlichen Banken Kredite zu bekomen, haben sie bei eben diesen Schattenbanken Kredite aufgenommen – zu horrenden Zinskonditionen. Im Abschwung aber wird die Rückführung dieser Schulden immer schwieriger, wenn nicht unmöglich, gerade in einigen Branchen wie Stahl, Kohle etc.

Ebenso dramatisch ist das Bild bei Unternehmensanleihen. Als die Aktienmärkte in China im Sommer letzten Jahres crashten, kam es zu einem explosionsartigen Anstieg von über Unternehmensanleihen aufgenommen Krediten. Dazu ein Ausschnitt aus unserem Artikel „China: wo die wirklich gefährliche Blase ist!“:

„Als die Blase an den Aktienmärkten in Shanghai und Shenzhen platzte und ca. fünf Billionen (!) Dollar vernichtete, flohen viele Investoren in den Markt für Unternehmensanleihen. Dieser Markt schien ein sicherer Hafen zu sein angesichts des Crashs am Aktienmarkt. Und weil Börsengänge für viele Firmen Chinas während des Crashs nicht mehr in Frage kamen, emitierten sie Unternehmensanleihen, um sich die nötigen Gelder zu beschaffen. Die Folge: der Markt wurde immer größer, immer mehr Gelder strömten in den Kauf dieser Anleihen – nun umfaßt der Markt für Unternehmensanleihen im Reich der Mitte bereits 6,7 Billionen Dollar. Alleine im letzten Quartal stieg die Anzahl der emitierten Unternehmensanleihen um sagenhafte 91%!

Anders als in westlichen Ländern, wo die Renditen (also die Risikoprämien) für Unternehmensanleihen zuletzt stark gestiegen sind (Glencore etc.), war in China das Gegenteil der Fall. Die Kurse der Anleihen stiegen, die Risikoprämien fielen. Das wiederum führte zu absurden Bewertungen zu einer Zeit, in der die Gewinne der chinesischen Unternehmen deutlich sinken im Gefolge des Abschwungs.“

Hier findet sich die eigentliche Blase Chinas: nun nämlich beginnen die Risikoprämien deutlich zu steigen, was es für Firmen immer schwieriger macht, neue Unternehmensanleihen zu emittieren. Es ist eine gigantische Blase entstanden, die sich paradoxerweise in Reaktion auf den Crash der Aktienmärkte noch einmal dynamisch weiter aufgebläht hat. Und wie jede Blase wird auch diese Blase platzen – mit der Folge, dass das gesamte Finanzsystem Chinas ins Wanken kommen wird, weil die Dimensionen so gigantisch sind.

Die Bevölkerung wird dafür dann die Regierung verantwortlich machen. Sie hat die Menschen in Aktien getrieben, sie hat es zugelassen, dass der Aufschwung auf Pump finanziert wurde. Wenn der große Knall dann kommt, wird auch Chinas KP wanken, wenn nicht vom Sockel gestoßen werden. Denn die KP bezieht die Rechtfertigung ihrer Diktatur allein daraus, dass sie es geschafft hat in den letzten Jahrzehnten, den Lebensstandard der Menschen zu heben. Platzt die Illusion, dass es mit dem Wohlstand immer weiter nach oben geht, wird vor allem die vom Abstieg bedrohte Mittelschicht unruhig. Sie hat viel zu verlieren, und der Statusverlust wird extrem schmerzhaft werden für diese in den letzten Jahren immer größer gewordene Schicht. Und es wird Provinzen (vor allem im rohstoffreichen Norden des Landes mit überwiegend muslimischer Bevölkerung) geben, die sich nicht mehr von Peking aus diktieren lassen wollen, was man zu tun oder zu lassen hat.

China, dessen Aufstieg unaufhaltsam schien, steht vor schweren Zeiten. Machen Sie sich auf das kommende Erdbeben gefaßt..



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10 Kommentare

  1. Hallo Herr Fugmann. Vielen Dank für diesen Artikel. Was schlagen Sie vor wie man sich vor diesem kommenden Erdbeben schützen soll (Gold, Silber?) Was würde passieren wenn jedoch China seine Goldreserven auflösen würde ??
    Oder ein anderer Staat – wie weit würde Gold fallen?

    1. Hallo @Christian,

      sie sprechen da einen sehr umfassenden Zusammenhang an – ich versuche, ihre Fragen in einem gesonderten Artikel in den nächsten Tagen zu beantworten!

      Viele Grüsse!

  2. Die Frage ist doch: Wer sind die Gläubiger der Anleihen? Inländer oder Ausländer? Und zu berücksichtigen ist ferner, wie das Geld verwendet wurde. Anders als die USA nutzte China die Verschuldung ja auch zur Verbesserung der Infrastruktur und nicht nur für Konsum und Militär.

  3. Spitze, Herr Fugmann! Dieser Beitrag gehört definitiv nach ganz oben in den blauen Bereich! Anders etwa als jener Ihres Mit-Steuermanns, pardon: Leichtmatrosen, der so ganz anderer Auffassung zu sein scheint…

    Anbei ein paar ganz anschauliche Ansichten von vor Ort zu den Voraussetzungen für die genannte Kreditblase, die auch uns noch sehr schwer auf die Füße fallen könnte:

    http://www.zerohedge.com/news/2016-01-08/shocking-photos-chinas-creepiest-modern-ghost-town

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