Das Dragon Boat Festival in China hat unter Ökonomen große Aufmerksamkeit erregt, da es als Indikator für die Stimmung der chinesischen Konsumenten gilt. Die wirtschaftlichen Ergebnisse spiegeln den anhaltenden Trend wider und werfen Fragen zum Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung auf. Gleichzeitig zeigen weitere Faktoren wie der Immobilienmarkt, die Yuan-Abwertung, die Rohstoffmärkte und die Frachtraten, dass die wirtschaftliche Erholung in China noch Herausforderungen birgt.
Dragon Boat Festival: Konsumenten in China halten Ausgaben zurück
Unter den Ökonomen war das Dragon Boat Festival mit Spannung erwartet worden, denn es gilt als guter Indikator dafür, wie die Stimmung unter den chinesischen Konsumenten derzeit ist. Die staatliche Presse schürte die Erwartung, dass die Ergebnisse aus dem dreitägigen Festival die von 2019 übertreffen würden: „Die China Tourism Academy erwartet während dieses Zeitraums 100 Millionen Touristen, was die Zahlen von 2019 übertrifft. Die Prognose für die mit dem Tourismus verbundenen Ausgaben liegt bei 37 Milliarden Yuan“ (4,8 Milliarden Euro).
Was CGTN wohlweislich verschwieg: Schon die erwarteten 37 Milliarden Yuan an Ausgaben lagen unter dem, was die Touristen vor vier Jahren aufwendeten. Natürlich wurden die Erwartungen übertroffen. Mit 37,3 Milliarden Yuan lag das Gesamtbudget deutlich unter dem von 2019 mit 39,3 Milliarden Yuan (5,1 Milliarden Euro).
Insgesamt bestätigte sich der Trend der letzten Kurzfeiertage: Die Menschen reisten insgesamt mehr als vor der Pandemie, allerdings zu nähergelegenen Zielen mit einem kleineren Budget. Es wurden 12,8% mehr Trips unternommen im Vergleich zu 2019. Bei den insgesamt 42.997 Flügen (2019: 40.166) wurden nach Angaben von Airportia 38,4 Millionen Meilen zurückgelegt, während es vor vier Jahren noch 39,3 Millionen Meilen waren.
Einzig an den Kinokassen kam Freude auf. Die Filmvorführhäuser zählten 5,1% mehr Umsätze als vor Corona. Dabei mag das Wetter ein entscheidender Faktor gewesen sein. Der Norden ächzte unter dem heißesten Juni seit den Wetteraufzeichnungen, während im Süden der Pfirsich-Blüten-Regen, die sehr viel poetischere chinesische Umschreibung für den alljährlichen Monsun mit zum Teil unwetterartigen Niederschlägen, die Menschen im Regen stehen ließ.
Insgesamt passten die wirtschaftlichen Ergebnisse des Drachenbootfestes zur Stimmung der letzten Monate: Die Konsumenten in China sind entweder nicht bereit oder nicht in der Lage, mehr Geld als vor Corona auszugeben. Wobei es vielleicht korrekter wäre, beide Aussagen mit einem „und“ zu verbinden. Schon seit Monaten predigen Experten, dass die Regierung „das Vertrauen wiederherstellen“ muss. Offenbar hat die erratische Null-Covid-Politik viel mehr Porzellan zerschlagen, als sich die Verantwortlichen vorgestellt haben.
Immobilienpreise sinken in China unter Vorjahresniveau
Warum die Menschen weniger Geld zur Verfügung haben, verrät ein Blick auf den Immobilienmarkt. Ca. 70% des chinesischen Vermögens sind in Wohnungen gespeichert. Dieser Wertspeicher hat im Zeitraum Januar bis Mai 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3% abgenommen. Diese Zahl betrachtet nur das Wohneigentum, das von einem Vorbesitzer übernommen wurde, und lässt die zusätzlichen Kosten wie z.B. höhere Kredite, um den Wertverlust bei der Abschlagszahlung zu kompensieren, unberücksichtigt.
Was wir hier sehen, ist der Vermögensverlust bei dem Großteil der chinesischen Mittelschicht. Und dieser wird sich potenziell in dem nächsten Jahrzehnt fortsetzen. Bezogen auf die monatliche Veränderung nahmen die Preise um 0.2% und 2.6% im Jahresvergleich ab. Bei den neu gebauten Wohnungen fiel der Preis in den ersten fünf Monaten gegenüber dem Vorjahr um 1.3%, um 0.5% im Vergleich zum Vorjahresmonat und stieg um 0.1% im April.
Die Yuan-Abwertung setzt sich fort
Die People’s Bank of China legte den Kurs des Yuan gegenüber dem Yuan auf 7.2208 fest. Damit verlor er gegenüber dem Vortag leicht an Wert, notierte aber wieder stärker als am Montag, wo er mit 7.2425 festgelegt wurde. Ein Analyst beschrieb die Situation mit den Worten: „Pessimismus über die wirtschaftliche Erholung in China und die Abweichung der Politik von den USA belasten weiterhin die Stimmung“. Die chinesische Währung steht unter Druck, seit die US-Notenbank im vergangenen Jahr die Zinssätze erhöht hat, was die Renditen von US-Schatzanleihen über die ihrer chinesischen Pendants hinausgetrieben hat und globale Investoren veranlasst hat, chinesische Schulden in Yuan abzustoßen.
„Bislang ist der Yuan in diesem Jahr um 2,2 Prozent gegenüber dem China Foreign Exchange Trade System (CFETS)-Währungskorb gesunken, während die Inflationsdifferenz und der Realzinsrückgang in China bei etwa drei bis vier Prozent lagen. China schwächt die inländische Nachfrage, um einen größeren Handelsüberschuss zu erzielen“, so ein Analyst. Der internationale Gebrauch des Yuan hat sich laut Swift in letzter Zeit leicht erhöht. Der Anteil des Yuans an den globalen Zahlungen stieg von 2,29 im April auf 2,54 im April. Im Januar 2022 erreichte er seinen Höchststand von 3,2 Prozent.
Am Dienstag griffen die monetären Behörden Chinas erstmals seit fast acht Monaten energisch gegen die fallende Währung ein. Chinesische Staatsbanken unternahmen Maßnahmen, um den Yuan zu stabilisieren, während die Zentralbank einen stärker als erwarteten Wechselkurs festlegte und Staatsbanken Dollar verkauften. Diese Maßnahme deutet darauf hin, dass die People’s Bank of China zunehmend unzufrieden mit der Schwäche des Yuan ist. Ein Analyst kommentierte: „Es ist möglich, dass der Yuan kurzfristig weiter schwächer wird, da die Zentralbanken der entwickelten Märkte hawkish sind als erwartet und sich Chinas Wachstumserholung langsamer entwickelt als erwartet, insbesondere ohne stärkere Konjunkturmaßnahmen. Der Yuan könnte auf etwa 7,3 pro Dollar fallen. Bis zum Ende des dritten oder vierten Quartals sehen wir jedoch Spielraum für eine Stabilisierung und einen leichten Anstieg.“
Berichten zufolge verfügt China aber über drei Billion Dollar an „verheimlichten“ Währungsreserven.
Rohstoffe signalisieren keine Erholung der Wirtschaft in China
Auch die Rohstoffmärkte signalisieren keine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Stahl verbilligte sich um weitere 2%, Lithium um 1%, während der Kohlepreis stabil blieb und der Index für Rohmaterialien um 0,8% stieg.
Frachtraten sinken weiter
Der Drewry World Container Index (WCI) sank um weitere 2,7% auf 1.494,46 US-Dollar pro 40-Fuß-Container. Im Jahresvergleich kosteten Container nun 78,9% weniger. Die Raten von Shanghai in die wichtigsten Häfen wie Los Angeles, New York und Rotterdam sanken weiter, und mit 1.313 US-Dollar pro 40-Fuß-Container erreichte die Shanghai-Rotterdam-Route als erste wieder ein Niveau vor Covid. Insgesamt liegen die Frachtraten noch 5% über den Preisen vor der Pandemie. Drewry erwartet weiter sinkende Preise, obwohl nun eigentlich die Hochsaison ansteht, in der die Preise bis Oktober steigen sollten.
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