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Warum Netflix NICHT vom Coronavirus profitiert!

Netflix Beispielfoto

Es liegen interessante Tage hinter uns. Der Markt crashte wie zuletzt vor mehr als zehn Jahren. Doch einige Unternehmen, obwohl stärker von einem funktionierenden Kapitalmarkt abhängig denn je, performten deutlich besser als der Gesamtmarkt. Netflix zum Beispiel. Das Narrativ dahinter: Wenn die ganze Welt zuhause unter Quarantäne gestellt wird, profitiert der Streaminganbieter davon. Denn was werden all die Menschen zuhause tun, wenn nicht kostenpflichtig fernsehen? Die Sache hat nur einen Haken: Netflix ist deutlich anfälliger für eine Krise als viele andere Unternehmen! Wäre Netflix ein solide durchfinanziertes Unternehmen, das das Tagesgeschäft aus laufenden Einnahmen finanzieren kann und langfristige Lieferverträge mit seinen Kunden abschloss, könnte man dem Narrativ folgen. Ja, dann könnte Netflix davon profitieren, dass bald vielleicht dutzende Millionen Menschen in Netflix‘ Märkten zuhause sitzen müssen oder wollen. Doch so ist es nicht.

Netflix erzielt nur auf dem Papier Gewinne

Fangen wir damit an, dass Netflix (hier die letzten Quartalszahlen) zwar auf dem Papier Gewinne erzielt, aber einen negativen Cashflow hat. Das heißt: Ohne die konstante Zufuhr frischen Kapitals ginge das Unternehmen schon bald das Licht aus. Gewinne kann man nur deshalb vorweisen, weil Eigenproduktionen kapitalisiert und damit nicht als Kosten verbucht werden. Das heißt, die hohen Ausgaben für selbst produzierte Filme und Serien werden nicht als Kosten behandelt, sondern stellen in der Bilanz lediglich einen Tausch zwischen Cash- und Anlagegütern dar. Die kapitalisierten Ausgaben werden dann langsam im Verlauf etlicher Jahre abgeschrieben.

Dadurch kann Netflix zwar einen Gewinn auf dem Papier ausweisen. Das Geld ist aber trotzdem erst einmal weg. Und da Netflix mehr Geld ausgibt, als sie einnehmen, läuft ohne neue Kredite bald nichts mehr. Im Falle einer Krise ist es jedoch zweifelhaft, ob Netflix überhaupt noch Kredite bekäme und wenn ja, wie hoch der Zinssatz für diese ausfiele. Übrigens: Ob die kapitalisierten Ausgaben für eigene Produktionen überhaupt soviel wert sind, wie die Bilanz ausweist, gilt es erst einmal zu beweisen. Den Wert eines Films oder einer Serie bestimmen nicht die Produktionskosten, sondern der Markt. Findet das Unternehmen niemanden, der bereit ist, den Buchwert zu bezahlen, wäre eine Wertberichtigung nötig, die schnell zu Verlusten führen würde.

In der Krise kündigen Menschen eher das Netflix-Abo, statt eines abzuschließen

Auch die These, während der Quarantäne würden die Menschen besonders häufig Netflix schauen, ist zweifelhaft. Wer ohnehin schon Netflix-Abonnent ist, erzeugt durch häufigere Nutzung der Dienstleistungen nur höhere Kosten, nicht jedoch höhere Einnahmen. Eine häufigere Nutzung ist für Netflix also nur von Vorteil, wenn sie zusätzliche Kunden generiert. In den USA, wo rund 50% der Bevölkerung bereits Zugang zu einem Netflix-Account haben, wird weiteres Wachstum jedoch schwierig. Denn der Arbeitnehmerschutz ist dort deutlich schwächer ausgeprägt als in Deutschland. Wer nicht arbeitet, bekommt in der Regel auch kein Geld. Die Kreditraten laufen für die gern auf Pump lebenden US-Amerikaner jedoch weiter. In einer Situation ohne Einnahmen aber laufende Kosten ist das letzte, woran die Menschen denken werden, der Abschluss eines Abos.

Wir müssen den Spieß wahrscheinlich sogar umdrehen. In der vom Coronavirus verschärften Wirtschaftskrise ist es wahrscheinlich, dass Netflix Abonnenten verliert. Denn die Abos bei Netflix sind monatlich kündbar. Wenn das Geld knapp wird, ist die Beendigung der Dienstleistung nur wenige Mausklicks entfernt. Und da Netflix kein essentiell wichtiges Gut darstellt, dürfte die Beendigung des Abos vielen Menschen leicht fallen. Zumal gerade auch in den USA zahlreiche Kunden doppelt und dreifach mit Streaming versorgt sind. Neben Netflix gibt es schließlich zum Beispiel auch noch Amazon Prime, Hulu, Disney und diverse andere Anbieter.

Selbst wenn Netflix profitieren könnte, ist es extrem unwahrscheinlich, dass sich ein derzeit mit 155 Milliarden US-Dollar bewerteter Konzern mit negativem Cashflow und einem erwarteten KGV von 59 einem allgemeinen Marktausverkauf entgegen stemmen könnte. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass sich das Bewertungsniveau auf deutlich niedrigerem Level einpendelt, da selbst bei mehrjährigem starken Wachstum auf dem aktuellen Niveau noch immer eine fundamentale Überbewertung vorläge.



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