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Wie sich die EZB ihre Zuständigkeit fürs Klima zurecht bastelt

Die EZB fühlt sich zunehmend auch für das Klima zuständig. Mit einer aktuellen Studie verbindet sie warmes Wetter mit höheren Preisen.

In der Satzung der EZB steht niedergeschrieben, dass es nach Artikel 105 Absatz 1 das vorrangige Ziel des EZB ist, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung dieses Ziels möglich ist, unterstützt das EZB auch die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Eurozone. Von Klimaschutz oder Klimawandel etc ist da keine Rede. Aber seit einiger Zeit hört man immer wieder, dass die EZB sich auch für den Klimaschutz zuständig fühlt. Und aktuell schafft sie für das Thema eine Argumentationsgrundlage.

EZB auch zuständig für Klimaschutz?

Denn wenn die EZB einfach nur sagt, sie sei nun auch für den Klimaschutz zuständig, würde sie damit zahlreiche Kritiker auf den Plan rufen, die zurecht darauf hinweisen, dass sie für Preisstabilität zu sorgen hat. Klimaschutz ist Sache der Regierungen in der Eurozone. Also muss die EZB eine Rechtfertigung bauen, wie Preisstabilität und Klimawandel verknüpft werden können. Dazu gibt es zum Beispiel auf der Webseite der EZB einen Themenbereich (hier zu finden). Dort heißt es unter anderem, man sei fest entschlossen, „im Rahmen unseres Mandats unseren Teil zum Kampf gegen den Klimawandel beizutragen“. Und bereits vor zwei Jahren präsentierte die Zentralbank einen „Maßnahmenplan zur Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten in ihrer geldpolitischen Strategie“.

Klimawandel mit Inflation verbinden

Die EZB müht sich seit Jahren darum, so zu tun, als könne sie mit ihrer Zinspolitik die Inflation steuern, oder wie zuletzt eine ausufernde Inflation in den Griff bekommen. Wie gesagt, Preisstabilität ist ihre Aufgabe. Und wenn sie die Öffentlichkeit davon überzeugen könnte, dass der Klimawandel die Inflation erhöht, dann hätte man eine Verbindung zur Kernaufgabe der EZB hergestellt. Dazu passt die heutige Veröffentlichung der EZB, eine Studie mit dem Titel „The outlook is mixed: the asymmetric effects of weather shocks on inflation“. Es geht also um den Einfluss heißer Sommer auf die Preise.

EZB blickt auf wärmeres Wetter in der Eurozone in den letzten Jahren

Die sengende Sommerhitze in der Eurozone wird sich wegen des Klimawandels künftig verschlimmern — und sie bedeutet für die Verbraucher auch höhere Preise. Das zeigt eine neue Studie der EZB. Dazu fasst Bloomberg zusammen: Überdurchschnittlich hohe Temperaturen, vor allem um die Jahresmitte, wirken sich am stärksten auf die Kosten für unverarbeitete Lebensmittel aus, heißt es in dem EZB-Papier, das die vier größten Länder des Euroraums abdeckt. Die Autoren Matteo Ciccarelli, Friderike Kuik und Catalina Martinez Hernandez nennen als mögliche Gründe eine geringere landwirtschaftliche und Arbeitsproduktivität sowie einen Rückgang der Versorgung mit frischen Lebensmitteln.

“Da der Klimawandel häufigere und heftigere Wetterschocks mit sich bringt, könnten die Volatilität und Heterogenität der Inflation zunehmen, und heißere Sommer könnten zu einem häufigeren und anhaltenden Aufwärtsdruck auf die Inflation führen”, so die Autoren. “Da sehr heiße Sommer häufiger und heftiger werden dürften, ist mit stärkeren inflationären Auswirkungen zu rechnen.”

Die Inflation bei unverarbeiteten Lebensmitteln steigt der Studie zufolge um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte, wenn die Temperaturen 1°C über ihrem historischen Durchschnitt liegen. Tritt ein solcher Hitzeschock im Winter oder Frühjahr auf, ist er in der Regel weniger gravierend und kann sogar zu einer geringeren Inflation führen.

EZB sieht höhere Preise bei höheren Temperaturen

Neben der Bewältigung der schlimmsten Preisspitze seit den 1970er Jahren erörtert die EZB, wie sich längerfristige Veränderungen in der Weltwirtschaft auf ihre Fähigkeit zur Sicherung der Preisstabilität auswirken werden. In einem jüngst veröffentlichten Papier der EZB wird argumentiert, dass Klimawandel, Wetterkapriolen und Energiewende wahrscheinlich das Produktionspotenzial beeinflussen — eine Schlüsselvariable in den Prognosen, die den Zinsentscheidungen zugrunde liegen.

Kommentar

FMW: Man sieht, die EZB ist mit voller Kraft dabei, sich beim Thema Klimawandel einzumischen und sich dafür zuständig zu fühlen. Beim Aufkauf von Anleihen könnte das zukünftig eventuell eine Rolle spielen, oder auch bei ihrer Kreditvergabe an Banken? Wer bestimmte Standards beim Thema ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) nicht erfüllt, zahlt höhere Zinsen an die EZB usw? Auf der unteren Stufe, nämlich bei den Geschäftsbanken – ist dieser Trend bereits konkret greifbar. Heute berichtete Bloomberg von Aussagen der ING Deutschland, dass man in Einzelfällen sogar Firmenkunden kündigt, wenn sie beim Thema CO2-Fingerabdruck nicht genug machen.

FMW/Bloomberg/EZB



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3 Kommentare

  1. Ich setzte hierbei auf das Bundesverfassungsgericht, daß die EZB eventuell zurechtweist, und sie an ihr Mandat erinnert.

  2. Wenn sich die EZB jetzt auch um das Klima kümmert – welches ja die größte Gefahr für die Menschheit ist, jedenfalls der westlichen Menschheit – so lässt sich immer eine Begründung finden die so oft oder auch sofort, je nach Intelligenz des Verfassers, vom Bürger als Notwendig nachvollzogen werden kann. Somit wäre das dann snktioniert. Das es trotzdem nicht die Aufgabe der EZB ist, spielt dann keine Rolle mehr, man hat ja eine Begründung vorgelegt.

  3. Es wird sich sicherlich auch eine gute Begründung finden,wenn wir eine fünfjährige Eiszeit nach
    einem Ausbruch eines Supervulkans erleben werden.
    Die Inflation wird es in so einer Lage mit ziemlicher Sicherheit nach oben treiben.
    Dann haben wir eben bei immer kälter werdenden Temperaturen eine ansteigende Inflation.
    Die realen Ursachen dafür allerdings werden dann Ernteausfälle sein,wobei der übrig gebliebene
    Teil der Menschheit einiges mehr an CO2 zum Heizen benötigen wird.Es wird dann allerdings keiner mehr
    über einen Co2 Abdruck diskutieren,da in diesem Fall eine Bevölkerungsreduzierung erfolgreich „durch
    die Natur“erfolgte. – Bitte wie alles nicht so ernst nehmen !!

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