Asien

Chinas junge Zocker treiben Aktienmärkte

Von Markus Fugmann

Chinas Aktienmärkte sind – gegen den Trend in Asien – auch heute Nacht wieder gestiegen. Der Shanghai Composite ist nun 17% im Plus seit Jahresbeginn, seit dem Juni 2014 beträgt das Plus sogar spektakuläre 83%. Damit sind ist der Index der beste Aktienmarkt-performer weltweit. Dabei waren die Konjunkturdaten aus China heute Nacht einmal mehr mau: der offizielle Einkaufsmanagerindex bei 50,1, der HSBC-Einkaufsmanagerindex sogar unter der Expansionsschwelle von 50 bei 49,6. Aber Chinas Märkte steigen weiter, trotz der Daten, wegen der Daten. Treiber ist die Hoffnung auf weitere Stimulusmassnahmen durch die People´s Bank of China. Neue Nahrung hat diese Hoffnung durch Aussagen des Notenbankchefs Zhou Xiaochuan am Sonntag erhalten: der Abschwung in China, so Zhou Xiaochuan, sei „ein bißchen zu schnell“. Subtext: es werden Stimuli kommen. Erleichterungen für Immobilienkäufer waren der Anfang.

Damit wird die Differenz zwischen realer ökomischer Entwicklung und den Aktienmärkten immer größer. Kann das gut gehen? Wahrscheinlich nicht. Denn Träger der Rally sind vorwiegend junge Börseneinsteiger ohne jede Erfahrung. So haben alleine im März vier Millionen vorwiegend jugendliche Chinesen neue Trading-Konten eröffnet – das entspricht etwa der Bevölkerung von Los Angeles. Damit ist die Zahl von privaten Trading-Konten auf neuem Allzeithoch: seit Dezember 2014 wurden 10 Millionen neue Konten eröffnet.

Eine Untersuchung der China Southwestern University of Finance and Economics hat nun ergeben, dass die Neu-Trader vorwiegend sehr junge, Börsen unerfahrene Menschen mit eher durchschnittlicher oder unterdurchschnittlicher Bildung sind. 37% der Neukunden haben einen mittleren Schulabschluss, 25% nur die „Volksschule“ besucht. Sie betätigen sich vorwiegend als Trader, weniger als Investoren – nachvollziehbar angesichts eines zunehmend schwächer werdenden Arbeitsmarkts im Reich der Mitte. Das bedeutet aber auch: kommt eine Korrektur, wird diese vermutlich heftig ausfallen – margin calls dürften dann eine Kettenreaktion auslösen, zumal die jungen Trader keine „tiefen Taschen“ haben und Verluste schnell eindecken müssen.

Ausländischen Investoren ist die Rally an China Aktienmärkten bereits unheimlich geworden. Über den Hub Hongkong verkauften sie in der letzten Woche Aktien in Shanghai, auch ETFs verzeichnen Abflüsse. Da aber Privatinvestoren für 80% des gehandelten Volumens sorgen und die jungen Chinesen fest an weitere Stimulusmassnahmen glauben, geht es insbeondere in Shanghai weiter nach oben. Die Bewertungslücke zwischen den Märkten in Shanghai und Shenzhen gegenüber dem Hongkonger-Aktienmarkt wird dabei immer größer. Und so mehren sich die Stimmen insbesondere von ausländischen Analysten, die davon ausgehen, dass diese Party kein gutes Ende nehmen wird.



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