Aktien

Aktienmärkte: Die seltsam ruhig verlaufende Rally

Buybacks und Bonuszahlungen wichtiges Thema für Aktienmärkte

Im abgelaufenen Oktober mussten die Aktienrückkäufe der großen Firmen pausieren, bis 48 Stunden nach Bekanntgabe der Quartalszahlen. Seither kann man sich weiter dem „Financial Engineering“ hingeben, was seit 2009 mit dem Aufkauf von eigenen Aktien im Wert von fünf Billionen Dollar zu einer Kurspflege ohnegleichen, einem Haupttreiber für die Rally der Aktienmärkte und für reichlich Bonuszahlungen für die CEOs geführt hat. Dazu noch einmal das von mir schon zitierte Beispiel von Apple: CEO Tim Cook erhielt im August 2018 560.000 Apple-Aktien als Bonus, im Gegenwert von 122 Millionen Dollar, weil ihm die Einhaltung der Vertragsbestimmung gelungen war, nämlich die, in den vorangangenen drei Jahren besser mit dem Aktienkurs abzuschneiden, als zwei Drittel der Unternehmen im S&P 500.

Diese vertragliche Regelung besteht übrigens weiter bis 2021. Dafür kann man schon mal ein paar Aktien zurückkaufen – seit 2009 die Kleinigkeit von 240 Milliarden Dollar. Da kann man die Ankündigungen der Demokraten, insbesondere in Gestalt von Elisabeth Warren, künftig hier einen Gesetzesriegel vorschieben zu wollen, schon etwas verstehen. Noch gibt es einiges an Kapital anzulegen in den restlichen Tagen des Jahres, erst kürzlich gesehen an den Käufen von Apple und Walt Disney, aber da sind auch noch Microsoft, Oracle, Bank of America, Wells Fargo, Cisco Systems, Home Depot und weitere in der Warteschleife. Auch wenn das Volumen langsam zurückgeht, dürfte es die Kurse weiter stützen.

Luft wird dünn, verkaufen will (noch) keiner

Es ist gibt sicher noch eine Reihe von anderen Gründen, die im Zusammenwirken für die jetzige Stabilität der Aktienmärkte geführt haben, aber für mich sind die oben genannten die Big Points. Aber, man sollte nicht außer Acht lassen: Der S&P 500 hat 25 Tage lang den 10 Tagesdurchschnitt nicht touchiert, das gab es erst elfmal in der Historie des S&P, wie Markus Fugmann es gestern in seinen Abendberichten noch einmal herausgestellt hat.

Die Kombination von weltweit billigem Geld, abgeklungenen Rezesessionssorgen und einem Gleichmut gegenüber den Auswirkungen im Handelsstreit, haben viele Indizes seit dem Sommerloch zweistellig zum Steigen gebracht. Die Jahresendrally hat damit eigentlich bereits zu früh eingesetzt, vieles ist eingepreist, die Fonds sind im Markt hoch investiert. Nach dem „Pain Trade“ ist man jetzt mit dabei, so dass es nicht verwunderlich wäre, käme es jetzt nur noch zu einer quälenden Seitwärtsentwicklung bis zu den Feiertagen – in der bullenfreundlichen Börsenvariante.

Fazit

Was für ein Börsenjahr Jahr 2019 und was für ein Finale, knapp sechs Wochen vor dem Jahreswechsel. Neue Rekordkurse für die Aktienmärkte, eine Jahresperformance von bereits über 23 Prozent seit Jahresbeginn und das trotz stagnierender Gewinne der Unternehmen. Was für eine Schere, entstanden durch Hoffnungen – auf ein Wiedererstarken der Wirtschaft in 2020 und dem Zusammentreffen von allerlei positiven, temporären Umständen. Wieder einmal könnte man sagen: Die Hausse der nährt die Hausse, aber die jetzige Situation ist trotz der scheinbaren Stabilität der Aktienmärkte prickelnd. Die großen Fonds wollen ihre Gewinne auf die Zielgerade bringen, das Damoklesschwert der überragenden Performance des S&P 500 im Nacken, dazu ein euphorischer Kleinanleger, der im Vertrauen auf die Notenbank All-In gegangen ist. Aber die niedrige Volatilität des Index, gepaart mit sehr hoher Zuversicht, um nicht zu sagen Gier, verführt den Anleger:

Zum gehebelten Kapitaleinsatz wegen der geringen Schwankungsbreite, zum Einsatz von Wertpapierkredit und zum Verzicht auf Absicherung. Ein bereits kurzfristig gefährliches Spiel, aber auch mittelfristig. „Gier frist Hirn“ oder „Gier ist ähnlich wie der Sexualtrieb, unauslöschlich an der Börse!“, lauten zwei banale Börsenweisheiten, aber sie könnten zumindest auf einen Teil der Anleger zutreffen, denen es mit dem Reichwerden nicht rasch genug geht. Die Schere der Bewertung der Aktienmärkte (Aktienindex und Unternehmensgewinnen) muss sich schließen, wie es immer gewesen ist. Dazu braucht man sich nur die Warnsignale Shiller-KGV, Buffett-Indikator, Insiderverkäufe und weitere Extremwerte anzusehen – auch in langfristigen Charts. Die Frage für mich ist nur, ob es den großen Kapitalanlegern gelingt, die Gewinne bis zum Jahresultimo zu sichern. Nach dem Datumswechsel könnten Großanleger mal daran denken, ein paar Chips vom Tisch zu nehmen, der Bonus ist auf dem Konto eingegangen.

Zur Erinnerung: Seit der Finanzkrise 2008 gab es nur zwei Börsenjahre für den Weltleitindex S&P 500, die eine etwas bessere Jahresperformance als das laufende Börsenjahr aufwiesen. 2009 + 24,73 Prozent – 2013 + 29,60 Prozent und 2019? Hier liegen wir mit knapp 23,60 Prozent schon knapp hinter den besten Jahren des langen Aufschwungs und dies in einer Periode ständiger Gewinnrevisionen.

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