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Aktienmärkte und Coronakrise: Investoren im Wechselbad der Gefühle

Wir haben sie, die wohl ungewöhnlichste Rally der Aktienmärkte ever - und das trotz der Coronakrise! Wann kommt jetzt die Korrektur?

a) Die Zinsen an den Geldmärkten werden künstlich so tief gehalten, dass Großanleger gar nicht mehr so einfach aus dem Aktienmarkt aussteigen können, ohne Geld zu verbrennen – TINA in Extremform – und
b) Hilfspakete, Kredite, Steuererleichterungen- und stundungen, Helikoptergeld u.w. halten den essenziellen Konsum aufrecht und verhindern den ganz großen Absturz der Wirtschaft in der Coronakrise (wie sonst bei Rezessionen).

Hierzu braucht man sich grob vereinfacht nur die Summen ansehen, mit denen wir es in der aktuellen Krise zu tun haben. Das Weltsozialprodukt betrug 2019 86,6 Billionen Dollar, die Rezession 2020 wird derzeit mit 3 bis 5 Prozent kalkuliert, was einer Schrumpfung von bis zu 4,5 Billionen Dollar entspricht. Wie hoch sind die Summen der Rettungsaktionen?

Das deutsche Bruttoinlandsprodukt betrug im vergangenen Jahr 3,44 Billionen Euro und die großen Wirtschaftsinstitute haben derzeit eine Rezession von 7 Prozent im Jahre 2020 durchschnittlich im Fokus, also einen Rückgang von weniger als 250 Mrd. €. Wie hoch ist das Gesamtpaket für Deutschland bei völliger Ausschöpfung aller Kreditlinien? 1,2 Billionen Euro – das müsste eigentlich über die Krise hinweghelfen.

Aktienmärkte: Die Hausse nährt die Hausse

Dieser für rational denkend und handelnde Wirtschaftssubjekte seltsame Spruch erlebt(e) an der Börse gerade einer Wiederkehr. Denn was passiert denn, wenn sich die Kurse in speziellen Lagen (wie in der Coronakrise) von ihren „normalen“ Wachstumsraten entfernen? Es gibt Private, wie Institutionelle, die dagegen wetten, weil sie den Markt schlagen wollen und die Überbewertung zum Himmel schreit. Sollte es nicht zur Korrektur der Aktienmärkte kommen, sieht man immer wieder „das Kopfschütteln erregende“ Phänomen einer Short Squeeze, eine Reaktion wider die Logik, die aber zwangläufig kommen muss. Im Übrigen ist dies das Gleiche wie bei überbordenden Leerverkäufen. Dann gibt es auch das „auf den fahrenden Zug springen“ von aktiven Fondsmanagern, denen die steigenden Kurse den Schlaf rauben, weil die Benchmark inklusive der passiven Fonds davonspringen.

Oder ganz einfach FOMO, die Angst die Rally der Aktienmärkte zu verpassen. Das Extrembeispiel war aus meiner Sicht immer noch die Phase der Dotcom-Bubble, als eine Deutsche Tekekom immer weiter kletterte von 14,5 bis auf 103 Euro. Was spülte dies Käufer in den Markt, die das Geprahle ihrer Nachbarn nicht mehr ertragen konnten! Wie hieß es damals bei Börsenpsychologen: „Es ist für die Seele sehr bedrückend, einen Freund reich werden zu sehen.“ So extrem ist es derzeit nicht, aber von allem ist etwas dabei, dass wir diese 50 Prozentrally beim Dax in 50 Tagen erleben konnten.

In diesem Zusammenhang noch ein paar Sätze zu dem teuflischen Thema Markttiming der Aktienmärkte: Es ist sicher nicht so schwer, anhand von Kennziffern teure Märkte zu identifizieren. Aber wann aus- und vor allem wieder einsteigen? Wie im Dax bei der Eurokrise 2011, der Chinakrise 2015, der Phase des Zinsanstiegs Ende 2018 oder jetzt in der  Coronakrise im März 2020, alles heftige Korrekturen. Auswertungen der Online-Banken zeigen, dass (aktive) Privatanleger in die Panik hinein verkaufen und zumeist in die Anstiege hinein teurer wieder nachkaufen, angesichts der psychologischen Fallstricke.

Fazit

Wann kommt jetzt die Korrektur der Aktienmärkte?

Es ist wie immer die Frage aller Fragen, die kleine Fahnenstange schreit zum Himmel. Was misstrauisch stimmt, ist die Tatsache, dass fast von allen Volkswirten und Charttechnikern vor den hohen Kursen gewarnt wird. Es gibt wie immer Indikatoren, die auch eine andere Sichtweise rechtfertigen. So wie das Sentiment der Euwax in Stuttgart zum Ende der letzten Woche. Der Wert von minus 13,8 beim Anteil von Short-Hebelprodukten in den Depots der Privatanleger war in den letzten Jahren noch nie so hoch wie derzeit.

Auch gibt es immer noch viele Investoren, die skeptisch und stark unterinvestiert sind.

Aber die Kurse wachsen zu keiner Zeit in den Himmel. Würde sich der Anstieg wie in der Vorwoche fortsetzen, hätten wir bereits nächste Woche ein neues Allzeithoch und bis Ende Juni Dax 15.000.

Auch wenn man an der Börse nichts ausschließen sollte, so könnte die Kombination großer Verfallstag, extreme Call-Positionierung (in den USA), steigender Optimismus und ein kleines (noch nicht erkennbares) externes Ereignis für eine rasche Abkühlung sorgen. Es klingt meteorologisch unsinnig, aber dafür ist das Sommerwetter historisch außerordentlich prädestiniert..

Die Aktienmärkte steigen trotz Coronakrise - warum?



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2 Kommentare

  1. Was alle Finanzgurus ja ungern hören ist die Tatsache das sich Aktienkurse nicht vorhersagen lassen. Auch alle nachträglichen Erklärungen für ein Verhalten sind lediglich Rationalsierungsversuche für tatsächlich nicht vorhandene Determinismen.
    Auch der Einsatz von komplexen Modellen, Analysemethoden sind nichts anderes als die neumodische Form komplizierter Hexagramme mittelalterlicher Astrologen. Allerdings erzeugen diese etwas das Psychologen als „Kontrollfiktion“ bezeichnen. So stabilisiert das System sich selbst.

    Die Helden der Branche sind diejenigen, die per Zufall mal den Jackpot gezogen haben, dass aber ihrer eigenen Genialität zuschreiben. (Obwohl sicher der ein oder andere die Möglchkeit hatte dem eigenen Glück mit Falschspielertricks etwas auf die Sprünge zu helfen).

    Und ist erst mal ein ausreichend großes Vermögen zusammen kann man gar nicht mehr verlieren (Übermut ist hier die einzige Gefahr).
    Denn auf Grund des durch ein großes Vermögen erweiterten Handlungsraum ist man immer im Vorteil. Vermögen verklumpen von ganz alleine, ähnlich wie physikalische Massen. Der Teufel scheißt halt immer auf den größten Haufen.

    Langfristig sind die Aktienkurse und Immobilienwerte immer gestiegen. Und es kann auch gar nicht anders sein, denn beides ist die (einzige) Basis jeder Wertschöpfung. Geht also die globale Güterproduktion nicht DAUERHAFT zurück, fallen auch die Preise nicht dauerhaft.

    Werden trotzdem weiterhin ganz viele an das finanzielle Schamanentum glauben? Selbstverständlich. Schließlich hat sich die Menge an Esoterikern, Hexen- und Horoskopgläubigen in den letzten 100.000 Jahren nicht verringert.

  2. Danke für den guten Kommentar. Da gibt es nicht viel hinzuzufühgen.

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