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Anleihen schlagen Aktien – verkehrte Anlagewelt

„Wenn du gut essen willst, kaufe Aktien, wenn du gut schlafen willst, Anleihen“, so einer der bekannten Sprüche des legendären Anlegers André Kostolany

„Wenn du gut essen willst, kaufe Aktien, wenn du gut schlafen willst, Anleihen“, so einer der bekannten Sprüche des legendären Anlegers André Kostolany. Diese Empfehlung hatte für lange Zeit ihre Berechtigung, aber bestimmt nicht mehr in der heutigen Zeit der Niedrigzinspolitik vieler Staaten, wie auch eine Studie von Bank of America/Merril Lynch nahelegt.

 

Langlaufende Anleihen, ein Renditewunder

Auch im letzten Jahr sprach man davon, dass die Zeit fallender Zinsen und damit steigender Anleihekurse zu Ende ginge, das Ende einer langen Periode seit den 80-ern des letzten Jahrhunderts, als selbst Kurzläufer mit zweistelligen Zinsen aufwarteten. Doch es kam anders, wie die Vergleichszahlen zwischen Anleihen und Aktien diesseits und jenseits des Atlantiks für das erste Halbjahr offenlegen. In Deutschland legte die 10-jährige „Bund“ um 10 Prozent zu, aber noch weitaus mehr die 30-jährige Bundesanleihe, mit der man 25 Prozent Rendite einfahren konnte. Dazu die Dax-Performance: knapp 12 Prozent

In den USA ein ähnliches Spiel. Die 10-jährige US-Treasury stieg in ihrem Kurs um 12 Prozent, die 30-Jährige um fast 30 Prozent. Der große S&P 500 liegt allerdings auch (noch) mit 19 Prozent vorne.

In der aktuellen Studie von Bank of America Merril Lynch war zu lesen, dass es eine derartige Outperformance der Langläufer zum letzten Mal im Jahre 1993 gegeben hat. Die sehr beachteten US-Analysten verstiegen sich dabei zu der Feststellung: „Anleihen sind die neuen Aktien.“ Dies bei dramatisch gesunkenen Zinsen bei Anleihen, die schon weltweit im Umfang von 16 Billionen Dollar im Negativ-Zinsbereich notieren.

 

Jagd auf Rendite

 

Der Zwang vieler institutioneller Investoren am Anleihemarkt zu investieren und eine positive Rendite zu erwirtschaften, hat unheimliche Folgen für die Rentenmärkte. Das Volumen europäischer Unternehmensanleihen mit negativer Rendite hat mit 1,1 Billionen Dollar einen neuen Rekord erreicht. Das entspricht etwa der Hälfte des gesamten ausstehenden Volumens europäischer Firmenbonds. Die Jagd auf Rendite treibt Investoren in immer riskantere Papiere wie Unternehmensanleihen oder Junk-Bonds, sodass auch dort abnorm niedrige Renditen entstehen. Was machen dann die Unternehmen selbst? Sich weiter verschulden, für Investitionen, wie von der EZB angedacht?

Letzteres werden sicherlich die Zombiefirmen tun und ihr systemwidriges Siechtum noch ein Stück weiter fortsetzen.

 

Geldzuflüsse raus aus Aktien, rein in Anleihen

Die Analysten der Bank auf Amerika Merrill Lynch sehen eine immer stärkere Entkoppelung von Aktien und Anleihemärkten. Denn während Anleihefonds Rekordzuflüsse in den letzten Wochen erlebt haben, mussten Aktienfonds massive Abflüsse verkraften. Damit korrigierten die Aktienindizes, während selbst hoch riskante High-Yield-Bonds kaum Abschläge zeigten.

„Diese Lücke ergibt sich aus der Erwartung der Märkte eines EZB-Puts“, stellten die BofA-Analysten fest. Die Märkte nehmen eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank vorweg sowie ein weiteres milliardenschweres Anleihekaufprogramm. Das Problem dabei ist eine mögliche Enttäuschung der Anleger, sollte die Notenbank diese Hoffnung nicht erfüllen.

„Es gab nie eine größere Notwendigkeit für die Zentralbanken zu liefern, was die Märkte wollen“, so die Analysten der BofA. Aber was wird die EZB neben einer möglichen Senkung des Einlagezinssatzes im Bereich der Anleihekäufe ankündigen? Diese darf sowohl nur ein Drittel aller Staatsanleihen eines Emittenten halten, wie auch nur ein Drittel des ausstehenden Volumens einer einzelnen Emission. Eine selbst auferlegte Bestimmung der EZB, um die Anleihemärkte nicht auszutrocknen.

Sollte die Notenbank künftig monatlich Anleihen im Wert von 30 Milliarden Euro kaufen, wie mancher Ökonom mutmaßt, wäre bereits nach sieben Monaten die Drittel-Grenze bei allen ausstehenden deutschen Staatsanleihen erreicht.

Was dann? Sich stärker auf die Anleihen der Südländer konzentrieren oder mehr Unternehmensanleihen kaufen? Das Ganze ergäbe dann noch einmal einen Fall der Renditen in Bereiche, die bislang nicht vorstellbar waren.

Damit könnten die Performance von Anleiheindizes den Aktienindizes noch ein Stückchen einteilen, aber ob man als Besitzer dabei „ruhig schlafen kann“, wie eingangs zitiert – wohl eher nicht mehr.

 

Fazit

Es erscheint wie ein Spiel mit dem Feuer und es ist eine direkte Folge der Notenbankpolitik weltweit: Die Jagd auf Rendite treibt institutionelle Anleger wie auch Spekulanten in lange Laufzeiten und in den High-Yield-Sektor. Dort wirken aber bereits geringe Zinsänderungen nach oben wie ein Turbo, oder ein Hebelprodukt – nur in Verlustrichtung.

Damit liegt das Risiko eindeutig bei den Anleihen und nicht bei den Aktienmärkten – die natürlich bei einem Anleihecrash mit in die Knie gingen – ganz im Gegensatz zur Kostolany-Weisheit. Die Frage ist nur wann die Notenbanken ihr Pulver verschossen haben, oder besser noch, wann die Investoren das Vertrauen in die Wunderheiler verlieren?

 

Anleihen sind besser gelaufen als Aktien

Foto: Deutsche Börse AG



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