Gold/Silber

Beim Goldpreis könnte es schneller gehen als gedacht

Ein Barren Gold

Noch muss Gold bei den kurzfristig orientierten Anlegern Überzeugungsarbeit leisten. Das Chartbild sieht aktuell nicht sonderlich verlockend aus. Die jüngsten Hinweise der Fed zum geplanten Tapering belasten die Stimmung. Doch das Ende der Konsolidierung könnte beim Goldpreis schneller kommen als von vielen gedacht.

Goldpreis charttechnisch noch nicht sexy

Schaut man nur auf den Chart des Goldpreises in US-Dollar, bekommt man nicht das Gefühl, ein Sieger-Asset vor sich zu haben. Aber nicht alles, was aktuell keinen fahnenstangenartigen Anstieg aufweist, ist per se ein schlechtes Investment. Manchmal braucht es etwas Geduld, sofern grundsätzlich die Rahmenbedingungen stimmen. Dass sich diese Geduld auszahlen kann, zeigt ein Chartvergleich zwischen der digitalen Krypto-Währung Cardano und Gold. Wirft man einen Blick auf die folgenden beiden Kursbilder, ergeben sich drei deutliche Parallelen: Nach einem kräftigen Preisanstieg folgte eine ausgedehnte Korrekturbewegung, die mehrfach bis an die wichtige Unterstützungslinie des 61,8 % Fibonacci-Retracements heranlief, das sich zudem sehr nahe an einer massiven horizontalen Unterstützungslinie befindet.

Verlauf im Goldpreis in US-Dollar

Cardano Preis in US-Dollar

Kurz zur Erläuterung: Das Fibonacci-Retracement ist eine Methode, um potenzielle Widerstands- und Unterstützungszonen eines Basiswertes festzulegen. Die Methode basiert auf der Idee, dass der Preis eines Vermögenswertes nach einer deutlichen Bewegung bis auf ein bestimmtes prozentuales Niveau der zuvor absolvierten Kursstrecke zurückläuft. Die Erfahrung lehrt, dass die bedeutendsten Unterstützungslevel (engl. Retracement-Level) bei einem Korrekturniveau von 38,2 Prozent, 50 Prozent und 61,8 Prozent liegen. Mehr zu der Methodik hinter den Fibonacci-Berechnungen sowie dessen mittelalterlichem Urvater und Rechenmeisters, Leonardo da Pisa, auch Fibonacci genannt, finden Sie hier.

Das mit Abstand wichtigste Fibonacci-Level im Rahmen einer Korrekturbewegung liegt übrigens bei 61,8 Prozent bzw. 0,618 von 1.
In den Charts von Cardano und Gold wurde dieses Unterstützungslevel mehrfach angelaufen und hat stets gehalten. Der Gold-Chart bildet die aktuellen Kurse bis zum 23. September ab. Der Cardano-Chart läuft hingegen nur bis zum 20. Juli. Danach entwickelte sich die Krypro-Währung folgendermaßen weiter:

Cardano Chart

Folgt der Goldpreis dem Beispiel der Kryptowährung rein charttechnisch, wäre nochmals ein Rücksetzer um ca. 70 US-Dollar pro Unze bzw. vier Prozent auf die Marke von ca. 1.680 US-Dollar pro Unze bzw. erneut auf das 61,8 Prozent Fibonacci-Level möglich. Für Gold bleibt trotz der aktuell wenig inspirierenden Chartkonstellation ein schneller Anstieg in diesem Herbst noch realistisch, sofern andere preisbildenden Faktoren die Kurse anfachen – so wie dies bei der Alt-Währung Cardano aus spezifischen Gründen ab August dieses Jahres aus einer ähnlichen Chart-Konstellation heraus der Fall war.

Goldpreis – Chartmarken sind nicht alles

Ohne einen ganzheitlichen Analyseansatz, der neben technischen Indikatoren auch fundamentale und politische Aspekte mit einbezieht, blendet man wichtige preisbildende Faktoren an der Börse aus. Das kann langfristig den Anlageerfolg schmälern und das eigene Vermögen sogar gefährden. In Zeiten historischer Umwälzungen, u. a. gekennzeichnet durch desperate Geldpolitik ist ein Blick über den charttechnischen Tellerrand hinaus buchstäblich Gold wert. Kaum ein anderer Vermögenswert außer Gold, ist so vielen Einflussfaktoren ausgesetzt, die es permanent im Auge zu behalten gilt. Hier eine kurze Übersicht der wesentlichsten Preisimpulse für das gelbe Edelmetall und deren aktueller Status:

Gold-Matrix

„Alles steht in den Charts“

Das ewige Mantra der Chart-Puristen: „Alles steht in den Charts“, simplifiziert die Komplexität des Preisgestaltungsprozesses an der Börse und lässt zum Beispiel ideologische Richtungswechsel in der Politik, wie aktuell in China, komplett außer Acht. Es bleibt eine Illusion, man könne die bisherige Entwicklung eines Kurses mit hoher Wahrscheinlichkeit anhand charttechnischer Konstellationen in Form konkreter Szenarien in die Zukunft extrapolieren. Für Kurzfristspekulanten mag das stimmen. Wäre dem generell so, würde kaum noch Börsenhandel zustande kommen, da sich nur wenige Kontrahenten gegen die Macht der Charts stellen würden.

Die Erfahrung lehrt, dass nichts an der Börse so verlässlich ist, wie die Überraschung. Einige unvorhergesehene Ereignisse, wie zum Beispiel der Ausbruch der Pandemie, waren an den Aktienmärkten bereits monatelang bekannt, sollten also längst eingepreist gewesen sein. Doch erst im März 2020 wurde auf die wirtschaftlichen Gefahren, ausgehend von Covid-(20)19 regiert – und zwar deutlich. Im Zuge des Corona-Crashs diverser Vermögenswerte wurden sämtliche Chartmarken pulverisiert und technische Indikatoren verloren jede Aussagekraft.

Es gibt viele Beispiele, angefangen von den Anschlägen des 11. Septembers 2001 über die Ölpreisexplosion 2008, die Ölpreisimplosion 2008, den Fukushima-Schock 2011, die Holzpreis-Hausse 2020/2021 bis hin zur aktuellen Gaspreisexplosion, die kein Chart voraussagen konnte. Auch der jüngste Crash der Palladium-Preise war zwar fundamental nachvollziehbar, technisch sah der Chart bis Anfang August dieses Jahres aber noch bullisch aus. Nüchtern betrachtet ist die Charttechnik eine Methode zur Simplifizierung hoch komplexer und hoch dynamischer Einflussfaktoren auf Preisentwicklungen. Basierend auf Informationen aus der Vergangenheit und der Gegenwart. An der Börse wird aber die Zukunft gehandelt und die ist und bleibt unvorhersehbar.

Im Rahmen einer Hierarchie hat auch die Charttechnik als Analyseinstrument ihre Berechtigung, bis übergeordnete Faktoren beginnen die Preise zu bestimmen. Beim Goldpreis ist dies definitiv schon länger der Fall. Daher greift die charttechnische Analyse beim Goldpreis viel zu kurz. Der Grund, warum man beim Handeln an der Börse an der Charttechnik dennoch nicht vorbeikommt, ist die Massenpsychologie. Millionen technisch orientierter Analysten, Spekulanten und Hobby-Trader weltweit sowie die elektronischen Handelsprogramme (Algos) orientieren sich stark an gleitenden Durchschnitten, Oszillatoren, Wellenzählungen etc. Der Fibonacci-Methode kann man zugutehalten, dass die Berechnungen des bedeutendsten Mathematikers des Mittelalters, Leonardo da Pisa, tatsächlich zahlreiche Wachstumsvorgänge in der Natur präzise beschreiben. Diese Methodik lässt sich bis zu einem gewissen Grad auch auf Preisentwicklungen, die von Menschen gemacht werden, übertragen.

Fazit und Ausblick

Das Gesamturteil für ein kurzfristig orientiertes Engagement in Gold lautet momentan noch „Neutral“, zumindest so lange, bis die Abwärtstrendlinie bei aktuell 1.850 US-Dollar pro Unze auf Wochenschlusskursbasis überwunden wurde oder übergelagerte Entwicklungen den Drang zum Golde forcieren (Der Taiwan-China-Konflikt lässt grüßen). Für den mittel- bis langfristigen Zeithorizont bietet die Preiskorrektur der letzten 14 Monate schon jetzt ein gutes Preisniveau für Aufstockungen und Initialkäufe. Das Kurspotenzial für den Goldpreis ist für die nächsten Jahre kaum seriös prognostizierbar. Die Gelddruckorgien der Notenbanker werden hier den Weg weisen. Das Wohl und Wehe unserer Wirtschaftsordnung und unserer Freiheit hängt am Gold, das die Basis jedes liquiden Vermögens bilden sollte. Oder um es passend zur bevorstehenden Bundestagswahl mit den Worten des irischen Dramatikers George Bernard Shaw (1856-1950) zu formulieren:

„Sie haben die Wahl zwischen der natürlichen Stabilität von Gold und der Ehrlichkeit und Intelligenz der Regierungsmitglieder. Und mit allem notwendigen Respekt für diese Gentlemen, ich rate Ihnen, entscheiden Sie sich für Gold“.



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9 Kommentare

  1. Beim Goldpreis muss man immer die Eingriffe der Goldpreis Drücker auf dem Radar Schirm haben.

    1. Tatsächlich hat man manchmal den Eindruck von Manipulation – oder warum steigt der Goldpreis im aktuellen Geld-Druck-Umfeld nicht? Aber wer könnten diese Player sein, die dazu die Fähigkeit hätten?

      1. Schuldig sind immer die Chinesen und Russen !

        Nein, es sind die Kapitalisten und glaube mir, die haben noch immer nicht genug.

        Der Arbeiter und Bauer erwirtschaftet alles.

        Uns will man aber weismachen, es ist die Börse.

        Wenn China als Menschenreichste und Russland des Bodenschätze reichste Land den Dollar rauswerfen, dann kommt die Zeit wo Gold steigt.

  2. Hannes Zipfel ist einer meiner letzten Hoffnungsträger in der aktuellen „Gold-ist-tot“ – Propheten – Welt ;-)

  3. Es braucht keine Manipulationsgedanken für den Goldpreisverlauf. Globale MMT und Helikoptergeld hievten Aktienanlagen und ertragsbringende Sachwertanlagen (Immo & Co.) in der Gunst der Anleger nach oben – das Manko von Gold liegt nur im mangelnden Ertrag. Aber der hervorragende Artikel von Hannes Zipfel deckt die Goldpreistreiber gut auf … wobei ich den schwarzen Schwan für die Märkte bei China sehe. Die Stagflation läuft dann in Kurzform ungefähr so ab: noch mehr Kontrolle des privaten Wirtschaftssektors in China und Fokus auf den Inlandmarkt. Die KP fokussiert auf echtes, jedoch tieferes Wachstum und lässt Evergrande & Co. aus politischen Motiven fallen. Abschottung nach Aussen (politisch wie wirtschaftlich) wird zum Mantra im 2022/23 und plötzlich realisiert die Welt: oh weniger China-Exportgeschäft (Chinese have to buy locally) und das «neue» Inlandgeschäft verschlingt die Ressourcen, welche der Westen für das Importgeschäft aus China benötigen würde. Generell werden westliche Investitionen in China zurückgehen – zu viel Kontrolle und zunehmende Hürden .. frage mal VW & Co wie mühsam es ist, heute einen Expat nach China zu bekommen … es dauert Monate für vielleicht eine Bewilligung! Der Westen wird anderswo neue Sourcingquellen mit höheren Kosten aufbauen müssen und gleichzeitig namhaft weniger Wirtschaftswachstum in China sehen. Die Folge wird mehr Inflation bei tieferem Wachstum sein. Der Genickschlag für die Märkte wird aber durch ein aggressives Auftreten von China gegenüber Taiwan kommen. Man stelle sich die globale Chip-Situation bei einer Seeblockade um Taiwan oder gar ein militärisches Eingreifen von China vor ! Gold hat seine Chancen erst noch vor sich … wie Hannes Zipfel richtig übertitelt …Beim Goldpreis könnte es schneller gehen als gedacht.

    1. sehr guter Kommentar zu einem sehr guten Artikel :-)

      Trotzdem ist mir immer noch schleierhaft, wie ein zwar bei den Assets Aktien und Immobilien zweifelsfrei vorhandener Ertrag eine dermaßen große Diskrepanz zum ertraglosen aber werterhaltenden Gold rechtfertigen soll – das scheint mir aktuell sehr übertrieben und verwunderlich …

  4. Guten Abend
    Kann mir bitte jemand mit einfachen Worten erklären:

    Ich bin in Gold long investiert. Die FED wird an der November Sitzung sagen…..am Tag „x“ beginnt das Tapering. Ist das nun positiv oder negativ für Gold? Wäre es negativ, so wären jetzt doch alle short da es ja klar ist dass das Tapering kommt…..

    Danke für eure Hilfe.

  5. @Fabian, in einfachen Worten: Seit etwa einem Jahr hat Gold etwa 16% verloren. Bei der derzeitigen Markt“logik“ gilt USD als sicherer Hafen, je mehr Chaos und Unsicherheit im Dollar-Land, desto sicherer und stärker die Währung. Long in Gold ist derzeit wirklich nicht die beste Idee, es sei denn, der Einstiegspreis lag unter 1.700. Doch Märkte ändern ihre Logik täglich, hope and pray, bet and win, die Chance liegt wie immer bei 50%.

    1. @ Patrick & Fabian

      Long in Gold ist immer richtig, wenn es sich um physisches Gold handelt, dass als langfristiger Wertspeicher dienen soll.

      Wenn man Gold spekulativ handelt, sieht es natürlich anders aus. Dann will man billig kaufen und in möglichst kurzer Zeit möglichst viel teurer verkaufen. Aber auch da stehen wir meiner Meinung nach kurz vor einem Tiefstand.

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