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China: Der Vermögensverlust geht weiter

Der Vermögensverlust in China setzt sich fort. Dazu beleuchten wir in dieser Analyse diverse wirtschaftliche Aspekte.

Skyline von Shanghai

Die Preise für neue Wohngebäude und solche mit Vorbesitzern fielen in China auch im Juni, was zu weiterem Vermögensverlust führte. Wie das National Bureau of Statistics am Wochenende mitteilte, verbilligten sich die Preise in 70 größten Städten für neu erstellte Wohnungen um 0,43 % im Vergleich zum Vorjahr und um 0,06 % im Vergleich zum Vormonat. Bei den Immobilien, die von Vorbesitzern erworben wurden, gingen die Preise im Jahresvergleich um 2,79 % zurück. Zusammen mit den Preisrückgängen im vergangenen Jahr ergibt sich, dass jemand, der im Juni 2021 eine Wohnung erworben hat, einen Vermögensverlust von knapp 8 % erlitten hat. Da etwa 70 % des chinesischen Wohlstandes in Immobilien gespeichert ist, trifft dieser Wertverlust den Großteil der chinesischen Bevölkerung direkt.

Hauspreise in China

Aber wenn man kein Glück hat, kommt meistens auch noch Pech hinzu. Laut Daten, die von Morningstar zusammengestellt wurden, werden über 200 Milliarden Yuan (ungefähr 26 Milliarden Euro) an Barmitteln, die in den letzten drei Jahren in Investmentfonds festgebunden waren, in Kürze freigesetzt. Bloomberg berichtet, dass etwa 38 aktienbezogene Fonds, die 2020 mit einer dreijährigen Sperrfrist gestartet wurden, seit ihrem Start bis zum 31. Mai im Durchschnitt einen Verlust von 0,4 Prozent verzeichneten, wobei weniger als die Hälfte von ihnen Gewinne erzielte. Unter den 13 Fonds, die 2021 mit einer zweijährigen Sperrfrist gegründet wurden, waren alle unprofitabel und verzeichneten einen durchschnittlichen Verlust von 13 Prozent.

Konjunkturpakete der Regierung zielen auf Stützung des Konsums und der privaten Wirtschaft

Nach dem schwachen Ergebnis des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wurden zwei neue Pläne veröffentlicht, um einerseits die private Industrie zu unterstützen, andererseits den privaten Konsum anzuheizen. Private Unternehmen in China sind für fast 90 % des Exports verantwortlich, beschäftigen beinahe 90 % der städtischen Bevölkerung und tätigen nahezu 70 % der Investitionen. Der 31-Punkte umfassende Plan, um die private Industrie zu unterstützen, wurde gemeinsam vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei und dem Staatsrat veröffentlicht. Dies unterstreicht die Wichtigkeit des Planes als Handlungsanweisung für die lokalen Behörden. Der Plan nennt jedoch wenig konkrete Maßnahmen und wiederholt im Wesentlichen Phrasen, die von der Partei oft genug ausgesprochen wurden.

Auch der 11-Punkte-Plan zur Ankurbelung des Konsums wird wenig Erfolg haben. Immerhin haben sich 13 Regierungsstellen hier zusammengeschlossen. Im Wesentlichen soll der Zugang zu Krediten erleichtert werden, wie es Hongkong recht erfolgreich praktiziert hat, um die Anschaffung von Haushaltsgeräten sowie Renovierungsarbeiten zu erleichtern. Beijing hat dieses Jahr schon mehrere Versuche unternommen, die Konsumenten dazu zu bewegen, Kredite aufzunehmen. Allerdings brachten diese Versuche jedes Mal nur überschaubaren Erfolg, was angesichts des Verlustes an Vermögen durch die Immobilienkrise nicht weiter verwundert. In Hongkong hingegen werden Gutscheine verteilt, die ausschließlich in kleinen Geschäften eingelöst werden können.

Chinesische Banken stützen den Yuan

Nachdem der Yuan in der letzten Woche kontinuierlich abgewertet hatte und zwischenzeitlich zu 7,2197 für einen Dollar gehandelt wurde, intervenierten nun die großen chinesischen Banken auf dem Hongkonger Offshore-Markt, um den Yuan wieder zu stärken. Nach dieser Stützungsaktion wurde der Yuan beim gestrigen Fixing deutlich stärker mit 7,1466 festgelegt.

Rohstoffpreise zeigen sich volatil

Die Kohle zur Stromerzeugung wird seit Ende Juni kontinuierlich teurer, was auf eine größere Stromproduktion zurückzuführen ist. Nach Angaben des Bureaus of Statistics wurde im zweiten Quartal 2023 6,54% mehr Strom als im Vorjahr produziert, was sich in etwa mit der Zunahme des BIPs deckt. Da die heimische Kohleproduktion nur um 4,5% steigt, muss mehr Kohle importiert werden.

Stromproduktion in China

Obwohl der chinesische Staat sein Investitionsvolumen im 2. Quartal um 7,2 % gegenüber dem Vorjahr gesteigert hat, fiel der Stahlpreis seit seinem höchsten Preis im März von 7.600 Yuan auf nunmehr 7.414 Yuan. Dies zeigt, dass der Staat mit seinem Stützungsprogramm nicht in der Lage ist, den fehlenden Bedarf aus der Immobilienbranche auszugleichen. Etwas optimistischer stimmt dagegen, dass die Rohstoffpreise um 2,3% zulegen konnten. Dies lässt zumindest hoffen, dass die Fabriken steigende Aufträge für die anstehende Neujahrssaison einwerben konnten.

Entwicklung der Rohstoffpreise in China

Ausländische Fach- und Führungskräfte kehren nicht zurück

Laut der chinesischen Immigrationsbehörden wurden im ersten Halbjahr 2023 379.000 Aufenthaltsgenehmigungen für Ausländer in China erteilt. Die Behörden geben an, dass dies eine Steigerung von 53 % gegenüber dem letzten Jahr gewesen sei, und somit im ersten Halbjahr 2022 250.000 erteilt wurden. Geht man davon aus, dass im zweiten Halbjahr ebenso viele Aufenthaltsgenehmigungen erteilt wurden, wären dies für das Gesamtjahr 2022 ca. 500.000 Ausländer, die in China lebten. Im letzten Census, der im November 2020 gestartet wurde – also schon nach der ersten Corona-Welle und zu einer Zeit, wo es in China praktisch keine Studenten oder Geschäftsleute mehr gab – wurden 846.000 Ausländer in China gezählt. In den letzten beiden Corona-Jahren haben also nochmal 1/3 aller Ausländer China verlassen. Schon jetzt ist also abzusehen, dass in 2023 weniger Ausländer in China sein werden als vor der ersten Corona-Welle, obwohl wieder ausländische Studenten im Land studieren können.

In einer viel beachteten Rede wies der Dekan des Chongyang Institute for Financial Studies an der Renmin University of China, Weng Wan, der auch für die „Global Times“ schreibt und daher durchaus als Meinungsführer gesehen werden kann, darauf hin, dass die Abwanderung von Ausländern ein ernsthaftes Problem für China als Gesellschaft und insbesondere für die Wirtschaft darstelle.

In der letzten Woche wurden 84 % mehr internationale Flüge durchgeführt, was immer noch deutlich weniger ist als vor der Pandemie. Nach wie vor sind diese Flüge außerordentlich teuer, während die nationalen Flüge über dem Niveau von 2019 liegen.

Tägliche Flüge in China

Frachtraten steigen endlich

Um die nachlassenden Exporte aus Asien, insbesondere China, zu kompensieren, haben die Reeder Frachtkapazitäten aus dem Markt genommen, um die Frachtraten zu stabilisieren. In der letzten Woche stieg der Drewry World Container Index (WCI) um 0,9 %. In dieser Woche setzte sich der Aufwärtstrend fort und erreichte mit 1.536,86 US-Dollar pro 40-Fuß-Container eine Steigerung um 3,3 %. Auch der Shanghai Export Containerized Freight Index (SHCF) stieg um 5,1 % auf 973,11 Yuan pro 20-Fuß-Container (TEU). Die Steigerungen beim WCI resultieren aus höheren Frachtraten auf den Routen von Shanghai nach Nordamerika, während die Routen von Shanghai nach Europa gleich blieben (Shanghai-Rotterdam) oder leicht fielen (Shanghai-Genua). Ebenso fielen die Frachtraten von Europa nach Nordamerika. Interessanterweise schreibt Drewry, dass sie einen Preisnachlass für die Routen von Shanghai nach Westen erwarten. Dies wäre für die Saison ungewöhnlich und lässt weder Gutes für die Wirtschaft in China noch in Europa erwarten.

World Container Index



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4 Kommentare

  1. Staats- und Parteichef Xi Jinping und das Politische Präsidium der Kommunistische Partei Chinas sind aufgerufen zu prüfen, ob km Rahmen der chinesischen Währungsreserven neben den genannten aktuellen Stützungsprogrammen für Wirtschaft und Verbraucher auch die Inmobilienwirtschaft unterstützt werden kann. Die Volksrepublik China und die Vereinigte Staaten sind die weltweit größten Volkswirtschaften, weswegen auch der Stabilität der Währung Yuan ein entsprechender Stellenwert eingeräumt werden sollte. Letzteres ist auch im Hinblick auf den anstehenden BRICS-Gipfel im August d.J. wichtig.

    1. Das Handelsvolumen des Yuan ist deutlich (!) niedriger als das des Dollars oder Euro. Inwiefern soll das bitte eine internationale Währung sein?

      Und warum man dies in Hinblick auf den BRICS-Gipfel wichtig wäre dürfte sich den meisten Politikwissenschaftlern auch nicht erschließen.
      Weder interessiert die BRI*S Staaten der Yuan, noch kann dieses „Bündnis“ als even solches betrachtet werden, da es hier aufgrund von Ricalitäten ohnehin schon lange bröckelt.

      Peace out

  2. An FMW-Nutzer Markus Soffa am 21.07.23 um 13.47 Uhr: Wenn Sie das sagen, dann wird das so sein..

  3. bzgl. ‚Chinesen die Wohnungen kaufen‘: meines Wissens nach machen sie das überwiegend spekulativ, in Wohnsilos / Hochhäusern die dann LEER stehen (es gibt viele Videos dazu auf Youtube).
    Auch ein ökologischer Wahnsinn !
    Das wird böse enden = Immoblase hoch 3 !

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