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Was steht der Zinswende noch im Weg? EZB: Die Inflation ist besiegt, was fehlt ist nur der Glaube daran

EZB: Die Inflation ist besiegt, was fehlt ist nur der Glaube daran
EZB Frankfurt. Foto: Bloomberg

Die jährliche Inflation in der Eurozone im Februar 2024 ist erneut gesunken, dies geht aus den gestern veröffentlichten Daten von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, hervor. Zwar lag die Teuerung leicht über der Erwartung, dennoch zeigt sich, dass der Preisdruck stetig nachlässt. Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB), die mit einer etwas höher als erwarteten Inflation konfrontiert sind, könnten sich jedoch fragen, ob dies nur der letzte Stolperstein ist, bevor ihr 2 %-Ziel in greifbare Nähe rückt.

Abwärtsdynamik der Inflation hält an

Während das am Freitag veröffentlichte Ergebnis von 2,6 % für Februar – und ein immer noch hartnäckiges Ergebnis von 3,1 % für die sogenannte Kerninflation – Anlass zur Vorsicht geben, wird die Abwärtsdynamik der Verbraucherpreise immer schwerer zu ignorieren, so Bloomberg.

Die Verlangsamung der Inflation hat einige Zeit gedauert, aber der siebte Bericht in Folge, der einen nachlassenden Druck auf die zugrunde liegende Messgröße zeigt, die volatile Elemente wie Energie ausschließt, deutet auf einen stetigen, aber unaufhaltsamen Rückgang hin. Laut einer aktuellen Prognose von Bloomberg Economics könnte der Gesamtindex bereits in diesem Monat auf 2,2 % fallen – also ganz nah an das 2%-Ziel der EZB.

Angesichts solcher Signale und fast genau zwei Jahre nachdem die russische Invasion in der Ukraine die steigenden Verbraucherpreise in eine weltweite Inflationskrise verwandelt hat, fassen einige Prognostiker in der Eurozone Mut. Sie gehen davon aus, dass die EZB, die am 7. März ihre ersten Prognosen des Jahres vorlegen wird, bald den Wendepunkt ihrer Politik erreicht hat.

Das 2%-Ziel der EZB rückt näher

„Die Zutaten für eine Rückkehr zum Inflationsziel sind bereits vorhanden“, so Evelyn Herrmann, Volkswirtin bei der Bank of America in Paris. „Die neuen Prognosen könnten sogar eine Kerninflation von 2 % im Jahr 2026 zeigen. Das würde bedeuten, dass alles auf eine Rückkehr zum Ziel hindeutet – das Einzige, was noch fehlt, ist das Vertrauen in diese Prognose.“

Die Februar-Zahlen kamen in einer Woche mit gemischten Nachrichten für die Weltwirtschaft. Einen Tag zuvor war der von der Federal Reserve bevorzugte Indikator für die zugrunde liegende US-Inflation (PCE) im Januar so stark gestiegen wie seit fast einem Jahr nicht mehr.

Im Gegensatz dazu endete ein Treffen der Finanzminister der Gruppe der 20 mit der Feststellung, dass „die Inflation in den meisten Volkswirtschaften zurückgegangen ist“ und dass sich sogar eine „schneller als erwartete Desinflation“ einstellen könnte.

EZB: Die Inflation in der Eurozone schwächt sich weniger ab als erwartet
Die Inflation in der Eurozone schwächt sich weniger ab als erwartet

Eurozone: Inflation in den großen Volkswirtschaften sinkt

Zwar übertraf der Gesamtwert für die Eurozone die mittlere Prognose der Ökonomen von 2,5 %, doch gab es noch viele andere Faktoren, die die geldpolitischen Entscheidungsträger beruhigten.

Die nationalen Daten aus den vier größten Volkswirtschaften der Region zeigten alle, dass sich die Inflation entweder erheblich verlangsamt hat – wie in Deutschland, Frankreich und Spanien – oder im Fall von Italien bereits deutlich unter 2 % liegt.

Der Gesamtbericht für den Euroraum enthielt laut Jamie Rush und Maeva Cousin von Bloomberg Economics auch hoffnungsvolle Elemente.

„Wichtig für die EZB ist, dass ein bescheidener Teil des Rückgangs auf die Inflation der Dienstleistungspreise zurückzuführen ist – der Teil des Warenkorbs, auf den die Währungshüter den größten Einfluss haben“, schreiben sie in einem Bericht.

Eine Senkung der Zinsen durch die EZB rückt immer näher
Eurozone: Inflation im Februar

EZB legt den Fokus auf die Löhne

Da diese Daten in die richtige Richtung gehen, konzentrieren sich die verbleibenden Zweifel der EZB auf die Löhne. In der Eurozone wird derzeit eine ganze Reihe von Lohnabschlüssen ausgehandelt, sodass es noch Wochen oder länger dauern wird, bis die EZB-Ratsmitglieder sicher sein können, dass sich die schnellere Inflation nicht verfestigt.

Bislang sind die Anzeichen dafür jedoch ermutigend. Im vierten Quartal stiegen die ausgehandelten Löhne und Gehälter nur um 4,5 %, nachdem sie in den drei Monaten zuvor einen Rekordwert von 4,7 % erreicht hatten, wie aus einem von der EZB erstellten Indikator hervorgeht.

Beamte in nordeuropäischen Ländern wie Deutschland bleiben vorsichtig, aber selbst ihre Äußerungen zeigen, dass sich das Argument nun auf den Zeitpunkt einer Senkung der Kreditkosten verlagert hat, für die die Sterne zunehmend auf Juni stehen.

„Auch wenn es sehr verlockend sein mag, ist es zu früh, die Zinsen zu senken“, sagte Bundesbankchef Joachim Nagel am 23. Februar. „Die Preisaussichten sind noch nicht klar genug.“

EZB-Südländer befürworten baldige Zinssenkung

Dagegen drängen Kollegen aus südeuropäischen Ländern bereits auf die Handlungsbereitschaft der EZB.

„Der März ist der Zeitpunkt, an dem uns die meisten neuen Daten vorliegen – einige Daten könnten darauf hindeuten, dass wir schon im März über Zinssenkungen sprechen sollten“, sagte der portugiesische Notenbankchef Mario Centeno Ende Februar in einem Interview. „Ich sage nicht, dass es wahrscheinlich ist, aber wir müssen offen sein“.

Die starke Inflation, die sich in den Februar-Daten zeigt, deutet ebenso wie der US-Bericht auf die Gefahr von Rückschlägen hin.

Dennoch dürften die Währungshüter auf ihrer Sitzung nächste Woche zuversichtlich sein, dass ihre Schocktherapie der beispiellosen Straffung der Geldpolitik im vergangenen Jahr ihre Wirkung nicht verfehlt.

„Der derzeitige Desinflationsprozess wird sich voraussichtlich fortsetzen“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am 26. Februar vor dem Europäischen Parlament. „Aber der EZB-Rat muss zuversichtlich sein, dass er uns nachhaltig zu unserem 2%-Ziel führen wird.“

FMW/Bloomberg



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5 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Fazit: Die negative Realverzinsung bleibt dem sicherheitsorientierten Anleger in Deutschland erhalten !

    Als Realverzinsung bezeichnen wir in der Volkswirtschaft die Zinsen nach Abzug der Inflation. In Deutschland liegt diese eindrucksvoll seit dem März des Jahres 2009 im negativen Bereich.
    Kurzzeitig konnte sie noch einmal im April 2011 In den positiven Bereich der Realverzinsung drehen ( Umlaufrendite 3,26 Prozent, Inflation knapp ünen 2 Prozent).
    Aber nicht einmal mehr die lächerlichen 3,26 Prozent aus dem April 2011 sind heuer in Reichweite.

    Besonders negativ war die Realverzinsung in den vergangenen 3 Jahren!
    Die historischen Inflationsraten können Sie unter statista. com einsehen und die historischen Umlaufrenditen unter boerse.de.
    Dann setzen Sie alles in’s Verhältnis und Sie werden sehen das bis zum Sommer 2008 die Realzinsen in Deutschland meistens positiv waren.
    Ausnahmen bestätigen die Regel.

  2. @Sebastian. Warnung vor dem penetranten Wiederholer.
    „Als Realverzinsung bezeichnen wir in der Volkswirtschaft die Zinsen nach Abzug der Inflation.“
    Du und die Volkswirtschaft, selten so gelacht.
    Jetzt sucht er sich die letzten Länder aus, in denen die Realverzinsung noch minimal positiv ist. Die Mehrheit der Länder in den G7 Staaten und in der EU haben positive Renditen, plus die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.
    Kann jemand wirklich so verbohrt sein, so krankhaft rechthaberisch? Das soll ein Akademiker sein?
    Fazit: In der Eurozone hat Deutschland eine minimale negative Realverzinsung, Frankreich, Italien, Spanien und weitere EU-Länder nicht. Hauptsache der mysteriöse Dr. S. kann sich wieder lesen.

  3. Im Dienstleistungsbereich ist die Inflation nicht besiegt, weder in Deutschland noch in der EU. Hier im Artikel wird dafür der Wert 3,9% genannt. Das Gleiche sehen wir in der USA, weshalb es dort möglicherweise in diesem Jahr überhaupt keine Zinssenkung geben wird.

    Beim Einzelhandel forderte Verdi dieses Jahr 13% mehr Lohn. Nach einer sinkenden Inflation sieht mir das nicht aus.

  4. Eine scheinheilige Bande krimineller EZB’ler und alle Keynesianer-Jünger sprechen vom 2% Ziel. Das ist zum „Haare raufen“ und stinkt seit Jahrzehnten zum Himmel. Sie nennen sich selbst Ökonomen. Wenn es nicht so tragisch wäre, müsste man Tränen lachen. Seit Einführung des Euro sind die (bald wertlosen) Euro-Lappen, gegenüber dem Dollar, knapp 50% im Wert gesunken. Was wird hier einem schön geredet? Wer soll das Schmierentheater der EZB eigentlich glauben?! Der Euro hat fertig und diese Zentralbank ebenso.

    1. @jiz, mal ganz abgesehen davon,daß die Inflation sowieso falsch berechnet wird. Permanent wird die importierte Inflation ignoriert. Und eine Inflationsbasis die teilweise von nachwachsenden Gütern beaufschlagt wird. Seit Menschengedenken vera…….en sie the audience.
      Aber ich schreibe hier seit Jahren darüber ,aber die nützlichen Idioten der interlektuellen Klasse sind da nicht ganz auf der Höhe .

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