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EZB kauft mehr Anleihen – Top-Ökonom: „Italienischer EZB-Direktor hat sich durchgesetzt“

EZB Zentrale in Frankfurt

Wir haben vorhin im Detail über die PK der EZB berichtet. Man kauft demnächt wieder deutlich mehr Anleihen. Denn die Rendite für Staatsanleihen, die darf nicht steigen – nein, sie muss fallen. Denn es geht ja nicht um die Finanzmärkte, sondern um günstige Finanzierungskonditionen für Unternehmen?

Gestiegene Renditen seien eine Gefahr für die Finanzkonditionen, so Christine Lagarde heute Mittag in der PK der Europäischen Zentralbank. Damit meint sie Staatsanleihenrenditen, Unternehmensanleihen und auch Bankkredite für Unternehmen und Hausbauer. Das Gelddrucken geht also noch schneller weiter als bisher, und das mit dieser Begründung. Man will ja nur etwas Gutes tun, um die Erholung nach der Krise nicht zu gefährden?

Italiener in der EZB hat sich durchgesetzt

Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, ist in einem aktuellen Kommentar im Nachgang der EZB-PK der Ansicht, dass sich das italienische Direktoriumsmitglied Fabio Panetta innerhalb der EZB offensichtlich mit seinen weitreichenden Forderungen durchgesetzt habe. Die EZB betreibe immer mehr eine implizite Zinskurvensteuerung, die mit beträchtlichen Risiken einhergehe, wie die Wirtschaftsgeschichte es zeige.

Nach der Interpretation von Dr. Jörg Krämer spielen die Staatsanleihenrenditen im EZB-Konzept „günstiger Finanzierungsbedingungen“ eine wichtige Rolle. Das zeige sich an dem heutigen Beschluss, von nun an deutlich mehr Staatsanleihen zu kaufen, obwohl die gewichtete Rendite zehnjähriger Staatsanleihen seit Jahresanfang nur um rund 30 Basispunkte gestiegen sei und bei 0 Prozent liege. Damit habe sich offenbar das italienische Direktoriumsmitglied Fabio Panetta weitgehend durchgesetzt. Er hatte im Vorfeld der heutigen Sitzung aggressiv mehr Anleihenkäufe gefordert und in Anspielung auf die Band Daft Punk gesagt: „Harder, better, faster, stronger.“ Dr. Jörg Krämer erwartet, dass die EZB nach dem Auslaufen des PEPP-Programms im März 2022 das monatliche Volumen des normalen APP-Kaufprogramms erhöht – und zwar von 20 Mrd auf 30 bis 40 Mrd Euro je Monat. Begründen dürfte die EZB dies u.a. mit einer unter zwei Prozent liegenden Inflation. Hier weitere interessante Aussagen von Dr. Jörg Krämer, auch mit einem historischen Vergleich:

Christine Lagarde sagte, die EZB betreibe keine Zinskurvenkontrolle. Das stimmt insofern, als sie weder eine konkrete Obergrenze für die Renditen veröffentlicht noch unbegrenzte Käufe in Aussicht stellt. Aber dennoch reagiert die EZB auf bestimmte Renditeanstiege mit einer deutlichen Erhöhung ihrer Anleihenkäufe. Das bezeichnen viele Investoren verständlicherweise als implizite Zinskurvenkontrolle.

Die Risiken einer solchen Politik sind beträchtlich. Das zeigt ein Blick auf die US-Notenbank Fed, die von 1942 bis 1951 eine Politik der expliziten Zinskurvenkontrolle verfolgte. Damals verpflichtete sie sich, die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen nicht über 2,5% steigen zu lassen. Kamen die Renditen dieser Marke nahe, fuhr die Fed ihre Anleihekäufe hoch, wodurch aber mehr Liquidität in die Volkswirtschaft gelangte, was die Inflation weiter anfachte. Letztlich zwang diese Politik die Fed, Feuer mit Benzin zu löschen, was natürlich nicht funktionierte. Als die Politiker das einsahen, befreiten sie die Fed von der Zinskurvenkontrolle.



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1 Kommentar

  1. Das System ist abhängig von Null-und Negativzinsen und der Monetarisierung der Staatsschulden, deswegen werden die Notenbanken auch nie mehr aus dieser Situation herauskommen, egal was behauptet wird.

    Nicht nur Fabio Panetta gehört zu dieser Fraktion der Gelddrucker, auch die Deutsche Isabel Schnabel hat ihre Positionen schon mehrfach deutlich gemacht und damit gesagt wo sie steht.

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