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EZB-Zinsentscheidung EZB senkt die Zinsen – Einschätzung der Bloomberg-Analysten

EZB senkt die Zinsen - Einschätzung der Bloomberg-Analysten
Pressekonferenz Christine Lagarde. Foto: © Felix Schmitt for ECB/flickr - Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/

Es kam so, wie es die Märkte erwartet hatten: Die EZB hat auf ihrer heutigen Sitzung die Zinsen gesenkt. Damit ist ein historischer Zinserhöhungszyklus zu Ende gegangen und die Lockerung der Geldpolitik hat ihren Anfang genommen. Nach knapp neun Monaten auf Rekordhoch verringerten die Währungshüter heute den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent, obwohl eine Reihe von Daten aus jüngster Zeit auf eine anhaltende Inflation hingedeutet haben. Entgegen den Hoffnungen der Märkte hat die EZB-Präsidentin Lagarde keine weiteren Signale für die nächsten Zinsschritte geliefert. Ob und wann auf die richtungsweisende Zinssenkung weitere Senkungen folgen, bleibt also weiterhin ungewiss.

EZB senkt die Zinsen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die seit Monaten angekündigte Zinssenkung vorgenommen und sich von ihrem Rekordhoch entfernt, aber nicht angedeutet, dass weitere folgen könnten, so berichtet Bloomberg.

Die Ratsmitglieder unter der Leitung von Präsidentin Christine Lagarde senkten am Donnerstag wie erwartet den Zinssatz für die Einlagefazilität um einen Viertelpunkt auf 3,75%. Nachdem sie den Leitzins neun Monate lang bei 4% gehalten hatten, erklärten sie, dass sich die Inflationsaussichten „deutlich“ verbessert hätten, obwohl sie die Preisprognosen anhoben.

„Der EZB-Rat wird bei der Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer der Restriktionen weiterhin einen datenabhängigen und von Sitzung zu Sitzung wechselnden Ansatz verfolgen“, so die EZB in ihrem Statement. „Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest.“

Die EZB um Chefin Lagarde gehört nun auch zum Zinssenkungs-Club
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Zinspfad der EZB

Mit dieser Entscheidung wird die beispiellose Flut von Zinserhöhungen zurückgenommen, mit der die schlimmste Inflation in der Geschichte der Eurozone eingedämmt werden sollte. Die heutige Senkung der Zinsen könnte dazu beitragen, die Wirtschaft im Euroraum nach zwei Jahren der Stagnation und einer leichten Rezession wieder zu beleben. Im Gegensatz zu früheren Zinszyklen hat die EZB diesmal vor der US-Notenbank Fed die Zinsen gesenkt. Mit dem heutigen Zinsschritt kam man auch der Bank of England zuvor, die sich ebenfalls einer Lockerung nähert.

Obwohl Lagarde im letzten Monat erklärte, die Inflation sei „unter Kontrolle“, deuten eine Reihe von Daten aus jüngster Zeit auf einen anhaltenden Preisdruck hin – wie beispielsweise das anhaltende Lohnwachstum. Dies hat Anleger und Ökonomen dazu veranlasst, ihre Erwartungen für Zinssenkungen im Jahr 2024 auf insgesamt zwei oder drei zurückzuschrauben.

Die Geldmärkte hielten an ihren Wetten fest, dass die nächste Zinssenkung wahrscheinlich erst im September erfolgen wird. Der Euro stieg trotz der Senkung um 0,1 % auf 1,0880 USD und die Rendite 10-jähriger deutscher Anleihen kletterte um vier Basispunkte auf 2,55 %.

In einem aktualisierten vierteljährlichen Ausblick, der zusammen mit der Erklärung der EZB veröffentlicht wurde, wird für 2025 eine durchschnittliche Inflationsrate von 2,2 % prognostiziert, wobei die Projektion für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von zuvor 0,6 % auf 0,9 % angehoben wurde.

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Pressekonferenz von Christine Lagarde

Christine Lagarde hielt um 14:45 Uhr in Frankfurt eine Pressekonferenz ab, um die Entscheidungen der EZB zu erläutern. Sie sagte im Grunde nichts Neues, aber betonte nochmal, dass die Zentralbank datenabhängig bleibe. Lagarde: „Brauchen in den nächsten Monaten ständig jede Menge Daten, die uns bestätigen müssen, dass sich der Disinflationsprozess fortsetzt“. Hier ein kurzer Ausschnitt aus ihrer Pressekonferenz:

Im Vorfeld der Sitzung am Donnerstag signalisierten die Währungshüter immer wieder, die Zinsen zu senken – selbst nachdem sich einige der Wirtschaftsdaten, von denen sie sich eine Bestätigung erhofft hatten, in die falsche Richtung bewegten. Zum Beispiel stieg die Inflationsrate im Mai auf 2,6%, erwartet wurde aber ein geringerer Anstieg um 2,5%.

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So hat sich die Inflation im Mai stärker beschleunigt als erwartet, und ein Indikator für die zugrunde liegenden Preistrends hat die Analysten ebenfalls überrascht, indem er sich nach oben bewegt hat. Zudem hat sich der Lohnanstieg im ersten Quartal nicht verlangsamt, was darauf hindeutet, dass das erhöhte Wachstum der Dienstleistungspreise anhalten wird. Ein weiterer wichtiger Indikator für die Löhne und Gehälter steht am Freitag an und könnte ein ähnliches Bild zeichnen.

Wirtschaftserholung im Euroraum

Die Wirtschaft hat sich unterdessen stärker als erwartet von ihrer Malaise erholt. Neben dem höher als erwarteten Wachstum erreichte die Arbeitslosigkeit im April ein Allzeittief. Auch das angeschlagene verarbeitende Gewerbe sendet endlich wieder ein Lebenszeichen.

Der Chefvolkswirt der EZB, Philip Lane, sagte, dass die Inflation und die Lohnzuwächse in diesem Jahr „anziehen“ werden, auch wenn der allgemeine Trend dahin geht, dass sie sich abschwächen. Die Geldpolitik muss die Wirtschaftstätigkeit bis 2024 weiter einschränken, so Lane.

Zinsen: EZB senkt vor der Fed und BOE

Während die EZB nun vor der Fed und der BOE, die mit einem hartnäckigeren Preisdruck zu kämpfen haben und voraussichtlich erst in den kommenden Monaten nachziehen werden, die Zinsen gesenkt hat, haben die Zentralbanken in anderen Teilen der Welt bereits mit einer Lockerung begonnen.

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Die Bank of Canada senkte am Mittwoch ihren Leitzins und kündigte weitere Schritte an. Sie ist damit die erste Zentralbank der G7, die dies seit dem Ausbruch des größten globalen Inflationsschocks seit den 1970er Jahren tut. In Europa haben unter anderem die schwedische Riksbank und die Schweizerische Nationalbank die Zinsen bereits gesenkt.

FMW/Bloomberg



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