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Gaskrise Gasverbrauch sinkt – aber mehr Gas wird verbrannt für die Stromerzeugung

Der Gasverbrauch bei Verbrauchern und Unternehmen sinkt. Aber es wird gerade mehr Gas verbrannt für die Stromerzeugung.

Gas-Kraftwerk

Der Gasverbrauch in Deutschland sinkt, auch bereinigt um das wärmere Wetter gegenüber dem Vorjahr. Auch die Nachfrage der Industrie nach Gas lässt nach. Gleichzeitig wird in Deutschland mehr Gas verfeuert für die Stromerzeugung. Dabei wollte die Politik doch eigentlich weniger Gas verfeuern, damit die Gasspeicher aufgefüllt werden können? Die Spur führt nach Frankreich.

Gasverbrauch und Gasnachfrage rückläufig

Daten des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vom 16. August zeigen, dass der Gasverbrauch in Deutschland zurückgeht. Im Juni sank der bereinigte Verbrauch im Jahresvergleich um 22,6 Prozent. Und insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2022 mit 497 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) 14,7 Prozent weniger Gas verbraucht als im Vorjahreszeitraum. Hohe Gaspreise, das gute Wetter, Einsparanstrengungen und Konjunktureintrübung sollen Faktoren für diesen Rückgang sein. Eine heute vom Gas-Experten Tom Marzec-Manser veröffentlichte Grafik zeigt seiner Aussage nach, dass es inzwischen auch klare Anzeichen für eine reduzierte Gasnachfrage der deutschen Industrie gibt.

Mehr Gas wurde für die Stromerzeugung verwendet

Laut dem Verband BDEW wurde noch im ersten Halbjahr 2022 in deutschen Gaskraftwerken rund zwölf Prozent weniger Strom erzeugt als im Vorjahreszeitraum. Aber im Juli hat sich etwas getan. Man kann es auf dem Datenportal SMARD der Bundesnetzagentur gut nachvollziehen, und sogar auf einzelne Tage exakt berechnen. Im Juli 2021 wurde in Deutschland aus Gas Strom im Volumen von 3.558.307 MWh erzeugt. Im Juli 2022 waren es 4.034.348 MWh, ein Plus von 13,4 Prozent! Eigentlich sollte genau das nicht passieren.

Es ist seit ein paar Wochen der erklärte Wille der Bundespolitik, dass vermehrt Kohlekraftwerke aus der Reserve zum Einsatz kommen sollen, damit Kohle Gas bei der Stromerzeugung ersetzen kann. Das nicht verwendete Gas soll dann in die Gasspeicher fließen. Vor zwei Wochen wurde zum Beispiel das Kohlekraftwerk Mehrum im niedersächsischen Hohenhameln hochgefahren. Jüngst wurden Probleme bei anderen Kraftwerksbetreibern beschrieben (siehe hier), die es schwierig machen weitere Kohlekraftwerke „mal eben so“ ans Netz zu bringen. Der Hauptgrund ist wohl darin zu finden, dass wegen Niedrigwasser auf den Flüssen die Anlieferung von großen Mengen Kohle über Häfen wie Rotterdam kaum möglich ist, und dass Kapazitäten auf der Schiene derzeit nicht wirklich vorhanden sind.

Hilfe für Frankreich?

Gut die Hälfte der Atomkraftwerke in Frankreich sind derzeit nicht am Netz. Weil auch dort Flüsse weniger Wasser führen und die Kühlung schwierig ist, und weil einzelne Werke auch gewartet werden, ist der Verdacht naheliegend, dass in Deutschland produzierter Strom derzeit verstärkt nach Frankreich verkauft wird um dort die Lücken zu schließen. Aktuelle Berichte (hier Spiegel) beziehen sich auf Aussagen des Branchenverbands „Zukunft Gas“. Er vermutet als Grund für das aktuelle Plus in der deutschen Stromerzeugung aus Gas eben genau diese erhöhte Stromnachfrage aus Frankreich, wie auch aus der Schweiz, wo derzeit wegen der Dürre nicht so viel Strom aus Wasserkraft produziert werden kann. Bereits im zweiten Quartal habe sich der Stromexport von Deutschland nach Frankreich gegenüber dem Vorjahr fast versechsfacht.

Schaut man heute auf das SMARD-Portal der Bundesnetzagentur, und schaut man sich die Daten für den Nettoexport von Strom an, dann sieht man in 2021 in den Monaten Mai, Juni und Juli insgesamt negative Nettoexporte, also de facto Stromimporte nach Deutschland. Im Mai, Juni und Juli 2022 sieht man aber positive Werte beim Nettoexport von Strom ins Ausland. Das ist ein Indiz dafür, dass derzeit vermehrt Strom ins Ausland verkauft wird.



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4 Kommentare

  1. „Schaut man heute auf das SMARD-Portal der Bundesnetzagentur, und schaut man sich die Daten für den Nettoexport von Strom an, dann sieht man in 2021 in den Monaten Mai, Juni und Juli insgesamt negative Nettoexporte, also de facto Stromimporte nach Deutschland. Im Mai, Juni und Juli 2022 sieht man aber positive Werte beim Nettoexport von Strom ins Ausland. Das ist ein Indiz dafür, dass derzeit vermehrt Strom ins Ausland verkauft wird.“

    Der „Rubel“ muss auch in Deutschland rollen! Egal wie. Was nach dem Export verbleibt,
    wird durch Gas-Umlagen fuer den Verbraucher und Steuerzahler noch etwas „veredelt“.
    Klassische Win-Win Situation fuer die Verschwender-Regierung.
    Da soll mal einer behaupten, die koennten nicht (in die eigenen Taschen) wirtschaften.

  2. Pingback: Meldungen und Nachrichten vom 19.08.2022 | das-bewegt-die-welt.de

  3. Es ist ein Geben und Nehmen beim Strom. Im Winter könnten wir ganz schnell wieder vom Franzosen-Strom abhängig sein, deshalb sollten wir unsere Nachbarn jetzt auch nicht hängen lassen.

    1. @Peter S., Sie wissen aber schon, dass Frankreich wegen seiner maroden Atommeiler und seiner Elektroheizungen seit 2016 ununterbrochen jeden Winter in höchste Schwierigkeiten schlittert? Das Konzept funktioniert einfach nur einigermaßen im Frühjahr und im Herbst, wenn es nicht zu kalt und nicht zu warm ist. Ich bin mir daher sehr sicher, dass Frankreich auch diesen Winter eher von Deutschland zehrt, als umgekehrt.
      Natürlich sollte man sie nicht hängen lassen, dass deren Situation aber unseren Strompreis in utopische Höhen treibt, kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

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