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Konjunktur runter, Kredite steigen wie seit der Dotcom-Blase nicht mehr – was ist da los?

Die Konjunktur in Deutschland schwächelt. Die Wirtschaftsleistung fällt zwar insgesamt nur minimal, aber sie ist rückläufig! Und die Industrie, die ist ganz eindeutig in der Rezession. Nur Bau und Dienstleistungen halten die gesamte Volkswirtschaft von einem düsteren Einbruch ab. Während die Konjunktur also relativ düster aussieht, verläuft die Kreditvergabe an Unternehmenskunden genau entgegen gerichtet.

Glaubt man dem diese Woche erschienenen Deutschland Monitor der Deutschen Bank in Sachen Unternehmensfinanzierung, dann ist die Kreditvergabe der Banken in Deutschland an Unternehmenskunden (Kapitalgesellschaften, kleine Unternehmen, Einzelunternehmer) im 2. Quartal im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen. Das ausstehende Volumen der Kredite ist um 25,5 Milliarden Euro oder 5,6% gestiegen! Das sei das stärkste Wachstum seit der Dotcom-Blase vor 20 Jahren, so die DB. Das Kreditwachstum im Verarbeitenden Gewerbe erhöhte sich sogar um 8% gegenüber dem Vorjahr.

Profitiert von diesem Kreditwachstum haben die Bereiche Wohnungsunternehmen, Telekom/Beratung/Werbung und Maschinenbau/Auto. Sieh an. Der Autobranche geht es mehr als schlecht. Aber man greift vermehrt zu Krediten, vor allem zu kurz laufenden! Spötter würden jetzt sagen: Die Zinsen sinken ja immer weiter. Also finanzieren die großen Konzerne ihre Aktienrückkäufe weniger über erwirtschaftete Gewinne, sondern über Kredite mit extrem niedrigen Zinssätzen.

Und was sagt der DB-Report dazu, dass gerade jetzt, wo die Industrie in der Rezession steckt, gerade Maschinen- und Autobauer kräftig neue kurz laufende Kredite aufnehmen? Dies sei ein Warnsignal. Daran erkenne man ein Cashflow-Problem. Vor allem viele kleinere Unternehmen und Zulieferer bekämen die schon seit einem Jahr andauernden Schwierigkeiten der Autobranche zunehmend zu spüren. Gleichzeitig spiegele sich darin ein Stück weit die Zweiteilung der Realwirtschaft in einen immer noch robusten Dienstleistungssektor und eine in der Rezession steckende, exportabhängige Industrie wider.

Aber auf alle Unternehmen bezogen kann man auch sagen: Warum eigentlich nicht? Warum nicht in einer Konjunkturschwäche verstärkt Kredite aufnehmen? Denn die Zinsbelastung ist gegenüber 2018 ja weiter gefallen, wie der Report auf Seite 5 in Zins-Grafiken darlegt. Das Zinsniveau erreichte genauer gesagt in manchen Segmenten neue Allzeittiefs. Von März bis Juni hätten die Banken mit Vorschau auf die weiter sinkenden EZB-Zinsen ihre Zinsen für Kredite an Unternehmen weiter gesenkt. Kredite mit einer Zinsbindung von mehr als fünf Jahren erreichten neue Rekordtiefs von bis zu 1,4%. Kredite mit weniger als fünf Jahren Zinsbindung erreichten Rekordtiefs von 1,6%.

Was ja auch schon von FMW und vielen anderen Beobachtern besprochen wurde: Ein mit Geld überschwemmter Kreditmarkt spült auch ordentlich Geld in die Kassen von Zombie-Unternehmen. Also solche Unternehmen, die in einem gesunden Zinsumfeld gar nicht in der Lage wären die Zinsbelastung für die Kredite aus Erträgen des laufenden Geschäftsbetriebs zu erwirtschaften. Aber bei quasi Nullzinsen, da darf jeder mal kräftig zulangen. Übrigens: In der Eurozone als Ganzes ist sind die Kredite an Unternehmen außerhalb der Finanzbranche im Jahresvergleich um 2,4% gewachsen, was so hoch ist wie seit zehn Jahren nicht mehr.



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2 Kommentare

  1. Genau das ist doch das Ziel der lockeren Geldpolitik. Kreditvergabe das Wachstum erzeugt. Unternehmen bauen, kaufen, investieren. Endlich fruchte es.

  2. Hallo,Frank.Endlich fruchtet es!Wieso,weshalb,warum?(wer nicht fragt bleibt dumm!)Was fruchtet und was ist „lockere Geldpolitik“? Kredite ohne Ende zum Nullzins für Wachstum in „Friday for Future-Zeiten“?Was soll wachsen?Die Weltbevölkerung,der Ressourcenverbrauch oder die schier endlose menschliche Dummmheit? In unserer gar nicht mal so kleinen(in der Auflagenstärke),Lokalzeitung sind auch etliche Profi-Leserbriefschreiber.welche oft aufzählen,was zur Zeit Sache ist.Habe ich den ellenlangen Beitrag aber durchgelesen,frage ich mich oft:Wo sind die Lösungen,bzw.Ansätze dazu?P.s.Das Geldsystem gibt es ja wohl schon einige Jahrhundert,wenn nicht sogar Jahrtausende.Warum waren die da Vincis,Keplers,Newtons und beinahe unzählig andere mehr nicht in der Lage ihre Finanzsituation zu paradisieren,wie wir es scheinbar heute können?Schulden,wen juckts,Geld,.immer und überall in ausreichender Menge da,ultralockere Geldpolitik,QE bis der Arzt kommt-Wir sind alle Dagoberts!Nicht nur ich-der geborene Nihilist fragt sich immer häufiger.Wo ist der Haken,der mich zur Beute macht?

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