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Biden will China in Schach zu halten Modis USA-Besuch: Indien als Schlüsselpartner der USA gegen China

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Ende letzter Woche besuchte der indische Ministerpräsident Narendra Modi die USA – Washington sieht Indien als Schlüsselpartner gegen China. In seltener Eintracht betrachten Vertreter beider amerikanischer Parteien den Besuch als äußerst wichtig und rollten den ganz großen Teppich aus: Zu Ehren Modis luden die Bidens nicht zu einem Staatsbankett ins Weiße Haus, sondern Modi durfte auch vor beiden Kammern des Parlaments eine Rede halten. Damit ist der Vertreter des bevölkerungsreichsten Landes der Erde einer der wenigen Staatslenker, denen diese Anerkennung zum zweiten Mal während ihrer Amtszeit zuteil wird.

Indien als Schlüsselpartner der USA gegen China – mit unabhängigem Standpunkt

Für Biden stellt Indien eines der Schlüsselländer im Mosaik dar, um China in Schach zu halten. Indien sieht sich selbst als die sicherheitspolitische Ordnungsmacht im Indischen Ozean, das auf der westlichen Seite den Zugang zur Straße von Hormus sichert, auf der östlichen hingegen die Straße von Malakka kontrollieren kann, durch die praktisch der gesamte Schiffsverkehr von und nach China verläuft. Dies macht Indien zu einem interessanten Verbündeten für die USA.

Die indische Seite hingegen pocht auf ihre Unabhängigkeit. Mit China ist es über die Vereinigung der BRICS-Staaten und die Shanghai Cooperation Organisation (SCO), einem eurasischen Sicherheits- und Verteidigungsbündnis, verbunden. Allerdings ist Indien auch weiterhin in der Bewegung der Blockfreien organisiert und hält gemeinsame Manöver mit den ASEAN-Staaten ab. Aber auch mit den USA ist Indien direkt über den Quadrilateralen Sicherheitsdialog, ein sicherheits- und militärpolitisch ausgerichteter Zusammenschluss der Staaten USA, Australien, Indien und Japan mit bislang eher informellem Charakter, der das Ziel verfolgt, einen „freien und offenen Indopazifik“ zu gewährleisten, aber auch schon gemeinsame Manöver abgehalten hat und sich ebenfalls explizit gegen China richtet.

Insbesondere die Beziehung zu China ist schwierig. Vordergründig geht es um den Grenzkonflikt zwischen Indien und China im Himalaya, aber auch um die wirtschaftliche Konkurrenz zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Welt und vor allem um tiefliegende Vorurteile und Minderwertigkeitskomplexe. China fühlt sich Indien nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell überlegen, und die meisten Chinesen verachten Inder, die diese Vorurteile spiegeln. Aber zusammen mit China versucht Indien die Vormachtstellung des Westens, insbesondere der USA und der ehemaligen Besatzungsmacht Großbritannien, zu schwächen.

Indien will von der demographischen Dividende profitieren

Im Moment sehen sich die Inder im Wettstreit mit China klar im Vorteil. Indien glaubt, nun von der Bevölkerungsdividende profitieren zu können. In Indien wurden letztes Jahr 16,9 Geburten pro 1.000 Einwohnern verzeichnet, in China nur 6,77. Das durchschnittliche Alter in Indien liegt bei 27,2 Jahren, im Vergleich zu 38,4 Jahren in China. Angesichts der deutlich höheren Geburtenrate wird Indien nicht so schnell altern wie China.

Während China nach der Öffnung mit deutlichen Schwierigkeiten kämpft, die Wirtschaft auf einen Wachstumspfad zurückzuführen, boomt die Wirtschaft geradezu und erwartet ein Wirtschaftswachstum von 7,2% für das Gesamtjahr 2023, nachdem das erste Quartal mit 6,1% deutlich stärker gewachsen ist.

Investoren wandern von Indien nach Mexiko oder Vietnam ab

Allerdings übertünchen diese Zahlen die Probleme, die Indien hat. Denn Indien kann nicht wirklich von der Verlagerung vieler Unternehmen aus China profitieren. Vietnam, Mexiko oder andere südostasiatische Länder wären dabei eigentlich die logische Alternative. Kein anderes Land stellt potenziell so viele Menschen als Arbeiter zur Verfügung wie Indien.

Aber Indien kämpft mit vielen hausgemachten Problemen. Da ist zum einen die marode Infrastruktur. Selbst die Bundesstraßen gleichen eher deutschen Kreisstraßen. Selbiges gilt für das Schienennetz. Immer wieder ereignen sich in Indien schwere Zugunglücke, wie zuletzt Anfang des Monats mit mehr als 260 Toten. Der schnellste Zug, der Vande Bharat Express, fährt gerade mal mit 160 km/h durch das Land. Das einzige High-Speed-Zug-Projekt, die Mumbai-Ahmedabad-Strecke, deren Bauarbeiten vor fünf Jahren begannen, wird nicht wie geplant bis 2028 fertiggestellt, sondern deutlich später.

Waren sind jedoch nicht nur wegen der maroden Infrastruktur lange unterwegs zu ihrem Bestimmungsort, sondern auch weil die indischen Bundesstaaten durch Zollgrenzen voneinander getrennt sind. So verrotten 16% der landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf dem Weg vom Erzeuger zu den Käufern. Ebenso verhindern die Vorgaben wirksam den Markteintritt ausländischer Unternehmen in Indien. Man findet kaum bekannte Ketten, die in anderen Ländern den Markt beherrschen.

Der Export von Gütern wird durch die massiven Devisenkontrollen behindert. Wer in Indien produzieren und die Waren exportieren möchte, sieht sich Problemen an so vielen Fronten konfrontiert, dass die Vorteile, junge, relativ billige, aber willige Arbeiter zur Verfügung zu haben, mehr als wettgemacht werden. Möchte Indien wirklich von der demographischen Dividende profitieren, müsste es eine Reihe von Reformen durchführen.

Indien und seine sicherheitspolitische Freundschaft mit Russland

Auf der anderen Seite verbindet Indien mit Russland eine lange, vor allem sicherheitstechnische Freundschaft. Traditionell kauft Indien schon seit den Zeiten der Sowjetunion Waffen und andere militärische Ausrüstung vom BRICS-Partner, z.B. den ersten Flugzeugträger der indischen Marine, die „INS Vikramaditya„.

Nicht nur seit dem russischen Überfall auf die Ukraine, aber seither verstärkt, gibt es in Indien Bestrebungen, sich von russischen Waffenlieferungen unabhängig zu machen. Dies war auch inhaltlich der Schwerpunkt der Vereinbarungen zwischen den USA und Indien. Indien sichert den USA Handelserleichterungen zu, während die USA Indien erlauben, F414-Turbinentriebwerke für ein zu entwickelndes indisches Kampfflugzeug in einem Joint Venture von GE und Hindustan Aeronautics herzustellen. Zudem kauft Indien Seedrohnen von den USA.

Modis Besuch in den USA verdeutlicht die hohe Bedeutung des Landes als Schlüsselakteur im geopolitischen Mosaik zur Eindämmung Chinas. Allerdings erfordert Indiens Bestreben, China zu übertreffen, eine Modernisierung und eine Anpassung an die internationale Gemeinschaft. Dabei kann es von China lernen: Erst die Öffnung unter Deng Xiaoping führte zu einem wirtschaftlichen Boom.



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1 Kommentar

  1. An der multipolaren Außenpolitik von Ministerpräsident Narenda Modi auf Grundlage der UN-Charta könnten sich so manche Staats- und Regierungschefs innerhalb der UN-Mitgliedsländer mal ein Beispiel nehmen.

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