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EZB-Chefin Lagarde wird vorsichtiger Streit in der EZB: Falken wollen Zinsen weiter anheben

Was ist wichtiger - Inflation oder Rezession?

Streit EZB Zinsen

Wird die EZB die Zinsen weiter anheben – oder doch nicht? Darüber entbrennt zunehmend ein Streit innerhalb der Notenbank, nachdem sich die Wirtschaftsdaten in der Eurozone immer weiter verschlechtern.

Wer hat nun das Übergewicht in der EZB: die Nordländer, die die Zinsen weiter anheben wollen – oder die Südländer, die keine weitere Znsanhebung mehr wollen? Lange waren die Südländer bestimmend in der EZB, weil die Inflation niedrig war und die Gefahr eher von einer Deflation auszugehen schien.

Aber mit dem Anstieg der Inflation, den die EZB lange völlig unterschätzt hatte, hatten sich die Gewichtungen verändert: die Nordländer wie Deutschland, Österreich und Niederlande bestimmten die Agenda der EZB und fühlten sich in ihren Warnungen vor der Inflation bestätigt. EZB-Chefin Lagarde, zuvor eher im Lager der Südländer, schwenkte um und schlug sich auf die Seite der Nordländer.

Nun aber, nach immer schwächeren Daten aus der Eurozone, scheint Lagarde wieder in die Mitte zu rücken und schließt sich dem Mantra von Fed-Chef Powell an: wenn es nötig ist, heben wir die Zinsen an – wenn nicht, dann eben nicht.

Vertreter der Nordländer wie Nagel (Bundesbank) oder der Chef der Österreichischen Nationalbank, Holzmann, sehen das jedoch weiter anders und fordern, die Zinsen weiter anzuheben, wie Bloomberg berichtet.

EZB gespalten bei Zinsen – Falkre Holzmann will weiter anheben

Die EZB hat die Inflation laut Robert Holzmann noch nicht besiegt und muss die Zinsen im September wohl erneut anheben.

Im Bloomberg-Interview sagte der Chef der Österreichischen Nationalbank (OeNB), der im EZB-Rat zu den Falken zählt, die Wirtschaft des Euroraums sei nicht von einer Rezession bedroht. Der florierende Arbeitsmarkt bedeute, dass die Gewerkschaften einen Hebel für umfangreiche Lohnerhöhungen haben könnten.

“Was die Inflation angeht, sind wir noch nicht aus dem Schneider”, sagte Holzmann. “Wenn es keine großen Überraschungen gibt, sehe ich gute Gründe dafür, die Znhebung der Zinsen fortzusetzen, ohne eine Pause einzulegen.” Entscheidend sei die weitere Datenentwicklung.

Aus dem Falkenlager der EZB hatten vergangene Woche am Rande des Fed-Symposiums in Jackson Hole bereits Bundesbankchef Joachim Nagel und Lettlands Chefnotenbanker Martins Kazaks signalisiert, ebenfalls zu einer weiteren Zinsanhebung zu tendieren.

Unter den Tauben im Zentralbankrat indessen hatte Portugals Mario Centeno auf die aufkommenden Abwärtsrisiken für die Konjunktur verwiesen und bei den weiteren geldpolitischen Schritten zur Vorsicht gemahnt: die Risiken für die Wirtschaft seien nun Realität geworden, so Centeno.

Die Datenlage gibt Centeno recht: die Einkaufsmanagerindizes der Eurozone werden immer schwächer. Nachdem der Dienstleistungssektor lange geboomt und damit die Schwäche der Industrie (Gewerbe) kaschiert hatte, beginnt nun auch dieser Sektor zu schwächeln. Schwache Wirtschaftsdaten in Kombination mit der sinkenden Geldmenge lassen die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in der Eurozone bis nächstes Jahr auf derzeit 95% steigen – gemäß dem von der EZB selbst entworfenen Rezessionsmodell.

Holzmann ist jedoch der Meinung, dass jetzt nicht die Zeit ist, zu zögern.

“Es ist besser, den Zinsgipfel schneller zu erreichen, was auch bedeutet, dass wir früher anfangen können, die Zinsen zu senken”, führte der OeNB-Chef aus. “Für die Märkte ist es schwieriger, einen Stop-and-Go-Zinskurs zu verdauen.”

FMW/Bloomberg

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2 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Es ist der alte Kampf zwischen Bullen und Bären, zwischen Tauben und Falken an der Börse und in den Notenbanken.

    Die Einen ( Bullen) brauchen möglichst niedrige Zinsen,eine große Bilanzsumme und eine ständig wachsende Geldmenge = lockere Geldpolitik und werden in den Notenbanken vertreten durch die Tauben (- Fraktion) , die Anderen ( Bären) setzen auf das Gegenteil.

    Ihre Partner in den Notenbanken sind die Falken. ( Hohe Zinsen, niedrige Geldmenge, straffe Geldpolitik) .

    Je dovisher die Geldpolitik ist, je höher die Kurse und umgekehrt.

    Mit Draghi und Bernanke hatten die Bullen ihre größte Zeit, aber auch Yellen war nicht besser. Erst mit Powell zog die Wende ein.
    Ein erster Versuch, 2018,die Zinsen zu normalisieren, scheiterte grandios. Zu restriktiv reagierten die Märkte und die Politik ( Trump als US Präsident ,der das Platzen der Blase fürchtete).
    Wir erinnern uns: Der Dow fiel von über 27 TDS auf knapp 21 000 und folglich machte Trump Druck. Beinahe täglich kritisierte er den FED Chef, bis dieser sprichwörtlich einknickte.
    Erst mit der Inflation kam seine Zeit zurück. Zudem verloren die Bullen mit Trump ( Steuerreform von 2017 ) ihren“ besten Mann „.
    Biden wollte eher die Inflation bekämpfen als den Wallstreet – Bullen zu helfen. Er fordert von Powell Ende 2021: „Bringe mir die Inflation herunter! „.
    Nun hatte Powell endlich freie Hand. Die EZB, wo inzwischen Draghi durch Lagarde abgelöst wurde, folgte wenig später.
    Theoretisch müssten jetzt die Märkte einbrechen, theoretisch, praktisch haben über 13 Jahre Niedrigzinspolitik ihre tiefen Spuren hinterlassen.
    Die Märkte müssen erst die Niedrigzinspolitik ,der vergangenen Jahre vollständig verdauen. Viele Firmen, Personen und Institutionen sitzen noch auf fetten 0 Zins- Krediten aus der Zeit.
    Auch die Börse. Selbst die Notenbanken.
    Denn was sind denn die ganzen, insgesamt über 12 QEs, seit der Lehman Pleite, wenn nicht unlimitierte Kredite an die Schuldner. ..?
    Billionen und Aberbillionen schlummern noch in den Bilanzen der Notenbanken.

    Deshalb gilt : Bilanz vor Zinsen !

    Am Donnerstag kommt wieder die neueste Bilanz der FED. Es bleibt also spannend, wer wird sich am Ende durchsetzen, die Bullen oder die Bären an der Börse bzw die Falken oder die Tauben in den Notenbanken.
    Für die Bekämpfung der Inflation wäre natürlich eine straffe Geldpolitik wünschenswert.

    Insgesamt bleibt es dabei, die Wallstreet – Bullen spekulieren auf ein Ende der Inflation und damit auf ein Ende der straffen Geldpolitik.
    Die Bären setzen auf das Gegenteil. Sie gehen davon aus, das die Inflation in den kommenden Monaten wieder ansteigt und die Notenbanken darauf reagieren werden.
    Mit weiterhin hohen Zinsen und weniger Billionen an Staatsanleihen in ihren Depots. Das wäre schlecht für die Kurse. Würde aber den Bären, die auf sinkende Kurse setzen, helfen

  2. Einem Abhängigen wird man kaum schadlos verklickern können, das nur ein wohl schmerzvoller, dennoch heilsamer Effekt nur eintreten kann, wenn der Entzug durchgehalten wird. Mit den Zinsen wird es kaum anders sein. Die Auslese erfolgt nur durch Entzug. Eine fortschreitende und dauerhafte Inflation vernichtet weitaus größere Werte, als eine kurzfristige rezessive Phase.

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