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Wie reagieren die Börsen? US-Aktienmärkte: Ein 4,2-Billionen-Dollar-Ereignis steht heute an

US-Aktienmärkte: Ein 4,2-Billionen-Dollar-Ereignis steht heute an

Auf die Wall Street kommt heute Abend ein großes Ereignis zu, denn es verfallen heute Optionen von Aktien und Indizes wie dem S&P 500 im Wert von 4,2 Billionen Dollar. Ein derart großes Optionsvolumen zum Hexensabbat gab es zuletzt vor einem Jahr. Der große Verfall dürfte sich auch auf die euphorisierten US-Aktienmärkte auswirken, die derzeit von einem Jahreshoch zum nächsten klettern – der Ausgang ist dabei ungewiss.

Bloomberg zufolge, stellt der Bullenmarkt an den Aktienmärkten, der derzeit der Schwerkraft trotzt, Anleger vor ein neues Rätsel, da am heutigen Abend ein ungewöhnlich großes Volumen an Optionen ausläuft: Soll man mit bullischen Derivaten (Calls) auf Gewinne setzen oder sich mit bearischen Wetten (Puts) absichern?

Aktienmärkte: Ein besonderer Hexensabbat

Vor dieser Entscheidung stehen die Händler jeden Monat, aber dieses Mal steht mehr auf dem Spiel. Nach einer Schätzung von Rocky Fishman, dem Gründer des Derivate-Analyseunternehmens Asym 500, werden Optionen, die an Aktien und Indizes gebunden sind, im Wert von etwa 4,2 Billionen Dollar fällig. Das sind satte 20 % mehr als vor einem Jahr.

Bei dem als OpEx bekannten Ereignis werden in der Regel bestehende Positionen von Wall Street-Managern umgeschichtet oder neue Positionen eröffnet. In diesem Monat fällt es auch mit dem vierteljährlichen Verfall von Index-Futures und der Neugewichtung von Benchmark-Indizes wie dem S&P 500 zusammen. Dieses Ereignis wird unheilvoll als „Triple Witching Day“ oder im Deutschen als Hexensabbat bezeichnet und findet nur vier Mal im Jahr statt. Es ist dafür bekannt, dass er zu einem sprunghaften Anstieg des Handelsvolumens und zu plötzlichen Kursschwankungen an den Aktienmärkten führt.

Nach Ansicht von Matthew Tym, dem Leiter des Aktienderivatehandels bei Cantor Fitzgerald LP, werden die Händler wahrscheinlich ihre Call-Positionen auflösen, insbesondere diejenigen, die noch aus dem Geld sind. Die Auswirkungen des Ereignisses auf die Aktienmärkte lassen sich diesmal jedoch nur schwer vorhersagen.

Bullenmarkt: Fortsetzung oder Korrektur?

„Die Leute sind unterinvestiert und müssen sich engagieren“, sagte Tym. „Es gibt eine enorme Menge an Optionen, die heute auslaufen. Ich habe jedoch kein gutes Gefühl dafür, wie sich das an den Aktienmärkten auswirkt“.

Aktienmärkte: Am Hexensabbat verfallen Optionen auf Aktien & Indizes wie den S&P 500
Verfall von Optionen im Volumen von 4,2 Billionen USD. Quelle: Asym 500

Angesichts der überzogenen Bewertungen und der anhaltenden Rezessionsängste lässt sich argumentieren, dass eine Absicherung durch Derivate gerechtfertigt ist. In der jüngsten Bloomberg-Umfrage unter Sell-Side-Strategen wird für das Jahresende im Durchschnitt ein Rückgang des S&P 500 um mehr als 7 % erwartet. Gleichzeitig bewegen sich die Kosten für Optionen auf einem Dreijahrestief.

Dennoch hat der achtmonatige Anstieg der Aktienkurse allen Pessimisten getrotzt und den Leitindex S&P 500 über die Bullenmarkt-Schwelle von 20 % getrieben, was unter einigen Analysten als Signal für eine neue Hausse angesehen wird. Defensiv eingestellte Anleger haben daher versucht, mit Call-Optionen, die an die jüngsten Marktführer wie Technologie-Megacaps und Small Caps gebunden sind, aufzuholen.

Tatsächlich ist der Optionsmarkt, der ursprünglich als Platz für Nebenwetten auf Aktien gedacht war, so groß geworden, dass er die zugrunde liegende Aktienlandschaft beeinflusst, also die Kurse im S&P 500 und Co. Einige Derivate-Experten sind der Meinung, dass der jüngste Ansturm der Anleger auf Call-Optionen und die Auflösung ihrer früheren Put-Positionen den jüngsten Aufschwung des breiten Aktienmarktes noch verstärkt haben.

Short-Covering stützt die Aktienmärkte

Die US-Futures zeigen sich am Freitag bislang wenig verändert, nachdem der S&P 500 am Donnerstag um mehr als 1 % gestiegen war und damit seine Juni-Rallye auf 6 % ausgebaut hatte. Mit einem Anstieg von sechs aufeinanderfolgenden Handelstagen hat der Leitindex gerade seine längste Gewinnserie seit November 2021 erreicht. Zur Stützung des Aktienmarkts trugen vor allem Optionshändler bei, die vor dem Verfall am Freitag tief im Geld liegende Calls zurückkauften und dann neue Kontrakte für den nächsten Monat verkauften. Der starke Anstieg hat sie schließlich zum Kauf von Aktien zur Absicherung gezwungen, so Dave Lutz, Leiter der ETFs bei JonesTrading.

„In den Monaten, in denen die Kurse stark steigen, gibt es viele Käufe, die sich auf die letzte Stunde der Sitzung konzentrieren“, sagte er.

Der Hedging-Prozess ist kompliziert, aber er funktioniert in etwa wie folgt: Wenn ein Händler eine Short-Position eröffnet, also einen Leerverkauf tätigt, geht er im Grunde eine Wette darauf ein, dass der zugrunde liegende Vermögenswert fallen wird. Um dieses unerwünschte direktionale Risiko auszugleichen, kauft der Händler in der Regel einen Teil des Underlyings, um eine neutrale Position zu halten.

Eine ähnliche Dynamik gilt für Puts, die während der Bankenturbulenzen und der Beinahe-Krise um die US-Schuldengrenze gefragt waren. Zu Beginn dieses Jahres mussten Market Maker, die zahlreiche Puts verkauft hatten, Aktien abstoßen, um ihre Engagements abzusichern. Als diese Ereignisse dann ohne wirklichen Schaden vorübergingen und die Anleger ihre Wetten rückgängig machten, mussten auch sie ihre Absicherungsgeschäfte rückgängig machen und stattdessen Aktien kaufen. Dies hat dem Aktienmarkt zusätzlich Rückenwind verliehen.

Euphorie an den Aktienmärkten

Jetzt schlägt die Stimmung an der Wall Street wieder um, vor allem wegen des großen Optimismus in Bezug auf künstliche Intelligenz und Unternehmen wie den „glorreichen Sieben“ zu denen auch Nvidia, Microsoft und Alphabet gehören, die im Zentrum des KI-Hypes stehen.

„Noch vor ein paar Monaten war der Konsens der Anleger überwältigend negativ. Die Bären sind dabei, sich ins Bullenlager zu begeben“, sagte Amy Wu Silverman, Leiterin der Derivate-Strategie bei RBC Capital Markets. „Wann hat der Umschwung begonnen? Mit den besseren Wirtschaftsdaten, dem Ende des Schuldenstreits oder den überragenden Gewinnen von Nvidia oder vielleicht nur wegen des unguten Gefühls die Rally an den Aktienmärkten zu verpassen (FOMO)?

FMW/Bloomberg



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