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US-Wirtschaft: Wann kommt das 1,9 Billionen US-Dollar Hilfspaket?

Im US-Kongress soll der Mega-Stimulus für die US-Wirtschaft durchkommen

In der Nacht zum Samstag hat das Repräsentantenhaus der Gesetzesvorlage für das dritte Hilfspaket für die US-Wirtschaft zugestimmt. Nun fehlt noch der Segen des Senats, wo die Mehrheitsverhältnisse sehr knapp ausfallen. Dies kann zu Verzögerungen und zu Änderungen beim Volumen der Hilfen führen.

US-Wirtschaft wartet auf die nächsten Billionen

Nahezu 600 Seiten umfasst die Gesetzesvorlage für das erste große Projekt der neu gewählten Biden-Regierung. Eine Kammer des US-Kongresses konnte das dritte Hilfspaket mit 219 Ja- zu 212 Nein-Stimmen am Wochenende bereits passieren. Dabei stimmten alle republikanischen und auch zwei demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus gegen das 1,9 Billionen US-Dollar Stimulus Programm mit der Bezeichnung „American Rescue Plan Act of 2021“.

Die eigentliche Hürde steht der Gesetzesvorlage aber erst noch bevor: die Abstimmung im US-Senat. Hier gestalten sich die Mehrheitsverhältnisse komplizierter. Mit 48 der 100 Sitze verfügen die Demokraten über keine direkte Mehrheit. Die Republikaner, die das Hilfspaket in seiner jetzigen Form ablehnen, belegen 50 Sitze. Zwei Sitze werden von parteiunabhängigen Senatoren gehalten.
Bereits bei der Verabschiedung des Haushaltsplans am 5. Februar, mit dem die Budgetgrundlage für das gigantische Hilfspaket gelegt wurde, musste die US-Vizepräsidentin Kamala Harris mit ihrer Senatsstimme ein Patt von 50:50 Stimmen zugunsten der Demokraten aufheben.

Noch ist unklar, ob alle demokratischen Senatoren der Gesetzesvorlage zustimmen werden. Die beiden unabhängigen Senatoren Bernie Sanders aus Vermont und Angus Stanley King Jr. aus Maine haben ihre Zustimmung bereits signalisiert.

Ein großes Anliegen des linken Flügels der Demokraten ist auf der Suche nach Mehrheiten bereits auf der Strecke geblieben. So war ursprünglich geplant, den Mindestlohn von 7,25 auf 15 US-Dollar pro Stunde zu verdoppeln. Nach heftigem Widerspruch aus der US-Wirtschaft und aus den eigenen Reihen wurde dieser Part aus der Gesetzesvorlage der Demokraten gestrichen.

In dieser Woche soll die überarbeitete Version im Senat zur Abstimmung kommen und wenn möglich, Mitte März in Kraft treten, denn die Zeit drängt. Bereits am 14. März laufen die zusätzlichen Unterstützungen für Arbeitslose aus. Diese waren im Zuge des 900 Mrd. US-Dollar Hilfsprogramms für die US-Wirtschaft im Dezember 2020 noch unter der Trump-Regierung verlängert worden.

Neben Transferleistungsempfängern warten vor allem Selbstständige, kleine und mittelgroße Unternehmen sowie Konzerne aus der Luftfahrt, dem Tourismus und der Gastronomie dringend auf neue finanzielle Unterstützung.

Die Demokraten rechtfertigen das Volumen des Hilfspaketes mit der wirtschaftlichen Fragilität vieler Firmen und den nach wie vor hohen Arbeitslosenzahlen. Nur mit weiteren massiven Hilfen könnten Armut, Unterversorgung und eine Pleitewelle verhindert werden.
Im Februar waren 15 Millionen Amerikaner mit ihren Mietzahlungen im Rückstand und 24 Millionen Erwachsene sowie 12 Millionen Kinder hatten nicht ausreichend zu essen. Die US-Finanzministerin Janet Yellen äußerte zudem Bedenken bezüglich der prekären Lage vieler Selbstständiger und Kleinstunternehmer.

Wer profitiert von dem Hilfspaket?

Im Grunde handelt es sich um ein erneutes gigantisches Helikoptergeld-Programm, finanziert von der US-Notenbank Fed und distribuiert durch das US-Finanzministerium an Privathaushalte, Selbständige und Unternehmen.

Die geplanten Direktzahlungen von 1.400 US-Dollar an die meisten Amerikaner, die zusätzlichen 400 US-Dollar pro Woche für Arbeitslosenhilfeempfänger (zuvor 600 US-Dollar) sowie die 3.600 US-Dollar pro Kind verteilt auf 12 Monate dürften in erster Linie dem Konsum sowie der Spekulationswut an den Finanzmärkten zugutekommen. Das zeigen zumindest die Erfahrungen aus der Verwendung der bisherigen Hilfszahlungen.

In den Genuss der Direktzahlungen in Höhe von 1.400 US-Dollar kommen Arbeitnehmer, die 75.000 Dollar oder weniger pro Jahr verdienen. Paare, die 150.000 US-Dollar oder weniger im Jahr verdienen, haben Anspruch auf zusammen 2.800 US-Dollar Direktzahlungen. Über diesen Schwellenwerten nehmen die Zuwendungen ab und enden vollständig bei Einkommen ab 100.00 US-Dollar für Einzelpersonen bzw. ab 200.000 US-Dollar pro Jahr für Paare. Transferleistungsempfänger erhalten die Direktzahlungen in voller Höhe.

Auf Unternehmensebene profitieren vor allem die Branchen Luftfahrt, Food-Service, Tourismus und Gastronomie.

Für den US-Arbeitsmarkt und die US-Wirtschaft insgesamt sind die geplanten Zuwendungen für kleine und Mittelständische Betriebe, die weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen, von großer Bedeutung. Von den ca. 26 Millionen Unternehmen in den Vereinigten Staaten sind 97,5 Prozent mit weniger als 20 Mitarbeitern sehr klein. Insgesamt stellen die KMUs über 90 Prozent aller Arbeitsplätze in der privaten US-Wirtschaft.

Der dem Senat zur Abstimmung vorgelegte Gesetzesentwurf sieht außerdem Nothilfen in Höhe von 350 Mrd. US-Dollar für bankrotte Bundesstaaten vor. Dieses Geld soll auch in Finanznöte geratenen Kommunen und Städten helfen, die andernfalls Lehrer, Feuerwehrleute und Polizisten aus Geldmangel entlassen müssten.

170 Mrd. US-Dollar sind für das Bildungssystem eingeplant. Weitere 50 Mrd. sollen für Corona-Schnelltests zur Verfügung gestellt werden und zusätzlich 20 Mrd. US-Dollar für das US-Impfprogramm.

Die Risiken des „Going Big“

Eine der größten Fürsprecherinnen des gigantischen Hilfsprogramms ist die ehemalige US-Notenbankchefin und jetzige US-Finanzministerin Janet Yellen. Sie hatte Ende Februar der Dringlichkeit neuer Hilfsprogramme in einem Brief an die Finanzminister der G20 Staaten dadurch Nachdruck verliehen, in dem sie sagte: “If there was ever a time to go big, this is the moment“.

Aber es gibt auch mahnende Stimmen, die erhebliche Risiken sehen. Da ist zum einen die schleichende Abhängigkeit der US-Wirtschaft von künstlichen Hilfen, die temporär Strohfeuer entfachen, einen Gewöhnungseffekt herbeiführen und ein rekordhohes ökonomischen Defizit verursachen. Für die Zeit der Entwöhnung gibt es hingegen keinen Plan.

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Zum anderen trifft das billionenschwere Hilfsprogramm auf eine US-Wirtschaft, die geprägt ist von Spekulationsexzessen an den Finanzmärkten und nach wie vor gestörten Liefer- und Versorgungsketten. Daraus resultiert neben der schon sichtbaren Vermögenspreisinflation sowie stark gestiegener Input-Kosten bei den Unternehmen das Risiko einer sich deutlich beschleunigenden Konsumententeuerung.

Daraus wiederum entstehen unkalkulierbare Risiken für die Rekordschulden der USA durch steigende Zinsen (Kreditkosten). Damit einhergehend könnte sogar ein Vertrauensverlust in die US-Notenbank und ihre Fähigkeiten zur Wahrung der Geldwertstabilität zu Turbulenzen an den Märkten und in der gesamten US-Wirtschaft führen.

Fazit und Ausblick

Bereits seit Sommer letzten Jahres feilen die Demokraten an ihrem „Rettungsplan für Amerika“. Seitdem haben sich die Machtverhältnisse in den USA deutlich zu ihren Gunsten gewandelt. Neben der Kontrolle über das Weißen Haus verfügen sie nun auch dank der Stimme der Vizepräsidentin über die hauchdünne Mehrheit im US-Senat.

Im Vorfeld der für diese Woche anstehenden Abstimmung in der zweiten Kammer des Kongresses haben sich die Finanzministerin Janet Yellen, die Mehrheitsführerin im Abgeordnetenhaus, Nancy Pelosi sowie der Fraktionsführer der Demokraten im Senat, Charles Ellis „Chuck“ Schumer, eng abgestimmt und einen mehrheitsfähigen Kompromiss kreiert.

Im schlimmsten Fall rechnen politische Beobachter mit Nachverhandlungen, die das Paket auf 1,7 Billionen US-Dollar schrumpfen lassen. Das wäre dann gleichwohl immer noch das zweitgrößte Stimulus Programm in der Geschichte der USA, ganz zur Freude der Finanzmärkte und der US-Wirtschaft.



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1 Kommentar

  1. …geil…das Paket schieben die Märkte schon seit gefühlt 03.11.2020 vor sich her und freuen sich…erst hieß es, dass es direkt mit Machtübergabe installiert wird…jetzt sind wir schon im März und es wird immer noch verhandelt und die Summen variieren immer noch…herrlich…und am Ende freuen sich alle zum 100 mal…geniale Hinhaltetaktik…

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