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ETF – Warum passives Investment diverse Probleme bereitet!

Die New Yorker Börse - immer mehr Anlegergeld fließt in ETF

Ein neuer von BlackRock gestarteter ETF (börsengehandelter Fonds), der sich auf Aktiengesellschaften spezialisiert, die Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsprobleme angeblich besonders gut managen, konnte schon nach zwei Tagen Einlagen von mehr als 800 Millionen US-Dollar verzeichnen. Der steile Start des neuen passiv gemanagten ETF (Buch: Anlegen mit ETF: Geld bequem investieren mit ETF und Indexfonds – Handbuch für Einsteiger und Fortgeschrittene von Stiftung Warentest) wirft ein Schlaglicht auf die Industrie des passiven Investments, die seit der Finanzkrise ihren Anteil am Gesamtfondsvolumen verdoppeln konnte. Gekauft wird alles, Hauptsache passiv gemanagt. Dabei können passive Investments wie ETF zahlreiche Probleme verursachen!

ETFs sind ein riesiger Marktteilehmer geworden, der den Markt selbst beeinflusst

Allein in den in den USA gelisteten ETFs stecken inzwischen mehr als 4 Billionen US-Dollar Anlagekapital. Von den vier größten ETF bilden drei den S&P 500 ab und vereinen fast 700 Milliarden US-Dollar Kapital auf sich. Allein der größte ETF (Kürzel SPY) setzt täglich durchschnittlich 20 Milliarden US-Dollar Tradingvolumen um. Während ein solches Volumen im S&P 500 noch relativ einfach auch in den zugrunde liegenden Basiswerten abgebildet und damit abgesichert werden kann, sieht das bei illiquideren Basiswerten schon ganz anders aus.

Je exotischer die Basiswerte sind oder je geringer das Handelsvolumen der Basiswerte ist, umso schlimmer wiegt die Liquiditäts-Suggestion der ETFs. Denn im Zweifelsfall, wenn eine große Menge ETF-Anteile im Krisenfall abgestoßen oder als Sicherheit gekauft werden sollen, können die Transaktionen nicht mehr in den Basiswerten abgesichert werden. Dann wackelt der Schwanz mit dem Hund, wenn die Absicherungsgeschäfte des ETF die Kurse der Basiswerte in den Keller prügeln oder den Himmel katapultieren. Und zu den illiquideren Basiswerten gehören inzwischen sogar Staatsanleihen, bei denen durch die Notenbankkäufe der Markt auszutrocknen beginnt.

ETF verwischen die in Aktien-Preisen steckenden Informationen

Mit dem starken Trend hin zum passiven Investment verlieren die Anlage-Preise zunehmend ihren Informations-Charakter. Das Denkmodell des Preises, in den alle vorhandenen Informationen einflossen und der daher stets zu jederzeit die Gesamtheit des Anlegerwissens reflektiert, war schon immer fehlerhaft. Doch früher trafen Investoren wenigstens eine eigene Entscheidung, wie umfangreich oder lückenhaft die Informationsbasis auch war. Heute hingegen treffen viele Investoren überhaupt keine Entscheidung mehr, sondern kaufen schlicht „den Markt“. Und die Aktien, die zufällig im gekauften Index enthalten sind, werden anteilig mit gekauft. Ganz gleich, ob das Unternehmen kurz vor der Pleite steht, schrumpft, sinkende Gewinne aufweist oder sonst welche Probleme hat, die früher Investoren vom Kauf abhielten.

So kommt es, dass in meinem Lieblingsbeispiel sich der Aktienkurs von Apple verdoppelte, nachdem (!) das Unternehmen eine Gewinnwarnung herausgab. In früheren Zeiten wäre es undenkbar gewesen, dass Anleger einem Unternehmen einen steigenden Wert beimessen, wenn selbiges Unternehmen ankündigt, künftig weniger Gewinne zu machen. Doch da Apple in diversen Indizes enthalten ist und dank der überdurchschnittlich hohen Marktkapitalisierung auch noch einen überdurchschnittlich großen Anteil an vielen Indizes hat, wurde die Aktie zusammen mit den Indizes gekauft und der Aktienkurs damit trotz Gewinnwarnung in neue Höhen gebracht. Die vorhandenen Informationen fließen somit heutzutage seltener in die Preisfindung der individuellen Aktie ein.

Bald verdienen und verlieren alle das gleiche

Das führt automatisch auch zu einer Gleichförmigkeit der Ergebnisverteilung. Je mehr Kapital passiv gemanagt wird, umso stärker gleicht sich das Ergebnis der einzelnen Anleger aneinander an. Wenn die Ergebnisse ähnlich sind, ist auch eine vergleichbare Verhaltensweise der Anleger zu erwarten. Wenn alle gleichzeitig verkaufen wollen, weil alle gleichzeitig hohe Verluste erzielen, kann das Crash-verstärkend wirken. Umgekehrt kann der wachsende Einfluss passiv gemanagten Vermögens natürlich auch steigende Kurse beschleunigen, wenn bei günstigem und gleichem Ergebnisverlauf die Masse der Anleger gleichzeitig ihre ETF-Anteile aufstockt.

Die Gleichförmigkeit der Ergebnisse übt wiederum Druck auf aktive Portfoliomanager aus, in allen Marktphasen besser zu sein als der Vergleichsindex. Schon heute ist zu beobachten, dass aktiv gemanagte Portfolien große Ähnlichkeit zu Aktienindizes und damit passiv gemanagten ETFs aufweisen. Der Vorteil des aktiven Managements geht jedoch verloren, wenn Anleger von ihrem Portfoliomanager zu jeder Zeit Outperformance erwarten. Das erlebt auch gerade Warren Buffett, der sich weigert, bei aktuellen Unternehmensbewertungen größere Investitionen zu tätigen. Mit enormen Cashbeständen sitzt Buffett eine der stärksten Aktien-Haussen seit langer Zeit aus und erzielt damit derzeit eine Underperformance. Seine Stunde als aktiver Manager wird in der Korrektur schlagen, wenn er seine gehorteten Cashbestände günstig genau dann einsetzen kann, wenn alle anderen verkaufen wollen.

Anteil der ETF am Aktienvermögen hat sich in zehn Jahren verdoppelt

Bis jetzt machen ETF trotz rapiden Wachstums lediglich rund 20% allen in Fonds investierten Vermögens aus. Damit hat sich der Anteil seit dem Beginn der Finanzkrise verdoppelt. Vor allem institutionelle Anleger wie Versicherungen vertrauen nach wie vor auf aktives Management. Doch der Trend ist klar. Aktiv gemanagte Fonds wiesen im vergangenen Jahrzehnt trotz steigender Aktienkurse einen konstanten Abfluss von Anlegerkapital auf, während passiv gemanagte Fonds Zuflüsse erfuhren.

Die Statistiken geben den Befürwortern der passiven ETFs recht: Sie sind günstiger und haben in den meisten Fällen eine bessere Rendite als aktive Portfolio-Manager. Die Frage lautet jedoch, welche Nachteile sich aus dem Trend zum passiven Management ergibt, wenn immer größere Anteile des Vermögens ohne Nachzudenken nur noch „den Index“ kaufen.

Übrigens: Der von BlackRock gestartete Fonds ist das beste Beispiel dafür, dass Anleger passiv alles kaufen, ohne zu schauen, was sie da im ETF eigentlich erwerben. Laut Börsenprospekt soll der Index in Unternehmen aus Schwellenländern investieren, die eine hohe Performance in Umwelt-, Sozial und Corporate Governance verglichen mit vergleichbaren Aktien im gleichen Sektor aufweisen. Kippen also alle Unternehmen ihren Giftmüll in den nächsten Fluss, wäre das eine Unternehmen, das ihn vergräbt, bereits Outperformer. Von einigen Medien wird dieser Fonds zu den „grünen“ und klimafreundlichen Finanzanlagen gezählt wird und vermutlich unter diesem Eindruck auch von Anlegern gekauft. Doch grün ist der Fonds überhaupt nicht, auch nicht sozial.

Mit dabei sind solche Sterne wie Tencent, die alle von Nutzern geteilten Daten dem chinesischen Staat weiterleiten (Social Performance?) oder Lukoil, die von Cambridge Analytica wissen wollten, wie sie US-amerikanische Wähler in den sozialen Netzwerken targetierten (Corporate Governance?). Der Fonds investiert in diverse Öl-, Gas- und Zementhersteller, Flughafenbetreiber und Energieversorger. Klimaschutz unterstützen Anleger damit wohl kaum!



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3 Kommentare

  1. Leider strotzt der Artikel gerade am Anfang von Behauptungen die nicht belegt sind. Es wird ein Szenario kreiert, das so aktuell wohl kaum vorliegt. Ich verweise bezüglich der Marktmacht von ETFs mal auf die Quellen von Gerd Kommer und seinen Quellen.

  2. Am Anfang des Artikels wirft der Autor mit einem absoluten Wert um sich (4 Billionen US Dollar) um diesen dann erst später in Relation zu stellen („Bis jetzt machen ETF trotz rapiden Wachstums lediglich rund 20% allen in Fonds investierten Vermögens aus.“) und verpasst es dann, den Fonds-Anteil vom gesamten investierten Vermögen im Aktienmarkt in Relation zu setzen. Vor 2 Jahren lagen Fonds insgesamt bei 7,6 Prozent in den USA (4,4 Prozent in Europa) des Gesamtaktienmarkts, selbst wenn es heute 10 Prozent wären, hätten ETFs also einen Gesamtmartkanteil von gerade mal 2 Prozent.

    Des weiteren beschreibt der Autor, dass ETFs einen signifikanten Einfluss auf den Wert von Einzelaktien haben und bringt als Beispiel Kursgewinne trotz Gewinnwarnung von Apple an ohne eine Quelle zu liefern, dass diese Gewinnwarnung einen verstärkten Run auf Fonds mit Apple-Anteilen ausgelöst haben soll. Preiseinfluss hat bei Börsen Angebot und Nachfrage. Der allergrößte Teil der ETF-Anleger betreibt aber keinen aktiven Handel und wird sich auch nicht mit Wirtschaftsnachrichten auseinander setzen. Der Sparplan wird einmal im Monat automatisch ausgeführt und das Depot wird sporadisch geprüft.

    Sollten ETFs so einen großen Einfluss auf den Markt nehmen, müsste man das ja am Kurs ablesen können. Wenn am Monatsanfang die Sparpläne vieler Anleger ausgeführt werden sollte es ja am jeweils ersten Börsenarbeitstag zu deutlichen Kurssteigerungen führen. Kursgewinne kann man an diesen Tagen allerdings genauso beobachten wie Kursverluste. Zum Beispielt ist am Montag 03.04.2017 der iShares MSCI World um 1,18 % gefallen (Hoch und Eröffnung waren gleich) und zwischen November 2017 und Mai 2018 ist der Kurs jeweils am ersten Börsentag des Monats gefallen, mit Hochs zwischen 0,00 und 0,28 Prozent plus von der Eröffnung. 6 Monate in Folge konnte man also keine positiven Auswirkungen der ETF-Käufe (es ist davon auszugehen, dass am ersten Arbeitstag des Monats die Sparpläne zu einem erhöhten Kauf-Volumen führen) auf die im Index abgebildeten Aktien feststellen.

  3. Pingback: Lesenswerte Links – Kalenderwoche 8 in 2020 |

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