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Analyse: Gründe für Weidmann-Rücktritt und Horrorszenario Fratzscher

Wir berichteten heute bereits. Jens Weidmann tritt als Chef der Bundesbank zurück. Stabilitätsorientierte Ökonomen, Journalisten und Millionen von Bürgern in Deutschland dürften ihm hinterher trauern. Die Südländer in der EZB und auch die gesamte Gemeinde der Anhänger von Gelddrucken, Schuldenmachen und Nullzinsen dürfte sich heimlich freuen. Aber warum ist Jens Weidmann zurückgetreten, und welche Kandidaten stehen als Nachfolger bereit?

Potenzielle Nachfolger für Jens Weidmann

So albern es klingt. Aber das Horrorszenario von stabilitätsorientierten Beobachtern wäre Prof. Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Wir haben seine Aussagen der letzten Jahre schon diverse Male kritisch begleitet, denn ja… wir bei FMW gehören eher zur Stabilitäts-Fraktion! Die FAZ bezeichnete Marcel Fratzscher im Jahr 2017 bereits als „Claqueur der SPD“, also als stumpfen Beifall-Klatscher. Inzwischen ist er auch stumpfer Beifall-Klatscher für Gelddrucken und Schuldenmachen geworden, so könnte man es formulieren.

Warum Marcel Fratzscher gar nicht mal so geringe Chancen auf eine Weidmann-Nachfolge im Chefsessel der Bundesbank haben dürfte? Nun, seine geldpolitische Einstellung ist voll auf Linie der Euro-Südländer. Damit würde die Bundesbank und damit automatisch auch die Bundesrepublik Deutschland im Rat der EZB für jede Menge gute Laune sorgen, und gesamteuropäisch würde sich Deutschland viel besser in das immer stärker werdende Klima von „Immer mehr Schulden machen“ einbetten. Außerdem gilt Fratzscher als eng verbunden mit der SPD, die ja offenbar die nächste Bundesregierung anführen dürfte.

Und, das ist auch wichtig: Marcel Fratzscher war bereits vor Jahren als Leiter der Abteilung für wirtschaftspolitische Analysen bei der EZB tätig. Also würde es leicht fallen ihn zu installieren als „Kenner“ der EZB. Aber ich vermute mal: Für Marcel Fratzscher als neuen Bundesbank-Chef spricht am meisten, dass er mit seiner geldpolitischen Weltanschauung voll auf Linie ist bei den Grünen und wohl auch vielen SPD-Politikern. Billiges Geld, und jede Menge neue Schulden müssen her für jede Menge neue Projekte der neuen Bundesregierung – da braucht man auch jemanden, der diese Schulden aufkauft? Und was wäre da besser als eine mehr denn je auf Kurs steuernde EZB.

Neben Marcel Fratzscher kommt auch noch die EZB-Funktionärin Isabel Schnabel als Kandidatin für den Bundesbank-Chefsessel in Frage. Aber auch dem ehemaligen Goldman Sachs-Banker und aktuellen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Jörg Kukies könnte man gute Chancen einräumen. Er hat das SPD-Parteibuch ist gut befreundet mit Olaf Scholz – das spricht für ihn. Ist es notwenig zu erwähnen? Beide gemeinsam verantworteten in den letzten Jahren die nicht funktionierende BaFin, den Wirecard-Skandal uvm.

Warum Jens Weidmann zurückgetreten ist

Offiziell spricht Jens Weidmann in seinem Statement von „persönlichen Gründen“ für seinen Rücktritt. Dies kann man womöglich als Standardfloskel abhaken, wie man sie immer wieder bei Rücktritten hört. Durchblicken lässt Jens Weidmann aber mit mehreren Aussagen, dass er wohl gemerkt hat, dass er mit seiner stabilitätsorientierten Sichtweise eine klare Minderheit in der EZB repräsentiert, und daher gegen Windmühlen kämpft. Ihm sei es immer wichtig gewesen, dass die „klare, stabilitätsorientierte Stimme der Bundesbank deutlich hörbar bleibt“, so eine seiner Aussagen im Statement. Auch erwähnt er „zuweilen schwierige Diskussionen“ in den vergangenen Jahre bei der EZB – auch wenn die Rolle der Geldpolitik der EZB während der Pandemie stabilisierend gewesen sei.

Jens Weidmann verweist auch darauf, dass die Bundesbank ihre „analytische Kompetenz und ihre Grundüberzeugungen selbstbewusst in den jüngst abgeschlossenen Überprüfungsprozess“ bei der EZB eingebracht habe. Nebenwirkungen und insbesondere Finanzstabilitätsrisiken sollen seinen Worten nach zukünftig stärker in den Blick genommen werden. Und es komme darauf an, wie diese Strategie durch konkrete geldpolitische Entscheidungen „gelebt“ werde. Man dürfe nicht einseitig auf Deflationsrisiken schauen, sondern auch perspektivische Inflationsgefahren nicht aus dem Blick verlieren, so Jens Weidmann in mahnenden Worten. Eine stabilitätsorientierte Geldpolitik werde dauerhaft nur möglich sein, wenn der Ordnungsrahmen der Währungsunion weiterhin die Einheit von Handeln und Haften sichere, die Geldpolitik ihr „enges Mandat achte“ und nicht ins Schlepptau der Fiskalpolitik oder der Finanzmärkte gerate.

Was sagt uns das? Jens Weidmann bringt klar zum Ausdruck, wie kritisch er die aktuelle Geldpolitik der EZB betrachtet, die aus fortgesetzten Gelddrucken, Null- und Negativzinsen und einem Verharmlosen der ansteigenden Inflation besteht. Oben drauf kommt noch das immer stärkere Klima von neuen Schuldenbergen in der Eurozone. Je mehr die EZB bereit ist neue Schulden für Klimarettung, Pandemie-Folgen-Bekämpfung etc aufzukaufen, desto verschuldungsfreudiger dürften die Euro-Staaten sein. Man kann vermuten, dass Jens Weidmann für sich keine Chance sah diese Tendenz aufzuhalten oder gar zu ändern.

Top-Ökonom über die Auswirkungen des Rücktritts von Jens Weidmann auf die Geldpolitik der EZB

Dr. Jörg Krämer ist Chefvolkswirt der Commerzbank und gilt als einer der Top-Ökonomen in Deutschland. In einem aktuellen Kommentar hat er sich zum Rücktritt von Jens Weidmann bei der Bundesbank geäußert. So dürfte dabei laut Dr. Jörg Krämer eine Rolle gespielt haben, dass sich Jens Weidmann im EZB-Rat mit seinen Vorstellungen häufig nicht habe durchsetzen können. Alles in allem mache die Stellungnahme von Jens Weidmann noch einmal die bekannte Tatsache deutlich, dass seine Positionen häufig nicht die Mehrheitsmeinung im EZB-Rat widergespiegelt hätten. Dass er sich häufig nicht habe durchsetzen können, könnte laut Dr. Jörg Krämer bei seinem Rücktritt eine Rolle gespielt haben. Ein Nachfolger werde wohl weniger falkenhaft sein als Weidmann.

Man erwarte nun mehr denn je, dass die EZB auf absehbare Zeit nicht aus ihrer sehr expansiven Geldpolitik aussteigt, obwohl die Inflationsrisiken zuletzt deutlich gestiegen sind. Eine neue Bundesregierung werde wohl kaum einen Bundesbankpräsidenten berufen, der im EZB-Rat wieder im Gegensatz zur Mehrheitsmeinung steht. Dr. Jörg Krämer teilt nicht die Erwartung der Zinsmärkte, dass die EZB ihren Leitzins schon im nächsten Jahr anhebt. Stattdessen erwarte er weiter, dass die EZB nach einem Ende des PEPP-Kaufprogramms im Frühjahr 2022 das APP-Kaufprogramm aufstocken wird. So werde sie weiter die hochverschuldeten Staaten vor allem im Süden der Währungsunion unterstützen.

Wir meinen dazu abschließend: Mit einem vermeintlich neuen Bundesbank-Präsidenten wie zum Beispiel Marcel Fratzscher dürfte die EZB-Geldpolitik wie von Dr. Jörg Krämer beschrieben weiter sprießen und gedeihen.

Jens Weidmann Noch-Bundesbank-Chef Jens Weidmann. Foto: ©Frank Rumpenhorst / Bundesbank



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4 Kommentare

  1. Wenn „persönliche oder gesundheitliche Gründe“ angegeben werden, kann man zu 100% davon ausgehen das es hinter den Kulissen gekracht oder schon mehrfach gekracht hat. Die EZB wurde -wie ich bereits heute Mittag schon geschrieben habe- jetzt voll und ganz of Gelddrucken, Inflationieren und Staatsfinanzierung ausgerichtet, und das wird Jens Weidmann wohl auch verstanden haben und ist deswegen zurückgetreten.
    Das ist das Ende von der Währungsunion wie wir sie kennen, jetzt wird knallhart auf MMT umgeschwenkt bis es zum großen Knall kommt.

    Zur Geldpolitik: Wie soll den die EZB jemals aus ihren Anleihekäufen aussteigen? Würde sie das machen oder kommunizieren, gäbe es auf den Staatsanleihemärkten mittelfristig ein Desaster. Die Schuldnerländer sind massivst abhängig von der Finanzierung durch die Notenpresse, ich sehe da keinen Weg. Zudem würde dann die Eurozone implodieren, weil nur das Gelddrucken der EZB den Euro überhaupt noch zusammenhält (siehe Whatever it takes!).

  2. Es ist immer wieder dasselbe! Leute, die was auf dem Kasten haben und nicht mit dem Strom schwimmen werden auf irgendeine Weise außer Gefecht gesetzt. Das ist sowohl in der Finanzpolitik als auch in der Politik allgemein der Fall. Und in vielen anderen Bereichen ebenso.

  3. Vielleicht wäre dies ja auch der finale Beginn eines die Gesellschaft umfassenden „kathartischen“ Prozesses.
    Je schneller wir den Höhepunkt des Dramas erreichen, umso besser. Der Abstieg wird allrdaings nicht spaßig werden.

    „Als Peripetie wird der Höhepunkt und somit der Wendepunkt im klassischen Drama bezeichnet. Die Peripetie ist die unerwartete Umkehr im Handlungsverlauf des Dramas, weshalb an dieser Stelle der Ausgang (gut oder schlecht) der Handlung ersichtlich wird. Somit bezeichnet die Peripetie das plötzliche Umschlagen des Glücks / Unglücks im Schicksal des Handelnden.“ (https://wortwuchs.net/peripetie/).

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