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Zollstreit eskaliert – Schwächesignale im Detail

Er hat es tatsächlich getan: Präsident Trump bestätigt, dass ab Sonntag neue Zölle auf chinesische Waren erhoben werden. Ein Blick in die Details offenbart jedoch überraschende Schwächesignale im Zollstreit.

Vollmundige Ankündigung versus Realität

Noch vor einer Woche, also am 23. August, twitterte Trump in einem spontanen Wutanfall über die Gegenzölle Chinas, dass die USA ab 1. September Zölle in Höhe von 15 Prozent auf ein zusätzliches Importvolumen von 300 Mrd. US$ jährlich erheben werden. Außerdem drohte er die Erhöhung bereits bestehender Zölle für den 1. Oktober an. Zu bedenken ist, dass kurz vor diesem Tweet eine Teilverschiebung der für 1. September geplanten Zölle auf den 15. Dezember beschlossen wurde, um den Amerikanern den Weihnachtskonsum nicht zu verleiden.

In einem Artikel vom letzten Mittwoch stellte ich daher die Fragen: „Ist die Verschiebung der Strafzölle auf besonders für das US-Weihnachtsgeschäft so wichtige Konsumgüter aus China damit obsolet? Hat sich Trump schlicht vertwittert? Oder hat er schon vergessen, dass er auf Druck der US-Einzelhändler wie Walmart & Co. einen Teil der Zölle auf Mitte Dezember verschoben hat?“.

Schaut man sich die gestern vom Federal Register veröffentlichten Details zu den ab morgen in Kraft tretenden Zöllen an, entdeckt man Erstaunliches: Statt der vollmundig angekündigten Zölle auf chinesische Importe in Höhe von 300 Mrd. US$ sind es tatsächlich nur 125 Mrd. US$. Der Rest in Höhe von 175 Mrd. US$ wurde auf Mitte Dezember verschoben. Das sind fast 60 Prozent weniger, als von Präsident Trump am 23. August getwittert.

Offenbar ist der US-Präsident im Zollstreit mal wieder von unbeherrschbaren Emotionen getrieben weit übers Ziel hinausgeschossen und musste von Mnuchin, Kudlow und Lighthizer (United States Trade Representative) anschließend wieder eingefangen werden. Tatsächlich bleiben die USA in der Summe der Zölle in Dollar ausgedrückt damit sogar leicht hinter den ursprünglich für September geplanten Zöllen in Höhe von 10 Prozent zurück (18,75 Mrd. US$ statt vorher 20 Mrd. US$). Sofern die Chinesen im Besitz eines Taschenrechners sind (aus eigener Produktion), werden sie diesen Bluff durchschauen und als das erkennen, was er ist – ein klares Schwächesignal

Zollstreit – so könnte es weitergehen

Fakt ist aber auch, dass nun erst einmal weitere Belastungen auf betroffene Unternehmen und Verbraucher zukommen. Dabei haben die zuletzt von 10 auf 25 Prozent angehobenen Zölle auf 250 Mrd. US$ jährlicher Importe aus China noch nicht einmal ihre volle destruktive Wirkung entfaltet, da sie zum Großteil erst vor wenigen Wochen effektiv wurden. Für diese Zölle steht übrigens auch eine weiter Anhebung auf dann 30 Prozent ab 1. Oktober im Raum. Ob es dazu noch kommt, ist in Anbetracht des jüngsten Schwächesignals aus der US-Administration unklar.

Die Aktienmärkte feiern indes die Wiederaufnahme von Gesprächen im Zollstreit zwischen den Delegationen Chinas und der USA, obwohl das Klima für solche Gespräche durch die jüngste Zolleskalation und die Eskalation in Hongkong beidseitig stark vergiftet ist. Schließlich hatten die Chinesen ihrerseits den Erfolg von Handelsgesprächen an den Verzicht neuer Zölle gekoppelt und die Amerikaner an den Umgang Chinas mit den Sonderrechten der Hongkonger.

Nun kommt es wahrscheinlich ab Montag im Zollstreit sogar zu neuen Gegenzöllen Chinas in Höhe von 5 Prozent auf jährliche US-Importe von 75 Mrd. US$ (u. a. auf Sojabohnen, Rohöl, Kleinflugzeuge, Autos und Autoteile). Keine gute Ausgangsbasis für einen Deal, den Trump offensichtlich dringend braucht. Auf ökonomischer Ebene geraten die USA verstärkt unter Druck, was schon länger absehbar war. Bevor ein wie auch immer gearteter Deal geschlossen wird, kann noch einige Zeit ins Land gehen. Bisher haben die Chinesen immer auf Zeit gespielt – Zeit, die Trump nicht hat: Das Rezessionsrisiko für die USA ist laut New York Fed bereits auf 64 Prozent gestiegen, ein historisch bereits recht hoher Wert.

Zollstreit erhöht Rezssionsgefahr?

Fazit

Ein Grund zur Erleichterung ist die neuerliche Eskalation im Zollstreit natürlich nicht. Dennoch feiern die Aktienmärkte den Fortgang der Verhandlungen und freuen sich auf eine ganz große Zinssenkung der Fed am 18. September – wenn das mal nicht schief geht. Was die Verhandlungen selbst angeht, bleibt abzuwarten, ob die Chinesen sich jetzt schon sicher sind, Trump am 3. November nächsten Jahres definitiv loszuwerden und es in ihrem Interesse ist, weiteren Schaden von der eigenen Wirtschaft abzuwenden. Vielleicht wollen sie aber auch auf Nummer Sichergehen und lassen Trump seinen politischen Selbstmord auf Raten durch zusätzliche Zölle ab 1. Oktober und 15. Dezember weiter durchziehen.



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