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Der Wahnsinn geht weiter: US-Schuldenobergrenze vor erneuter Anhebung

Von Claudio Kummerfeld

Der Wahnsinn, der in den USA schon seit Jahren durch den Gewöhnungseffekt zur Normalität geworden ist, geht einfach so weiter: die US-Schuldenobergrenze steht vor einer erneuten Anhebung…

Finanzminister Jacob Lew hofft auf Erhöhung der Schuldenobergrenze
US-Finanzminister Jacob Lew hofft auf die Anhebung der Schuldenobergrenze durch den US-Kongress. Foto: United States Treasury Department / Gemeinfrei

Aktuelle Schuldenobergrenze

Derzeit liegt die offizielle Schuldenobergrenze der USA bei 18,1 Billionen US-Dollar. Und siehe da, laut aktuellen Daten des US-Finanzministeriums vom 4. August liegen die US-Staatsschulden derzeit auch bei 18,1 Billionen US-Dollar. Durch Buchungstricks will man versuchen wie 2011 und 2013 auch die Zeit bis zur tatsächlichen Zahlungsunfähigkeit hinauszuzögern, bis der US-Kongress die Grenze endlich anhebt. So will man u.a. vorübergehend Zahlungen an Pensionsfonds ehemaliger öffentlicher Angestellter aussetzen. Diese ausgesetzten Zahlungsverpflichtungen würden den aktuellen Schuldenstand des Staates buchhalterisch erstmal nicht erhöhen, somit würde es länger dauern die Schwelle wirklich zu überschreiten. Das US-Finanzministerium selbst schätzt, dass man sich noch bis Ende Oktober verbiegen kann, bis nichts mehr geht. Bis dahin kann die Schlammschlacht im Kongress so richtig durchstarten.

Schuldenobergrenze USA Anhebung Anschreiben
Das Anschreiben des US-Finanzministers vom 30. Juli an den US-Kongress. Darin bittet er den Kongress eindringlich darum die Schuldenobergrenze der USA so schnell wie möglich anzuheben (rot markiert).
Quelle: US Treasury Department

Fakten zur US-Schuldenobergrenze

Sage und schreibe 78 mal haben die USA seit 1960 ihre Schuldenobergrenze angehoben, davon 49 Mal unter einem republikanischen Präsidenten und 29 Mal bei einem Demokraten. Wie das US-Finanzministerium offiziell auf seiner Webseite schreibt, hätte es katastrophale Auswirkungen, wenn man es versäumen würde die Schuldenobergrenze nicht zu erhöhen. Das mag inhaltlich richtig sein – der Staat wäre zahlungsunfähig, die Staatspleite die Folge. Aber es wird vom Finanzminister so dargestellt, als wäre es ein dauerhafter Automatismus, eine Selbstverständlichkeit die Grenze fortlaufend anzuheben. Der Kongress „hat immer gehandelt, wenn er darum gebeten wurde die Schuldenobergrenze zu erhöhen“, so das Ministerium. Die Kongressführer beider Parteien seien sich einig, dass die Schuldenobergrenze erhöht werden müsse. Das mag auch richtig sein, nur wie so oft in den letzten Jahren werden vor allem die radikalen Republikaner erst mal jede Menge Stunk machen im Sinne ihrer Wähler, für die alles aus Washington Teufelszeug ist. Zitat US-Finanzministerium:

„Failing to increase the debt limit would have catastrophic economic consequences. It would cause the government to default on its legal obligations – an unprecedented event in American history. That would precipitate another financial crisis and threaten the jobs and savings of everyday Americans – putting the United States right back in a deep economic hole, just as the country is recovering from the recent recession. Congress has always acted when called upon to raise the debt limit. Since 1960, Congress has acted 78 separate times to permanently raise, temporarily extend, or revise the definition of the debt limit – 49 times under Republican presidents and 29 times under Democratic presidents. In the coming weeks, Congress must act to increase the debt limit. Congressional leaders in both parties have recognized that this is necessary.“

Das Lustige oder Tragische ( je nachdem wie man es betrachten will): Wie in anderen völlig überschuldeten Staaten auch (wir nennen keine Namen!) redet in den USA niemand darüber die Neuverschuldung strukturell auf 0 runterzufahren, das Haushaltsdefizit auf 0 runterzufahren und das Außenhandelsdefizit zu reduzieren. Die Befürworter einer immer höheren Schuldenobergrenze verstehen nicht, warum man sich überhaupt über höhere Schulden aufregt (die alte Krugman-Schule?). Die radikalen Republikaner und Washington-Hasser im Kongress reden nur darüber, wie sehr die Politik der Zentralregierung den freiheitlichen Charakter der USA zerstört bla bla bla. Und man redet letztlich darüber, dass man einfach keine neuen Schulden machen will. Dann solle der Staat halt eben die Sozialausgaben so weit kürzen, bis der Haushalt passt.

Aber strukturelle Reformen, wie man realistisch den Haushalt sanieren, intelligent sparen und nachhaltig höhere Einnahmen erzielen kann, darüber wird nicht ernsthaft diskutiert. Das geht so lange gut, wie der Großteil des Rest-Planeten den US-Dollar als globale Leitwährung akzeptiert. So lange vertraut man blind der Währung einer völlig überschuldeten Volkswirtschaft, die nur dank immer neuer Schulden weiter existieren kann.

Muss das gerade jetzt sein?

Das wird sich Präsident Obama auf seine alten Tage gedacht haben. Er bastelt derzeit fleißig an seinem politischen Vermächtnis mit seiner Krankenversicherung für alle, Schwulenehe, Kuba und dem Atomdeal mit dem Iran. All das drückt er gegen die Republikaner durch, und jetzt sollen die auch eine erneute Anhebung der Schuldenobergrenze absegnen? Denn zumindest Teile der Republikaner sind erforderlich, damit sie mit den Demokraten eine Mehrheit in beiden Parlamentskammern bilden für eine Erhöhung der Schuldenobergrenze.

Da machen sich die Republikaner aber irgendwann unglaubwürdig bei ihren Wählern, weil sie irgendwie nichts von Obamas Vorhaben verhindern konnten, obwohl sie in beiden Parlamentskammern die Mehrheit haben. Läuft es wie in den letzten Jahren auch? Müssen erst die republikanischen Umfragewerte nach dem Überschreiten der Schuldenobergrenze schnell und drastisch in den Keller sinken, bis sie der Anhebung der Grenze doch zustimmen? Wie vorher schon beschrieben: über strukturelle Reformen redet in Washington niemand. Es geht nur darum, wer sein Gesicht wahren kann und wer danach am besten dasteht.


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4 Kommentare

  1. Wie sagen kleine Kinder ? “ Nur noch 1mal, dann ist Schluß !“

  2. demokratischer Republikaner mit rechts-links Schwäche

    Vorzüglich geschrieben, Herr Kummerfeld! Ich bedanke mich, habe viel gelacht.

  3. Wann ist denn eine Volkswirtschaft völlig überschuldet? Da es hierfür kein Kriterium gibt, ist es nur ein Gefühl das verbreitet wird. Die USA sind zu großen Teilen bei ihrer eigenen Bevölkerung verschuldet. Wenn sie die Schulden abbauen, dann senken sie auf der anderen Seite die Geldvermögen ihrer Bürger. Das geht nur durch Steuererhöhungen (trifft im wesentlichen die Reichen) oder Senkung der Staatsausgaben (trifft erst mal die Armen, aber später auch die Reichen) bei der Annahme das die Steuereinnahmen nicht wegbrechen. Diese Annahme ist sehr gewagt. Irgendwann fragen sich die Menschen wofür sie Steuern zahlen, wenn sie keine Gegenleistungen erhalten.

    Für mich ist der Wahnsinn eigentlich nur, dass wir uns in einem Schuldgeldsystem über Schulden aufregen. Das ist in etwa so sinnvoll, wie sich darüber aufzuregen, dass beim Mittagessen Essen auf dem Tisch steht.

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