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Die EZB steckt in einer Zwickmühle EZB: Der Plan die Zinsen länger hoch zu halten könnte scheitern

EZB: Der Plan die Zinsen länger hoch zu halten könnte scheitern

EZB-Präsidentin Christine Lagarde und ihre Amtskollegen werden nicht müde zu betonen, dass noch ein langer Weg im Kampf gegen die hohe Inflation vor ihnen liegt. Eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte auf der Sitzung in der kommenden Woche steht so gut wie fest, eine weitere könnte dann im September folgen. Noch wollen die Währungshüter sich nicht festlegen, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch. Die EZB lasse sich bei ihrer künftigen Entscheidung von der Datenlage leiten und bis zum September sei noch Zeit, so die Kernaussagen. Wie eine Bloomberg-Umfrage unter Ökonomen gezeigt hat, sind diese nicht von dem Plan der EZB überzeugt, die Zinsen länger hoch zuhalten.

EZB: Hohe Zinsen für lange Zeit

Der Plan der Europäischen Zentralbank, die Zinssätze für einen längeren Zeitraum auf ihrem Höchststand zu halten, überzeugt die Ökonomen nicht, sie sind der Meinung, dass er sich nach nur sechs Monaten auflösen könnte.

In einer Bloomberg-Umfrage erwartet eine knappe Mehrheit von Ökonomen eine letzte Zinserhöhung des Einlagensatzes im September auf 4 %, bevor die Währungshüter im März mit Zinssenkungen beginnen. Die Unsicherheit über die weiteren Schritte nimmt allmählich zu, wobei die Prognosen für die Kreditkosten Ende 2024 von 2 % bis 4 % reichen. Die Befragten gehen einstimmig von einem Viertelpunktschritt in der kommenden Woche aus.

Zinsen: Die Inflation bleibt hartnäckick - Ökonomen erwarten weitere Zinserhöhung
Ansichten über den EZB-Zinspfad im nächsten Jahr gehen weit auseinander

Die unterschiedlichen Ansichten machen deutlich, wie schwierig es ist zu prognostizieren, wann die Inflation von derzeit 5,5 % auf das 2 %-Ziel der EZB zurückkehren wird. Die Einschätzung ist so schwierig, weil nicht nur der hartnäckige Preisdruck und die schwächelnde Wirtschaft der Eurozone den Weg in die Zukunft erschweren, sondern auch, weil die Entscheidungsträger immer noch nicht sicher sind, wie sich die beispiellose Straffung um 400 Basispunkte auf die Wirtschaft auswirken wird.

Die EZB steckt in einer Zwickmühle: „Sie muss eine Begründung dafür finden, dass sie die Zinssätze in naher Zukunft nicht mehr erhöht und gleichzeitig eine glaubwürdige Straffung beibehält“, sagte Kristian Tödtmann, Ökonom bei der Dekabank, der einen Höchststand der Zinssätze für diesen Monat vorhersagt und davon ausgeht, dass die Zinsen bis September nächsten Jahres auf diesem Niveau verharren. „Das Risiko besteht darin, dass die Märkte eine solche Zinspause als Zeichen dafür interpretieren, dass Zinssenkungen bereits bevorstehen.“

Zinserhöhung: Der Einlagensatz könnte sein Peak von 4 % im September erreichen
EZB: Der Einlagensatz könnte sein Peak von 4 % im September erreichen

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde wird versuchen, Gerüchte über eine baldige Senkung der Kreditkosten zu zerstreuen, wenn sie nach der Bekanntgabe der Zinsentscheidung am 27. Juli ihre Pressekonferenz hält. Es ist zu erwarten, dass die Zinssätze länger restriktiv bleiben werden – insbesondere nachdem diese Woche die zugrunde liegende Inflation (Kernrate) für Juni nach oben korrigiert wurde.

Die Meinung von Bloomberg Economics

„Wir erwarten nicht, dass Christine Lagarde viele Hinweise darauf geben wird, wann eine Zinspause ansteht. Im Gegenteil, sie wird sich darauf konzentrieren, klarzustellen, dass die EZB wahrscheinlich nicht so bald die Zinsen senken wird. -David Powell, leitender Ökonom für den Euroraum.

Ökonomen halten die Inflation nach wie vor für das größte Risiko für die Wirtschaft, wobei an zweiter Stelle die Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine stehen, die durch politische Übertragungseffekte aus anderen Ländern ausgelöst werden. Die Federal Reserve wird in der kommenden Woche voraussichtlich ihre letzte Zinserhöhung vornehmen. Händler wetten auf eine erste US-Zinssenkung bereits im Frühjahr.

EZB: Inflation das größte Risiko in der Eurozone nach Meinung von Ökonomen
Die hohe Inflation bleibt das größte Risiko für die Eurozone

Trotz der Herausforderungen haben die Befragten Vertrauen in die Fähigkeit der EZB, die richtige Dosis an Straffung zu finden, um die Inflation zu zähmen, ohne dabei die Wirtschaft in den Abgrund zu reißen. Mehr als zwei Drittel der Ökonomen sind davon überzeugt, dass die EZB nicht zu weit gehen wird, und neun von zehn Befragten sind der Meinung, dass sie die Zinserhöhung auch nicht zu früh beenden wird.

Keine Hinweise auf künftige Zinserhöhungen

Andrzej Szczepaniak von Nomura geht davon aus, dass der Zinsschritt in der nächsten Woche besiegelt ist und dass die große Frage sein wird, ob die EZB auf ihrer nächsten Sitzung erneut eine Zinserhöhung ankündigt. „Sollte dies der Fall sein, könnten sich die Marktpreise für Oktober durchaus festigen, da die Daten zwischen der September- und der Oktobersitzung im Großen und Ganzen unverändert sein dürften“, so Szczepaniak.

Es gibt jedoch auch Gründe dafür, dass sich die Währungshüter ihre Optionen offen halten.

„Ich glaube nicht, dass Präsidentin Lagarde irgendwelche Hinweise auf die September-Sitzung geben wird“, sagte Ulrike Kastens, Volkswirtin bei der DWS. „Sie werden ihre Datenabhängigkeit betonen und die September-Projektionen abwarten.“

Letzten Monat hob die EZB ihre Inflationsprognosen bis 2025 an und erklärte, die Aussichten seien nach wie vor „äußerst unsicher“. Nahezu alle 26 Mitglieder des EZB-Rates haben sich seitdem geäußert. Dies deutet auf eine wachsende Divergenz zwischen denjenigen, die sich fragen, ob sie bereits genug getan haben, und denjenigen, die noch mehr tun wollen, hin.

Die derzeitigen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedern erschweren das Erreichen eines Kompromisses. Laut Personen, die mit ihren Überlegungen vertraut sind, sehen die Währungshüter schon jetzt die größte Hürde darin, den richtigen Ton zu treffen und ihre Absichten zu verkünden.

„Die Juli-Sitzung ist ein Kinderspiel: Man hebt die Zinsen um 25 Basispunkte an und hält sich die Tür für eine weitere Zinserhöhung im September weit offen, ohne einen Hinweis darauf zu geben, wann und wo der Endsatz erreicht wird“, so Carsten Brzeski von ING. „Vielleicht besteht die einzige Herausforderung darin, sich an einen Klassiker zu halten: Schweigen ist Gold.“

FWM/Bloomberg



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2 Kommentare

  1. Es gibt einen kurzen Weg, um die Inflation zu beenden – den Zinssatz deutlich über die Inflationsrate anzuheben. Frau Lagarde spricht von einem langen Weg. Also wird die Inflation lange bleiben, da der Zinssatz nicht mehr weiter angehoben wird und bald Zinssenkungen diskutiert werden. Die Verarmungswelle in Deutschland wird somit von zwei Seiten befeuert – von der grünen Energie- und Wirtschaftspolitik und von der Inflation. Und was bewegt unsere regierende Politikerkaste? Irgendwie gar nichts. Mit dem besten Deutschland aller Zeiten hinein in eine sozialistische Diktatur, für die es nach grünen Sprechen ja gar keine Mehrheit braucht.

  2. Wenn man sich das Geschäftsgebaren mancher Unternehmen so anschaut dann hat der Zinssatz m.M.n. nur wenig Hebelwirkung auf die Inflation. Die Wirtschaft hat zu wenig in Produktivität und Produkte investiert und jetzt melken sie noch die Kühe bis nichts mehr geht.

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