Die EZB glaubt nicht, dass die Wirtschaft der Eurozone in die Rezession fallen wird – trotz der stark gestiegenen Zinsen. So geht die Notenbank für das Jahr 2023 von einem Wachstum der Wirtschaft von +0,9% aus – und ist damit optimistischer als die meisten Analysten. Dabei ist mit Deutschland die größte Volkswirtschaft der Eurozone bereits in einer (milden) Rezession, darüber hinaus wirken sich die hohen Zinsen europaweit negativ auf den Immobilienmarkt aus.
EZB glaubt nicht an Rezession – trotz stark gestigeneer Zinsen
Dass die EZB zu optimistisch ist, zeigt auch der Economic Suprise Index der Citigroup, der die Abweichungen der Konkunkturdaten von der Erwartung der Analystenmißt – kein Währungsraum schneidet dabei schlechter ab als die Eurozone:
Die Daten sprechen also eine andere Sprache als die Einschätzungen der EZB. Die jüngsten Daten aus der Eurozone haben diese Abwärtsdynamik bestätigt, in Deutschland sichtbar am miserablen Einkaufsmanagerindex und dem schwachen ifo Index.
Bereits dreimal hat die Notenbank bereits den Fehler gemacht, in eine beginnende Rezession hinein die Zinsen weiter anzuheben – um dann dann in Windeseile die Zinsen wieder senken zu müssen, als der Abschwung der Wirtschaft offensichtlich wurde.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich dieses Muster ein viertes Mal wiederholen wird, denn die EZB hat die Inflation zu lange ignoriert, um dann schnell die Zinsen anzuheben. Die Notenbanker wollen – psychologisch verständlich – zeigen, dass sie es mit der Bekämpfung der Inflation wirklich ernst meinen, Aus dieser Motivation heraus überspannen sie dann vermutlich den Bogen.
EZB-Ratsmitglied Nagel glabt an die weche Landung der Wirtschaft
Die EZB kann nach Ansicht von Ratsmitglied Joachim Nagel die Inflation unter Kontrolle bringen, ohne der Wirtschaft schweren Schaden zuzufügen.
Die Zentralbanker müssten relativ schnell handeln, um die Inflationserwartungen in Schach zu halten, sagte der Bundesbankpräsident am Montag.
Den Währungshütern sollte es gelingen, das Wirtschaftswachstum zu dämpfen, ohne dass es zu einer harten Landung und hoher Arbeitslosigkeit komme, erklärte Nagel im thüringischen Erfurt.
Die Kerninflation bleibt hoch in der Eurozone
Es gilt als sicher, dass die EZB ihren Einlagensatz am 27. Juli erneut um 25 Basispunkte anheben wird. Dabei stellt sich die Frage, ob dies das Ende der Zinserhöhungskampagne sein wird oder ob ein weiterer Schritt auf der nächsten Sitzung im September folgt.
Nagel gehört zu den Ratsmitgliedern der EZB, die erklärt haben, dass der zugrunde liegende Preisdruck — ohne Posten wie Lebensmittel- und Energiekosten — deutliche Anzeichen einer Abschwächung zeigen muss, bevor die geldpolitische Straffung ausgesetzt werden kann. Einige seiner Kollegen machen sich jedoch Sorgen um die Wirtschaft der 20 Länder der Eurozone, die im Winter eine leichte Rezession erlitten hat.
Eine große Befürchtung ist, dass die Zinsen so schnell angehoben wurden, dass die Wirkung noch immer nicht vollständig eingetreten ist. Einer der schnellsten Kanäle sind die Kreditzinsen der Banken, deren Anstieg die Immobilienpreise in den Keller geschickt hat.
Als die Zinsen niedrig waren, habe es ungesunde Preisentwicklungen gegeben, so Nagel. Das heutige Preisniveau sei ökonomisch realistischer.
Sobald die Zinsen ihren Höchststand erreicht haben – Anleger und Ökonomen gehen von 3,75% oder 4% aus – werden sie für einige Zeit dort gehalten, bekräftigte Nagel und sagte, dass die EZB bald ihre “Reiseflughöhe” erreicht haben wird.
Es sei besser, die Inflation schnell in den Griff zu bekommen, als sie zu lange laufen zu lassen, weil es dann sehr schwer werde, sie wieder einzufangen, so Nagel. Damit hat Nagel sicher recht. Aber aus der “Reiseflughöhe” bei den Zinsen könnte schon bald ein fataler Absturz werden..
FMW/Bloomberg
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Die EZB glaubt mal wieder.
Also tritt das Gegenteil ein.
Irgendwie glaube ich an die Psychologie-These nicht. Die mag beim Erhard noch gestimmt haben. Aber heute sind die Menschen rationaler und die weltweiten Probleme lassen sich nicht wegdiskutieren…Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein Unternehmen große Maschinen kauft, wenn seine Experten nur auf die Pschologie setzen. Dies mag am Ende einer Rezession eine gewisse (aber trotzdem unter geordnete ) Rollen spielen, doch nicht aktuell
Glaube heißt Nicht-wissen-wollen, was wahr ist.
Friedrich Nietzsche
Die EZB glaubte auch nicht an Inflation, als die Zinsen niedrig waren. Clownverein.