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Bundesbankpräsident dämpft die Zins-Hoffnungen EZB-Nagel: Es sei „viel zu früh“ um eine Zinspause zu erwägen

Angesichts des laufenden Notenbanker-Treffens in Jackson Hole steht die Geldpolitik heute dies- und jenseits des Atlantiks besonders im Fokus der Marktteilnehmer. Sowohl der Vorsitzende der Federal Reserve, Jerome Powell, als auch die EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, werden im Laufe des Tages eine mit Hochspannung erwartete Rede halten. Der Markt erhofft sich von den Aussagen der führenden Notenbanker neue Signale, wie es mit der Zinspolitik weitergeht. Im Vorfeld der Reden meldete sich Bundesbankchef Joachim Nagel am Donnerstag zu Wort und versetzt den Hoffnungen auf ein Ende des Zinserhöhungszyklus einen Dämpfer – eine Zinspause schließt er allerdings nicht aus.

EZB-Nagel: Viel zu früh für eine Zinspause

Wie Bloomberg berichtet, hält Joachim Nagel, Mitglied des EZB-Rats, die Inflation nicht für so weit unter Kontrolle, dass eine Pause bei der geldpolitischen Straffung der Europäischen Zentralbank angebracht sei.

„Es ist für mich viel zu früh, über eine Zinspause nachzudenken“, sagte der Bundesbankchef am Donnerstag am Rande des Fed-Symposiums in Jackson Hole im Gespräch mit Bloomberg TV. Maßgeblich für sein diesbezügliches Votum seien auch die weiteren Daten in den kommenden Wochen.

„Wir sollten nicht vergessen, dass die Inflation immer noch bei etwa 5% liegt. Das ist also viel zu hoch. Unser Ziel liegt bei 2%. Es bleibt also noch ein weiter Weg.“

Die Konjunktur verlangsame sich zwar, doch die Kerninflation bleibe stabil und der Arbeitsmarkt sei “wirklich ziemlich gut”, so Nagel.

Seine Äußerungen kommen vor der nächsten EZB-Sitzung Mitte September, auf der die Währungshüter entscheiden sollen, ob sie eine Zinspause einlegen oder eine historische Straffungskampagne fortsetzen. Die EZB hat im vergangenen Monat zum neunten Mal innerhalb eines Jahres die Zinssätze erhöht, um die Inflation wieder auf ihr 2%-Ziel zu bringen.

Keine Rezession in Deutschland

Der Bundesbankchef geht indessen nicht davon aus, dass Deutschland in die Rezession gerät. Einem schwachen dritten Quartal stünden bessere Aussichten für das nächste Jahr gegenüber.

“Ich höre viel Gerede über Deutschland, den kranken Mann Europas. Das ist definitiv nicht der Fall”, sagte Nagel und verwies auf den stabilen privaten Konsum und höhere Löhne für die Arbeitnehmer. “Ich bin immer noch ziemlich optimistisch, dass wir eine weiche Landung haben werden.”

Die Aussichten für die Wirtschaft des 20 Länder umfassenden Euroraums haben sich in den letzten Monaten eingetrübt, da die 425 Basispunkte, die die EZB seit Juli 2022 erhöht hat, das Wachstum belasten. Während die Eurozone bisher von einer Rezession verschont geblieben ist, befindet sich Nagels Heimatland Deutschland in einer Stagnation nach einem Wintereinbruch inmitten steigender Energiepreise.

Wichtige Daten vor der nächsten Zinsentscheidung

Eine Umfrage unter den Einkaufsmanagern des Euroraums, die in dieser Woche veröffentlicht wurde, zeigte einen zunehmenden Rückgang der Aktivitäten im privaten Sektor im August, was die Anleger dazu veranlasste, darauf zu wetten, dass die EZB die Zinsen im nächsten Monat unverändert lassen wird.

Zwar mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Kerninflation – das derzeit von der EZB bevorzugte Maß für den Preisanstieg – ihren Höhepunkt erreicht hat, doch bleiben die Sorgen um die Löhne und die Gewinnspannen der Unternehmen bestehen. Die Kerninflation in der Eurozone, ohne Energie- und Lebensmittelkomponenten, lag im Juli bei 5,5 %. In der nächsten Woche stehen dann die Zahlen für August auf dem Terminplan. Auf der September-Sitzung werden die EZB-Mitglieder außerdem eine neue Runde von Wirtschaftsprognosen vorlegen.

Nagels portugiesischer Amtskollege Mario Centeno mahnte unterdessen zur Vorsicht bei den nächsten geldpolitischen Schritten, da sich die Risiken in der Region materialisieren würden.

Die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, könnte am Freitag bei ihrer Rede in Jackson Hole weitere Einblicke in die künftige Zinsentwicklung geben.

Mehrere Ratsmitglieder haben zuletzt erklärt, dass die EZB, selbst wenn sie die Kreditkosten am 14. September nicht anhebt, dies in den kommenden Monaten dennoch tun könnte. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sagte, dass die Währungshüter „sehr datenabhängig“ sein werden und die Wirtschaftsdaten weiterhin „auf neue Hinweise“ untersuchen.

FMW/Bloomberg

EZB-Nagel: Es sei "viel zu früh" um eine Zinspause zu erwägen
Joachim Nagel, Bundesbankpräsident. Foto: Bloomberg


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1 Kommentar

  1. Ich bin mal gespannt, wer dann den A…sch in der Hose hat uns die Rechnung für die Zinspolitik in Form von Nachschusszahlungen zu präsentieren .

    „Die zur Bekämpfung der Inflation veranlassten Zinserhöhungen ließen jedoch auch die Renditen für Staatsanleihen steigen, während diese immer weniger wert wurden. Dadurch entstanden bereits Market-to-Market-Verluste, die sich laut Macleod im vergangenen Jahr auf 700 Milliarden Euro belaufen.

    Während sich das im Vergleich zu der aktuellen Bilanzsumme von 4,865 Billionen Euro nicht viel anhört, verweist Macleod darauf, dass es sich fast um das Sechsfache dessen handelt, was im Eurosystem als Eigenkapital hinterlegt ist.“

    https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/zentralbank-verzockt-sich-gewaltig-euro-vor-dem-endg%C3%BCltigen-aus/ar-AA1fJ3dp?rc=1&ocid=winp1taskbar&cvid=3908e7de0c84427aa991de6300ea517b&ei=23

    Die Insolvenz des Eurosystems abzuwenden wird nicht billig 😉

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