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Kein Ende des Straffungskurses EZB-Präsidentin Lagarde mit indirekter Warnung an Unternehmen

Der Kampf gegen die hohe Inflation im Euroraum ist noch lange nicht beendet, das haben EZB-Präsidentin Christine Lagarde und ihre Amtskollegen zuletzt immer wieder betont. Ungeachtet des sich andeutenden Wirtschaftsabschwungs in der Eurozone setzt die EZB weiterhin auf einen aggressiven Straffungskurs. Im Euroraum trüben sich indessen die Aussichten für die Wirtschaft deutlich ein, wie die jüngsten Konjunkturdaten zeigen. Die Unternehmen konnten zwar die Gewinnmargen hochhalten, dies lag aber vor allem an den starken Preissteigerungen. Lagarde hat gestern jedoch angekündigt, dass die EZB nicht tatenlos zuschauen werde, wenn die Gewinnspannen und die Löhne weiter steigen.

Gleichzeitig entzieht die EZB dem Markt Liquidität. Gestern veröffentlichte Daten zeigen: Die Bilanz der EZB ist in der Woche bis zum 30. Juni im Vergleich zur Vorwoche um satte 491 Milliarden Euro geschrumpft auf jetzt „nur noch“ 7,22 Billionen Euro. Während die EZB ihre restriktive Geldpolitk fortsetzt, sendet die Wirtschaft weitere Warnsignale. Der wichtige Industriesektor befindet sich inzwischen in einer Rezession. Einer der einflussreichsten Frühindikatoren für die Wirtschaft, der Einkaufsmanagerindex, lässt Böses erahnen. Die Stimmung der Chefetagen in der Industrie ist im Juni auf 43,4 abgestürzt, damit liegt der Wert deutlich unter der Wachstumsschwelle von 50. In der größten Volkswirtschaft der Eurozone, Deutschland, stellt sich die Lage noch dramatischer dar. Hier liegt der Wert nur noch bei 40,6.

Die Inflation im Euroraum bleibt indessen klebrig. So hält sich die von der EZB stärker beachtete Kerinflation auf hohem Niveau, zum Vorjahresmonat notierte sie im Juni bei 5,4 %. Wir sehen also eine Kombination aus einer hartnäckigen Inflation und einer Abkühlung der Wirtschaft. An den Aktienmärkten scheinen die Belastungsfaktoren schließlich wieder in den Vordergrund zu rücken. So fiel beispielsweise der Dax von seinem jüngst markierten Allzeithoch um rund 1.000 Punkte zurück.

EZB: Blick auf die Unternehmen und Löhne

In einem Interview sagte die EZB-Präsidentin Lagarde gestern, dass die Europäische Zentralbank nicht zögern wird zu handeln, wenn die Währungshüter einen gleichzeitigen Anstieg der Gewinnspannen der Unternehmen und der Löhne feststellen, so berichtet Bloomberg. Lagarde betonte in dem Interview mit der französischen Regionalzeitung La Provence, dass die politischen Entscheidungsträger noch „Arbeit vor sich haben“, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen.

Man wolle wissen, ob die Unternehmen eine Gewinneinbuße hinnehmen würden, um die Arbeitnehmer zu entschädigen, „oder ob wir einen doppelten Anstieg erleben werden – bei den Gewinnspannen und den Löhnen“, sagte sie. „Ein gleichzeitiger Anstieg in beiden Bereichen würde die Inflationsrisiken erhöhen, und wir würden angesichts solcher Risiken nicht tatenlos zusehen.“

Zinserhöhung im Juli

Die Äußerungen der EZB-Chefin gehen einer Entscheidung am 27. Juli voraus, die mit ziemlicher Sicherheit eine Anhebung der Zinssätze um einen Viertelpunkt beinhalten wird. Die Entscheidungsträger debattieren bereits darüber, ob sie die Kreditkosten auf ihrer nächsten Sitzung im September erneut anheben werden.

Falken wie Bundesbankpräsident Joachim Nagel haben sich zuvor für eine weitere Zinserhöhung ausgesprochen. Am Donnerstag hielt er sich damit zurück und sagte, dass die Entscheidung, wo genau sich die Zinsen einpendeln werden, „auf der Grundlage der Daten“ getroffen wird.

Der Chef der italienischen Zentralbank, Ignazio Visco, einer der konservativeren EZB-Vertreter, mahnte seine Kollegen Anfang der Woche zur Vorsicht und sagte, er verstehe nicht, warum die EZB lieber etwas mehr als weniger restriktiv sein wolle und dass sie eine „symmetrische Haltung“ einnehmen solle.

FMW/Bloomberg

EZB-Präsidentin Lagarde mit indirekter Warnung an Unternehmen
Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB). Foto: Bloomberg


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7 Kommentare

  1. Die gesamte Inflation hätte durch Zinserhöhungen um die Inflation erhöht werden müssen, d.h. 10% Inflation 12% Zinsen.
    Genau das ist das Problem.
    Für die Stoppung der Inflation müssen die Zinsen höher ausfallen als die Inflation.
    Das weiss jeder Azubi. Aber nicht die EZB Cheffin, sie hat ja wahrscheinlich garkeine Schule besucht.

  2. Die Nahrungsmittelhandel verdient sich Dumm und Dämlich. Die Verbracher werden durch Verweigerung zurückschlagen.

  3. Die EZB hätte die Leitzinsen auf 15% steigen lassen müssen um die Inflation zu stoppen

  4. Neben der viel zu späten Kursänderung der EZB, hat die Inflation aber auch mit dem Käuferverhalten zu tun.
    Die Autopreise eilen den Löhnen schon lange vorraus, aber trotzdem werden die Autos ( und damit auch dehren Verbrauch) immer dicker. Verzichten oder kleiner treten lässt das Ego einiger offenbar nicht zu.
    Im Supermarkt gibt es meistens die Chance auf Konkurrenzprodukte auszuweichen. Als meine bevorzugte Butter bei über 4 Euro war, habe ich eine andere gekauft. Anscheinend war ich in dem Fall nicht der einzige, den mittlerweile kostet sie wieder 2,29 bis 2,69.

  5. Weil die EZB schon seit Jahren eine zu lasche Haltung zur Inflation hat, bekommen wir – die Bürger – jetzt die Quittung. Entwertung unserer Sparguthaben fürs Alter. Gut daß Politiker sich ihre Einkünfte immer selbst an die Inflation anpassen können. Für uns Bürger sieht es dagegen schlecht aus.

  6. Alle Kaufkrrafrt der Guthaben der arbeitenden Bevölkerung ist um 30% gesunken seit 0% Zinsen

  7. Naja, Habeck hat ja auch schon die Industrie davor gewarnt, dass bei Gasknappheit Betriebe ihre Tätigkeit ab 2024 zeitweise einstellen müssen.
    Zumindest nur Zeitweise, damit sie nicht insolvent gehen.
    Meint Habeck.
    Sie hören nur auf zu produzieren.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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