Gestern Abend kurz vor der Verkündung der Federal Reserve noch bei 69,10 Dollar, sehen wir seit 20 Uhr gestern Abend einen Anstieg bis jetzt auf 70,77 Dollar. Die TradingView Grafik zeigt den Kursverlauf seit Mitte November. Die von der Fed präsentierte Aussicht auf mehrere Zinssenkungen in 2024 sorgt für Optimismus, dass man mit sinkenden Zinsen ein zu starkes Abschwächen der US-Konjunktur abbremsen kann. Eine erwartete geringere Nachfrage nach Öl kann damit gebremst werden? Weniger stark sinkende Ölnachfrage, das klingt ein wenig optimistisch. Die Börse handelt die Zukunft, und so preist der Terminmarkt diese Hoffnung aktuell ein in einem Ölpreis, der seit gestern Abend um 1,67 Dollar zulegt.
IEA-Aussicht zur Ölnachfrage Ansichtssache?
Man muss schon genau hinschauen, ob der heute um 10 Uhr veröffentlichte Monatsbericht der Internationalen Energie-Agentur (IEA) gut oder schlecht ist für die Aussichten zur Ölnachfrage. Zwar wird die Wachstumsaussicht zur Ölnachfrage quasi halbiert von +2,3 Mio in 2023 auf „nur noch“ 1,1 Millionen Barrel Öl pro Tag in 2024. Aber im November-Bericht prognostizierte die IEA nur 0,9 Millionen Barrel Wachstum bei der Ölnachfrage für 2024. Aus dieser Sicht betrachtet ist es ein positives Zeichen für den Ölpreis, dass nun 0,2 Mio pro Tag mehr Nachfrage erwartet wird als noch vor vier Wochen! Für den Ölpreis ist diese Sichtweise ein leicht unterstützender Faktor!
Einordnung
Die IEA schreibt in ihrem aktuellen Bericht, hier auszugsweise zusammengefasst von Bloomberg: Das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage verlangsamt sich deutlich, da sich die Wirtschaftstätigkeit in den wichtigsten Ländern abschwächt, so die Internationale Energieagentur (IEA), die ihre Schätzungen für das laufende Quartal gesenkt hat. Die IEA kürzte ihre Schätzungen für das Verbrauchswachstum in den letzten drei Monaten des Jahres 2023 um fast 400.000 Barrel pro Tag und geht weiterhin davon aus, dass sich die Wachstumsraten im nächsten Jahr drastisch verlangsamen werden. In der Zwischenzeit werden die Produktionskürzungen Saudi-Arabiens und seiner OPEC+-Verbündeten durch die steigende Produktion der USA, Brasiliens und Guyanas kompensiert, so der Bericht.
„Die Anzeichen für eine Verlangsamung der Ölnachfrage häufen sich“, so das in Paris ansässige Beratungsunternehmen in seinem Monatsbericht vom Donnerstag. „Der zunehmend offensichtliche Verlust der Wachstumsdynamik der Ölnachfrage spiegelt die Verschlechterung des makroökonomischen Klimas wider“. Der Ölpreis fiel Anfang der Woche in London aufgrund von Anzeichen eines wachsenden Überangebots auf ein Fünfmonatstief unter 73 Dollar pro Barrel. Die Futures sind seit Ende September um rund 23 % gefallen, da sich die wirtschaftlichen Aussichten Chinas eintrüben und die Produktion einer Reihe von Exporteuren ansteigt.
Die von der OPEC+ am 30. November angekündigten neuen Produktionskürzungen dürften die zuvor für das erste Quartal erwartete Schwemme beseitigen, doch haben sie für das Kartell ihren Preis: Der Anteil des 23-Länder-Bündnisses am Weltmarkt wird auf den niedrigsten Stand seit seiner Gründung vor sieben Jahren sinken, so die IEA. Außerdem tragen sie zur Finanzierung einer rekordverdächtigen“ Förderwelle aus den USA bei, die Saudi-Arabien und andere wichtige Produzenten aus dem Nahen Osten von den wichtigsten Exportmärkten verdrängt“, so der Bericht. Die amerikanische Ölproduktion überstieg im September die Marke von 20 Millionen Barrel pro Tag und widersetzte sich damit den Vorhersagen, dass die Kosteninflation ihr Wachstum bremsen würde.
„Der anhaltende Produktionsanstieg und die Verlangsamung des Nachfragewachstums werden die Bemühungen der wichtigsten Produzenten erschweren, ihren Marktanteil zu verteidigen und die hohen Ölpreise aufrechtzuerhalten“, so die IEA. Eine deutliche Angebotsausweitung des OPEC-Landes Iran mildert auch die Drosselung durch andere Mitglieder. Europa, Russland und der Nahe Osten waren der Grund für die Herabstufung der Nachfrageschätzungen für das vierte Quartal durch die IEA. Die IEA erklärte, dass Europa angesichts des allgemeinen Einbruchs im verarbeitenden Gewerbe und in der Industrie besonders schwach sei. Höhere Zinssätze stellen ebenfalls einen Gegenwind dar, so die Agentur.
FMW/Bloomberg
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Die Öl-Allianz OPEC+ und die US-Texas-Ölindustrie/ExxonMobil bilden eben ein Gleichgewicht im Ölgeschäft. Eine der beiden weltweit größten Volkswirtschaften sind die Vereinigte Staaten.