Europa

6,6 % Nominallohn-Zuwachs Reallöhne wieder positiv! Mehrere Sonderfaktoren helfen massiv

Die Reallöhne stiegen um zweiten Quartal wieder, fast schon eine Sensation bei der hohen Inflation! Dies ging aber nur dank Sonderfaktoren.

Gläser auf Tischen in einem Restaurant

Haben Sie im Vergleich zum Vorjahr eine um 6,6 % höhere Gehaltszahlung? Nein? Dann liegen Sie offenbar unterhalb des Bundesdurchschnitts! Wie das Statistische Bundesamt heute meldet, stiegen die nominalen Löhne (das was man auf der Gehaltsabrechnung in Euro sieht) im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 %. Aber wir werden gleich noch sehen, dass es doch nicht ganz so einfach ist. Da die Inflation im selben Zeitraum um 6,5 % stieg, melden die Statistiker heute wieder positive Reallöhne von +0,1 % – damit sind sie zum ersten Mal seit genau zwei Jahren wieder positiv, die Arbeitnehmer haben also im Schnitt nach Abzug der Inflation keine schrumpfenden Einkommen mehr.

Reallöhne in Deutschland sind jetzt wieder positiv

Reallöhne wieder positiv – wie das hinkommt

+6,6 % ist der höchste Anstieg der Nominallöhne für ein Berichtsquartal seit Beginn der Zeitreihe 2008. Wie das sein kann? Wohl drei Faktoren haben dafür gesorgt, dass wir rein statistisch im Schnitt wieder positive Reallöhne sehen. Dazu zählt vor allem die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, die stark geholfen hat bei hohen prozentualen Lohnsteigerungen. Dazu kamen allgemein hohe Tarifabschlüsse. Und drittens noch ein echter Sondereffekt, die einmalige Inflationsausgleichsprämie, bei der bis zu 3.000 Euro völlig abgabenfrei vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer fließen. Nimmt man diese Prämie und die Mindestlohnanhebung weg, fällt der Nominallohnantieg wohl kaum so hoch aus, und bald sehen wir wieder negative Reallöhne?

Geringfügig Beschäftigte und Geringverdienende mit überdurchschnittlichem Nominallohngewinn

Die Statistiker schreiben im Wortlaut: Betrachtet man die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach ihrer Beschäftigungsart, wiesen geringfügig Beschäftigte mit 9,7 % den stärksten Anstieg der Nominallöhne im 2. Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf. Dies ist vor allem auf die seit dem 1. Oktober 2022 gültige Erhöhung der Minijob-Verdienstgrenze von monatlich 450 Euro auf 520 Euro sowie auf die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro zurückzuführen. Für Teilzeitkräfte (+7,2 %) und Auszubildende (+8,4 %) ist ebenfalls ein starker Lohnanstieg zu verzeichnen. Die Nominallöhne von Beschäftigten in Vollzeit stiegen im 2. Quartal 2023 leicht unterdurchschnittlich um 6,3 %. Innerhalb der Vollzeitbeschäftigten hatte das Fünftel mit den geringsten Verdiensten mit +11,8 % im Durchschnitt die stärksten Verdienststeigerungen.

Aufholeffekte in stark von Corona betroffenen Sektoren

Weiter schreiben die Statistiker: Im Gastgewerbe stiegen die Nominallöhne mit +12,6 % im Vergleich zum 2. Quartal 2022 besonders deutlich. Gleiches gilt für den Wirtschaftsabschnitt Kunst, Unterhaltung und Erholung (+11,9 %). Auch die Beschäftigten in den Bereichen Verkehr und Lagerei profitierten von einem überdurchschnittlichen Lohnanstieg (+10,0 %) im 2. Quartal 2023, hierzu zählt beispielsweise auch die Luftfahrt. Bei diesen Anstiegen handelt es sich auch um auf Aufholeffekte, da die Sektoren in der Corona-Krise besonders stark vom Lockdown und Kurzarbeit betroffen waren (FMW: Also ein weiterer Sondereffekt). In der detaillierten Betrachtung aller Branchen lässt sich feststellen, dass das Vorkrisenniveau – gemessen am Nominallohnindex im 2. Quartal 2019 – fast überall wieder erreicht wurde, abgesehen von den Wirtschaftsabteilungen Herstellung von Kraftwagen, sonstiger Fahrzeugbau und Luftfahrt.



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2 Kommentare

  1. So ein Quatsch. Die Statistikbehörde erfindet offenbar nur noch Zahlen, die den Parteien gefallen. Wenn Viele keine Inflationszulage bekommen, fällt das Kartenhaus der Behörde zusammen. Man kommt sich vor wie in einem Politbüro im damaligen Ostblock.

  2. Ich möchte mal darauf hinweisen, dass laut Minister Heil das Bürgergeld in drei Monaten um netto 12% steigt.

    Beim Bundesministerium findet man einen Bürgergeldrechner, für ein Jahr werden Wohnen und Heizen in jeder Höhe übernommen. Das Schonvermögen ist für junge Menschen, für die meisten Neuankommenden, für arme Menschen, kinderreiche Familien und Alleinerziehende sehr hoch.

    Wie hoch muss für die Arbeitnehmer die Bruttolohnsteigerung sein, um mit der Inflation, die 12% scheinen sehr realistisch. Da bisher die Bestandskaltmieten kaum erhöht wurden, für Immobilieneigentümer ist die Inflation noch höher, hier schlägt die Inflation im Bereich Erhaltungsaufwand bereits ungepuffert durch.

    Zweitens wie viele der Bürgergeldempfänger werden unter diesen Umständen im nächsten Jahr freiwillig eine sozialversicherungspflichtige aufnehmen?

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