Noch ist der Kampf gegen das Coronavirus nicht gewonnen. Die ökonomischen Schäden sind noch nicht bezifferbar. Ein Großteil der Hilfspakete von Regierungen und Notenbanken bestehen aus Krediten, die nach der Krise entweder getilgt oder erlassen werden müssen, mit unterschiedlichen Konsequenzen.
Geschenkt gibt es auch in Zeiten des Coronavirus bislang nichts
Soeben endete die Generaldebatte im Deutschen Bundestag zum Corona-Hilfspaket. Nun wird bis heute Nachmittag über die insgesamt acht Gesetzesentwürfe in Ausschüssen weiter beraten. Anschließend erfolgt die Abstimmung über das Maßnahmenpaket. Es gilt als sicher, dass die Abgeordneten im Eilverfahren mehrheitlich zustimmen werden. Finanzminister Peter Altmaier betonte noch einmal die Dringlichkeit der Hilfen und die Prognose, dass die deutsche Volkswirtschaft in diesem Jahr schrumpfen wird. Wie stark, darüber sind sich die Konjunkturforscher noch nicht einig. Alles hängt von der Dauer der Eindämmungsmaßnahmen ab.
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ralph Brinkhaus äußerte daher in seiner Rede die Vermutung, dass es sich nicht um das letzte Hilfspaket für Unternehmen, Selbstständige und Bürger handeln werde. Finanzminister Olaf Scholz machte klar, dass man in einer solchen Notsituation, wie sie das Coronavirus verursacht, nicht mit Geld knausern darf. In der Konsequenz wird der Bundeshaushalt in diesem Fiskaljahr die höchste Neuverschuldung in der 71-jährigen Geschichte der Bundesrepublik aufweisen. Allein für dieses erste Hilfspaket rechnet das Finanzministerium mit Kosten in Höhe von knapp 123 Mrd. Euro sowie mit Steuerausfällen in Höhe von über 33 Mrd. Euro. Daraus ergibt sich eine Neuverschuldung von ca. 156 Mrd. Euro für 2020.
Damit ist die Schuldenbremse vorerst passé, ebenso wie die mittlerweile aufgehobenen Stabilitätskriterien der Europäischen Währungsunion. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt Deutschlands des Jahres 2019 bedeuten die Notfallregelungen zur erweiterten Schuldenaufnahme eine Neuverschuldung in Höhe von 4,5 Prozent. Im Rahmen des Nachtragshaushalts wird die Staatsverschuldung auf über 64 Prozent des BIP ansteigen. Ein Großteil der Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung besteht aus Darlehen oder Kreditgarantien. Der Staat und die staatliche Förderbank KfW geben am Kapitalmarkt neu aufgenommenen Schulden z. B. über den Wirtschaftsstabilitätsfonds in Höhe von 600 Mrd. Euro für Unternehmen lediglich weiter.
Als reine Entschädigung ist bislang ein Betrag in Höhe von 50 Mrd. Euro für Kleinstbetriebe und Solo-Selbstständige für den Ausfall von Betriebseinnahmen im Rahmen der Eindämmungsmaßnahmen gegen das Coronavirus vorgesehen. Auch die erweiterten flexiblen Regelungen zum Kurzarbeitergeld sind eine reine Transferleistung des Staates. Aber auch diese Gelder, die die Empfänger ohne Gegenleistung behalten dürfen, erhöhen die Verschuldung des Staates. Alle aktuellen Hilfsmaßnahmen und rechtlichen Sonderregelungen der Bundesregierung sind hier aufgelistet. In Südeuropa sieht die Lage bereits kritisch aus
Dabei steht Deutschland noch relativ gut da. Kritisch wird die Situation dagegen in den bereits vor der Pandemie des Coronavirus hoch verschuldeten südeuropäischen Staaten, wie zum Beispiel in Spanien mit 97 Prozent Staatsverschuldung, in Portugal mit 120 Prozent, in Italien mit 136 Prozent und in Griechenland mit 175 Prozent. Wobei diese Schuldenstände sich auf das jeweilige Bruttoinlandsprodukt des Jahres 2019 beziehen. Besonders in Italien, das sehr stark von dem Coronavirus befallen ist, wird die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr prozentual zweistellig einbrechen. Italiens Premierminister Giuseppe Conte hatte nach dem Hochschnellen der Opferzahlen am vergangenen Sonntag die Schließung „nicht lebenswichtiger Unternehmen“ bis auf Weiteres angeordnet. Spanien verzeichnet mittlerweile mehr Todesopfer als China und steht vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen.
Selbst für Deutschland erwartet das ifo Institut, je nach Länge der Krise, BIP-Rückgänge von 5 bis 20 Prozent auf Quartalsbasis im Vergleich zum Vorjahr. Wie hoch die Verschuldungsgrade in den Staaten Südeuropas nach der Corona-Krise sein werden, kann man seriös nicht prognostizieren. Es besteht jedoch die reale Gefahr, dass die Dimension der Neuverschuldung die Gemeinschaftswährung destabilisieren könnten und die Europäische Zentralbank (EZB) zu noch größeren Markteingriffen als bislang zwingt, um die Refinanzierung dieser Staaten über die digitale Notenpresse sicherzustellen. Die massive Ausweitung der Verschuldung innerhalb der Eurozone sowie die extreme Aufblähung der Geldmenge (Inflation) birgt das Risiko einer Abwertung des Euro im Außenwert sowie einen sich beschleunigenden binnenwirtschaftlichen Kaufkraftverlust (Teuerung).
Das Gleiche gilt für die USA, wo der Kongress noch in dieser Woche ein Hilfspaket in Höhe von ca. 1,4 Billionen US-Dollar verabschieden wird. Dieses Konjunkturstützungsprogramm wird den ohnehin hohen Fehlbetrag im US-Bundeshaushalt in Höhe von 1,5 Billionen Dollar für das Fiskaljahr 2019/2020 mehr fast verdoppeln. Die Staatsverschuldung der USA geht dann Richtung 120 Prozent des BIP. Die Neuverschuldung wird prozentual sogar zweistellig werden (ca. 12 Prozent), vorausgesetzt, es bleibt bei diesem einen Hilfspaket.
Noch gibt es keine Exit-Strategie aus der sich beschleunigenden Schuldenspirale
Irgendwann wird die Pandemie des Coronavirus medizinisch eingedämmt sein. Die Erfahrungen aus der Finanzkrise, wo Staaten das Finanzsystem mit weitaus weniger hohen Beträgen retten mussten, zeigen aber, dass die daraus entstandene Verschuldung im Nachhinein nicht wieder abgebaut wurde. Im Gegenteil hatte die weltweite Verschuldung zum Jahresultimo 2019, also noch vor Ausbruch der Pandemie, einen neuen historischen Rekord erreicht – sowohl in absoluten Zahlen als auch in Relation zum globalen Bruttoinlandsprodukt (Welt-BIP).
Da die von den Staaten angebotenen Hilfspakete überwiegend aus Krediten oder Kreditgarantien bestehen, wird sich auch die Verschuldung der Unternehmen erhöhen. Das Gleiche gilt für private Haushalte, die ohne Rücklagen ausgestattet sind und nur dank einer Ausweitung ihrer Schulden noch über die Runden kommen werden. In den USA hatten die wirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise große Teile der bürgerlichen Mittelschicht in den sozialen Abstieg gezwungen. Viele haben sich bis heute davon nicht erholt und blieben ohne die Perspektive eines sozialen Wiederaufstiegs zurück. Diese Spätfolgen der Finanzkrise haben im Jahr 2016 schlussendlich auch zur Wahl des heutigen US-Präsidenten Donald Trump geführt.
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