Ist das Tal der Tränen durchschritten? China: Erholung stockt, aber die Zuversicht der Märkte steigt

Die Hoffnung auf eine rasche Wirtschaftserholung in China hat sich zuletzt zerschlagen. Schwache Konjunkturdaten aus dem Reich der Mitte zeigen, dass der Aufschwung nach dem Ende der Null-Covid-Politik ins Stocken geraten ist. Die Volksrepublik muss sich wohl darauf einstellen, dass der jahrzehntelange Aufstieg abflachen wird. Allerdings haben die jüngsten Maßnahmen der Regierung gezeigt, dass man willens ist, die Wirtschaft stärker zu stützen. Peking hält sich zwar mit einer direkten Unterstützung der Verbraucher zurück, dennoch tut man wieder mehr, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Obwohl sich die Wirtschaftsdaten zuletzt eingetrübt haben, zeigen sich die Aktienmärkte wieder optimistischer. Der Tiefpunkt könnte erstmal überwunden sein, sogar ein neuer Bullenmarkt ist möglich. Die Aktien der Technologie-Giganten Alibaba, JD.com und Baidu legten seit dem Tief Ende Mai um mindestens 25 % zu. Die Ping An Insurance, einer der fortschrittlichsten und weltgrößten Versicherer stieg um knapp 13 %. Sogar der staatliche Mineralöl-Riese Sinopec befindet sich trotz der schwächelnden Konjunktur wieder im Aufschwung. Der für die Region wichtige Hang Seng Index stieg in den letzten zwei Monaten um 10 %. Die Börsen blicken bekanntlich in die Zukunft. Könnte also das Schlimmste überstanden sein?

China: Maßnahamen zur Stützung

China versucht, den Konsum anzukurbeln, um den Aufschwung der Wirtschaft voranzutreiben, auch wenn die Regierung keine direkte steuerliche Unterstützung für Verbraucher und Unternehmen vorsieht, um die Ausgaben zu erhöhen, so Bloomberg.

Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission, Chinas oberste Wirtschaftsplanungsbehörde, veröffentlichte am Montag ein umfassendes politisches Dokument, das einige kürzlich angekündigte konsumbezogene Initiativen enthält. Im Mittelpunkt des Dokuments stehen die Aufhebung staatlicher Konsumbeschränkungen, wie z. B. Obergrenzen für den Autokauf, die Verbesserung der Infrastruktur und die Durchführung von Werbeveranstaltungen wie zum Beispiel Food-Festivals. Zuvor hatte man bereits angekündigt, die großen Technologie-Konzerne im Land weniger zu regulieren, was zu einem Anstieg bei Tech-Aktien geführt hat.

Die Erholung der Wirtschaft hat in den letzten Wochen an Schwung verloren, und die jüngsten Konjunkturdaten deuteten darauf hin, dass das konsumbezogene Wachstum nachlässt. Offizielle Einkaufsmanagerindizes zeigten, dass die Dienstleistungstätigkeit im Juli schwächer war als im Juni. Den separaten Daten des China Beige Book zufolge haben die chinesischen Verbraucher im vergangenen Monat ihre Ausgaben für alles außer Reisen und Restaurants zurückgefahren.

Angebot verbessern, kein direkter Stimulus

Der Hang Seng China Enterprises Index, der die in Hongkong notierten Aktien des Landes abbildet, stieg am Montag um bis zu 3,2 %.

Wie die am Freitag angekündigten Maßnahmen, die sich auf die Ankurbelung der Produktion in der Konsumgüterindustrie konzentrieren, zielen auch die jüngsten Schritte in erster Linie darauf ab, das Angebot an Gütern in der Wirtschaft zu verbessern, und nicht die Nachfrage. Die Regierung hat seit Beginn der Pandemie auf die Gewährung von Barzuschüssen für die Bevölkerung verzichtet und stattdessen ihre Unterstützung auf die Gewährung von Vergünstigungen und Steuererleichterungen für Unternehmen konzentriert.

„Die Politik hat bisher versucht, die Verbraucher zum Kauf anzuregen, aber die Steuerpolitik hat sich nicht verändert“, sagte Hao Hong, Chefökonom der Grow Investment Group. „Chinas Haushaltsdefizit schrumpft sogar trotz des zunehmenden Abwärtsdrucks auf die Wirtschaft.“

Beamte der NDRC und anderer Ministerien werden am Montag um 15 Uhr in Peking eine Pressekonferenz abhalten, um Maßnahmen zur Steigerung des Konsums zu erläutern. Die Abwesenheit von Beamten des Finanzministeriums in der Mitteilung deutet darauf hin, dass Konsumgutscheine wahrscheinlich nicht eingeführt werden, so Hong.

„Das Dokument enthält kaum neue Maßnahmen, und es wird kein echtes Geld bereitgestellt, um Familien zu helfen“, sagte er.

China stellt weitere Stützungsmaßnahmen in Aussicht

In Bezug auf die Immobilienpolitik wiederholt das NDRC-Dokument das Versprechen, die Renovierung von Altbauten und städtischen Dörfern in Megastädten zu fördern. Lokale Regionen werden ermutigt, Subventionen für den Kauf von Haushaltsgeräten und Renovierungsmaterial in ländlichen Regionen bereitzustellen.

Das Politbüro der Kommunistischen Partei hat in der vergangenen Woche seine Besorgnis über die Erholung der Wirtschaft zum Ausdruck gebracht. Zudem hat man eine weitere Lockerung der Eigentumsvorschriften, die Förderung des Konsums und die Lösung der Schuldenprobleme der lokalen Regierungen zugesagt. Am Freitag veröffentlichten drei Regierungsbehörden eine Reihe von Maßnahmen, die sich speziell auf die sogenannte Leichtindustrie konzentrieren, die von Haushaltswaren, Lebensmitteln und Papierherstellung bis hin zu Kunststoffprodukten, Leder und Batterien reicht.

Die Anleger an den Aktienmärkten wurden durch die jüngsten Ankündigungen beflügelt, auch wenn die „tatsächliche Umsetzung und Tiefe dieser Maßnahmen noch nicht erprobt sind“, so Tommy Xie, Wirtschaftswissenschaftler bei der Oversea-Chinese Banking. „Das Vorgehen hat dazu geführt, dass die Akiten-Anleger das Glas nicht mehr als halbleer, sondern als halbvoll betrachten.

Konjunkturschwäche

Die jüngsten Wirtschaftsdaten zeigen, dass der Aufschwung weiterhin unter Druck steht. Neben den Zahlen für den Dienstleistungssektor zeigten die am Montag veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe im Juli eine weitere Schrumpfung. Die Teilindikatoren für die Arbeitslosigkeit im verarbeitenden und im Service-Sektor – ein breiter Indikator, der sowohl Dienstleistungen als auch das Baugewerbe umfasst – blieben in diesem Monat unter 50, die Schwelle zwischen Expansion und Schrumpfung.

„Es ist schwierig, die Nachfrage mit politischen Maßnahmen zu stimulieren“, sagte Bruce Pang, Forschungsleiter und Chefökonom für Greater China bei Jones Lang LaSalle Inc. „Wenn die Einwohner im Allgemeinen nicht bereit sind, Geld auszugeben, und die Regierung nicht bereit ist, Subventionen zu verteilen, um die Konsumneigung zu erhöhen, können die politischen Entscheidungsträger nur das Angebot an Konsumgütern und Dienstleistungen anpassen, um die Nachfrage besser zu befriedigen.“

Anfang dieses Monats erklärte die NDRC, dass China keine Zeit verlieren werde, um politische Maßnahmen zur Ankurbelung des Konsums zu ergreifen, und dass eine ganze Reihe neuer Maßnahmen zur Ankurbelung des Absatzes von Autos, elektronischen Produkten und des Konsums auf dem Lande eingeführt werden würden.

FMW/Bloomberg/erster Chart von TradingView