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Zinsentscheidung am Donnerstag EZB: Anleger sollten mit Gegenwind von Christine Lagarde rechnen

Anleger, die auf einen frühen Beginn des Zinssenkungszyklus der Europäischen Zentralbank setzen, laufen Gefahr, diese Woche von Christine Lagarde enttäuscht zu werden.

EZB: Anleger sollten mit Gegenwind von Christine Lagarde rechnen
EZB - Frankfurt. Foto: digograndi - Freepik.com

Die massiven Wetten auf fallende Zinsen im kommenden Jahr haben zuletzt zu einer fulminanten Rallye von Aktien und Anleihen geführt. Während die Renditen auf Staatsanleihen deutlich sanken, ging es am Anleihe- und Aktienmarkt steil bergauf. Doch die Warnungen von Ökonomen, dass die hohen Erwartungen des Marktes enttäuscht werden könnten, haben zuletzt zugenommen. Die Anleihen-Bullen, die auf Zinssenkungen der EZB wetten, werden nun von EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag auf die Probe gestellt.

Anleger, die auf einen frühen Beginn des Zinssenkungszyklus der Europäischen Zentralbank setzen, laufen laut Bloomberg Gefahr, diese Woche von Christine Lagarde enttäuscht zu werden.

EZB: Potenzial für Zins-Enttäuschung

Strategen und Ökonomen sind der Meinung, dass europäische Anleihen ab Donnerstag, wenn die EZB ihre letzte Zinsentscheidung in diesem Jahr trifft, mehr Raum für Verluste als für Gewinne haben. Der Grund dafür ist die jüngste starke Rallye, die die deutschen Benchmark-Renditen mit rund 2,2 % bereits auf den niedrigsten Stand seit April gebracht hat.

Nur eine dovishe Haltung von Präsidentin Lagarde würde die aktuellen Marktwetten auf bis zu sechs Zinssenkungen um jeweils einen Viertelpunkt im Jahr 2024 bestätigen und es den Anleihen ermöglichen, ihre jüngsten Gewinne zu halten. Allerdings dürfte sich die EZB-Chefin davor hüten, die Zinssenkungserwartungen der Märkte noch weiter anzutreiben. Ein überraschender falscher Ton könnte die deutschen Renditen laut TwentyFour Asset Management indessen wieder auf über 2,4 % steigen lassen.

„Das Risiko besteht darin, dass es zum Abverkauf von Bundesanleihen und andere europäische Staatsanleihen kommt“, sagte Elliot Hentov, Leiter der makropolitischen Forschung bei State Street. „Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass wir eine EZB-Erklärung bekommen, die die Markterwartungen übertrifft. Offen gesagt, die Chancen stehen gut, dass sie die Erwartungen nicht erfüllen wird.

Lagarde unter Druck: Händler wetten verstärkt auf Zinssenkungen der EZB
Händler wetten verstärkt auf Zinssenkungen der EZB im Jahr 2024

Anleihen: Wetten auf Zinssenkungen beflügeln

Die deutschen Anleiherenditen sind im vergangenen Monat um mehr als 40 Basispunkte gesunken, da die Anleger ihre Wetten auf Zinssenkungen der EZB im nächsten Jahr drastisch erhöht haben, nachdem die Inflationsrate und die Wirtschaftstätigkeit schwächer als erwartet ausgefallen waren.

Die Neubewertung beschleunigte sich in der vergangenen Woche, nachdem EZB-Mitglied Isabel Schnabel, die zum Falken-Lager gehört, gesagt hatte, der Rückgang der Inflation sei „bemerkenswert“. Der Markt bewertete die Bemerkung als Zeichen dafür, dass Zinssenkungen früher als erwartet kommen könnten.

Die Märkte rechnen derzeit mit mindestens fünf Zinssenkungen um je einen Viertelpunkt im nächsten Jahr, wobei eine sechste in der Schwebe hängt. Noch vor einem Monat wettete der Markt auf lediglich drei Senkungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die erste Zinssenkung im März vorgenommen wird, liegt nun bei 70 % – ein Szenario, das die Märkte vor nicht allzu langer Zeit kaum in Erwägung gezogen haben.

Zinsfantasien überzogen?

Allerdings mehren sich die Stimmen im Handel, dass die Marktteilnehmer in ihren Zinssenkungserwartungen für 2024 bereits über das Ziel hinausgeschossen sind.

Angesichts der Tatsache, dass die politischen Entscheidungsträger der EZB es nicht eilig haben, zu handeln, ist das eine ziemlich extreme Prognose. Für Falken wie Bundesbankpräsident Joachim Nagel besteht nach wie vor die Gefahr, dass die Inflation mit voller Wucht zurückkehrt, und er hat wiederholt ausgeschlossen zu sagen, dass die Zinsen ihren Höhepunkt erreicht haben. Allein schon wegen der Basiseffekte droht schon bald ein Anstieg der Inflation.

„Es wird für Lagarde ein Leichtes sein, gegenüber dem Markt als Falken aufzutreten“, sagte Orla Garvey, Senior Fixed-Income Portfolio Manager bei Federated Hermes. „Ich werde darauf achten, ob oder wie sie ihr Mantra ‚höher für länger‘ anpasst.

Zinswetten: Reaktion von Lagarde

Der unerwartet gute US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag hat gezeigt, wie empfindlich die Renditen und Zinswetten auf Wirtschaftsdaten und Reden von den Währungshütern reagieren. Als die Händler ihre Wetten auf Zinssenkungen der Federal Reserve und der EZB zurücknahmen, stiegen die Renditen der amerikanischen und deutschen Referenzanleihen um mindestens 10 Basispunkte.

Gordon Shannon, Portfoliomanager bei TwentyFour Asset Management, sagte, dass ein aggressiver Ton von Lagarde die Märkte wahrscheinlich dazu bringen würde, die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im März zu vermindern.

„Die Art und Weise, wie sie ein wenig hawkischer sein könnte, wäre, dass sie darauf hinweist, dass sie weitere Beweise für eine Verlangsamung der Inflation über März hinaus sehen muss“, sagte er. „Das würde eine Zinssenkung bis dahin mathematisch unmöglich machen“.

FMW/Bloomberg



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