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Übertriebene Zinseuphorie? Wall Street: Die rasante Rally an den US-Börsen ist gefährdet

Wall Street: Die rasante Rally an den US-Börsen ist gefährdet
S&P 500-Rally - Foto: Michael Nagle/Bloomberg

Wochenlang ging es an der Wall Street nur noch bergauf, doch nun könnte sich der steile Aufwärtstrend dem Ende zuneigen. Seit dem Tiefpunkt Ende Oktober hat der marktbreite S&P 500 rund 10% zugelegt, während es der Technologie-Index Nasdaq 100 auf einen Wertzuwachs von 13% gebracht hat. Doch seit Mitte der vergangenen Woche ist der Höhenflug an den Aktienmärkten ins Stocken geraten.

Die nachlassende Aufwärtsdynamik deutet darauf hin, dass die Händler an der Wall Street nach der immensen Rally ein paar Chips vom Tisch nehmen. Die jüngste Zinseuphorie ist vermutlich etwas überzogen. Zudem mehren sich die Anzeichen, dass die Wirtschaft abkühlt und sich die Gewinnaussichten der Unternehmen weiter eintrüben. Die Wall Street hat zwar zuletzt die schwächeren Konjunkturdaten gefeiert, allerdings könnten bei einer zu deutlichen Abkühlung die Rezessionssorgen wieder zunehmen.

Wall Street: überzogene Rally?

Einige Börsenexperten raten daher bereits zu Gewinnmitnahmen, was die S&P 500-Rally nach fast 10% Zuwachs innerhalb von nur drei Wochen möglicherweise gefährden könnte. Wie Bloomberg berichtet, erscheint der rasante Anstieg des S&P 500 einigen Marktbeobachtern zunehmend unhaltbar. Seit der letzten Veröffentlichung der US-Inflationsdaten, die niedriger als erwartet ausgefallen waren, haben die US-Aktienmärkte bereits vier Zinssenkungen im nächsten Jahr eingepreist. Vielleicht etwas viel, angesichts der Tatsache, dass die US-Notenbank Fed fest entschlossen ist, die Zinsen länger hochzuhalten.

Es kommt immer wieder vor, dass Aktien bei Anzeichen einer Abschwächung der US-Wirtschaft häufig anziehen, weil dies bedeutet, dass die Fed die Zinsen weniger wahrscheinlich weiter anheben wird. Letztendlich bedeuten schwächere Konjunkturdaten aber auch nur eines – geringere Unternehmensgewinne. Hinzu kommt, dass einige technische Indikatoren langsam überzogen wirken.

Die von Bloomberg erfassten Strategen sagten Mitte Oktober im Durchschnitt voraus, dass der S&P 500 das Jahr bei 4.370 Punkten beenden würde, aber bis zum Börsenschluss am Freitag hatte der Leitindex bereits 4.514,02 Punkte erreicht.

S&P 500: Experten raten zu Gewinnmitnahmen

Rick Bensignor, ein ehemaliger Stratege von Morgan Stanley, schlug vor, das Engagement bis zur Wochenmitte zu reduzieren, falls der Kurs in die Nähe von 4.560/80 Punkte steigt. Ein von ihm genutzter technischer Indikator, der potenzielle Trendumkehrungen anzeigen soll, deutet auf den Abschluss der Rally in dem Bereich hin. Matt Maley von Miller Tabak + Co. sagte in einer Notiz am Samstag, dass die Aktienmärkte zwar derzeit die schwächeren Wirtschaftsdaten bejubeln, dass sich die Fundamentaldaten aber letztlich so weit verändern werden, dass sie sich negativ auf die Aktien auswirken.

„Letztendlich werden die Aktienmärkte erkennen, dass ein Rückgang der Inflation nicht bedeutet, dass die Ära des günstigen Geldes zurückgekehrt ist“, so Maley. Außerdem ist der S&P 500 laut seinem Relative-Stärke-Index überkauft, sodass zumindest ein kurzfristiger Rücksetzer fällig sein könnte/sollte“.

Wall Street-Stratege Michael Hartnett von der Bank of America riet den Anlegern unter Berufung auf technische und makroökonomische Faktoren, sich von der „epischen Risikorally“ zu trennen. Er sagte, Anleger sollten die Gewinne in Bereichen wie notleidende Technologie und China-exponierte Vermögenswerte mitnehmen.

Wall Street: S&P 500-Rally ist überkauft - Rücksetzer an den Aktienmärkten?
S&P 500: Das Momentum (RSI) erreicht überkaufte Niveaus

Jahresendrally

Anleger, die glauben, dass der Weihnachtsmann dieses Jahr zu früh zu den Aktienmärkten gekommen ist, sollten Put-Optionen bis zum Jahresende auf Unternehmen wie Expedia, Carnival, Nvidia und Intel in Betracht ziehen, schrieb RBC Capital Markets Derivatestrategin Amy Wu Silverman in einer Notiz am Samstag.

Einige Strategen sehen aber auch Gründe, optimistisch zu sein. David Kostin von Goldman Sachs meint, dass die Investoren zu besorgt über die Gewinnaussichten der Unternehmen sind. Michael Wilson von Morgan Stanley war zwar die meiste Zeit des Jahres pessimistisch. Doch nun hat die Großbank vorausgesagt, dass US-Aktien im Börsenjahr 2024 besser abschneiden werden als der Rest der Welt und dass die amerikanischen Unternehmensgewinne im ersten Quartal einen Tiefpunkt erreichen werden.

Dennoch lässt die rasante Rally der letzten Wochen viele Anleger aufhorchen – zu Recht? „Zumindest scheint ein baldiger Rückgang an der Wall Street wahrscheinlich zu sein“, so Maley. „Sollte dies der Fall sein, so liegt die wichtigste Unterstützung im S&P 500 bei 4.400 Punkten. Ein Rückgang unter diese Marke würde den Index unter seine Trendlinie vom Sommerhoch zurückbringen. Das wiederum dürfte darauf hindeuten, dass der Rücksetzer mehr als nur eine ‚Verschnaufpause‘ ist. Dies könnte schließlich Bedenken hinsichtlich einer größeren Korrektur wecken.“

FMW/Bloomberg



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